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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

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aus natürlicher Erkenntniß etc.

Es ist also eine der gemeinnützigsten Regeln
für die Sitten und wahre Glückseligkeit der Men-
schen, daß keine Zeugung, folglich keine körper-
perliche Vereinigung zweyer Personen, welche
zeugen können, ohne eine förmliche Abrede ge-
schehe, gemeinschaftlich für die Kinder zu sorgen,
und folglich, so lange es dieser Zweck erfordert,
eine besondre Liebe und Freundschaft zu unterhal-
ten, auch daß während dieser Zeit die Frau mit
keinem andern Manne in gleicher Vereinigung
stehen wolle. Diese Abrede zweyer Personen,
welche Kinder zeugen können, heißt die natür-
liche Ehe,
und, wenn dieselbe von den Vorste-
hern des Vaterlandes gebilliget wird, die bür-
gerliche Ehe.

Wenn beyde Personen, (oder eine derselben)
bey der ersten Abrede, daß sie das Recht der kör-
perlichen Vereinigung haben wollen, offenbar auf
immer zur Zeugung ungeschickt sind; so ist ihr
Vertrag eine solche Nachahmung der Ehe,
welche gemeiniglich diesen Namen führet.

Die Vielmännerey kann keine Ehe seyn.
Die Vielweiberey ist für die Sitten und Glück-
seligkeit der Menschen weit weniger nützlich, als
die von beyden Seiten einfache Ehe. Auch muß
die Abrede der Ehe zu einer beständigen Dauer
derselben, bis entweder der Mann oder die Frau

stirbt,
E 3
aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.

Es iſt alſo eine der gemeinnuͤtzigſten Regeln
fuͤr die Sitten und wahre Gluͤckſeligkeit der Men-
ſchen, daß keine Zeugung, folglich keine koͤrper-
perliche Vereinigung zweyer Perſonen, welche
zeugen koͤnnen, ohne eine foͤrmliche Abrede ge-
ſchehe, gemeinſchaftlich fuͤr die Kinder zu ſorgen,
und folglich, ſo lange es dieſer Zweck erfordert,
eine beſondre Liebe und Freundſchaft zu unterhal-
ten, auch daß waͤhrend dieſer Zeit die Frau mit
keinem andern Manne in gleicher Vereinigung
ſtehen wolle. Dieſe Abrede zweyer Perſonen,
welche Kinder zeugen koͤnnen, heißt die natür-
liche Ehe,
und, wenn dieſelbe von den Vorſte-
hern des Vaterlandes gebilliget wird, die bür-
gerliche Ehe.

Wenn beyde Perſonen, (oder eine derſelben)
bey der erſten Abrede, daß ſie das Recht der koͤr-
perlichen Vereinigung haben wollen, offenbar auf
immer zur Zeugung ungeſchickt ſind; ſo iſt ihr
Vertrag eine ſolche Nachahmung der Ehe,
welche gemeiniglich dieſen Namen fuͤhret.

Die Vielmännerey kann keine Ehe ſeyn.
Die Vielweiberey iſt fuͤr die Sitten und Gluͤck-
ſeligkeit der Menſchen weit weniger nuͤtzlich, als
die von beyden Seiten einfache Ehe. Auch muß
die Abrede der Ehe zu einer beſtaͤndigen Dauer
derſelben, bis entweder der Mann oder die Frau

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E 3
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[69/0093] aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc. Es iſt alſo eine der gemeinnuͤtzigſten Regeln fuͤr die Sitten und wahre Gluͤckſeligkeit der Men- ſchen, daß keine Zeugung, folglich keine koͤrper- perliche Vereinigung zweyer Perſonen, welche zeugen koͤnnen, ohne eine foͤrmliche Abrede ge- ſchehe, gemeinſchaftlich fuͤr die Kinder zu ſorgen, und folglich, ſo lange es dieſer Zweck erfordert, eine beſondre Liebe und Freundſchaft zu unterhal- ten, auch daß waͤhrend dieſer Zeit die Frau mit keinem andern Manne in gleicher Vereinigung ſtehen wolle. Dieſe Abrede zweyer Perſonen, welche Kinder zeugen koͤnnen, heißt die natür- liche Ehe, und, wenn dieſelbe von den Vorſte- hern des Vaterlandes gebilliget wird, die bür- gerliche Ehe. Wenn beyde Perſonen, (oder eine derſelben) bey der erſten Abrede, daß ſie das Recht der koͤr- perlichen Vereinigung haben wollen, offenbar auf immer zur Zeugung ungeſchickt ſind; ſo iſt ihr Vertrag eine ſolche Nachahmung der Ehe, welche gemeiniglich dieſen Namen fuͤhret. Die Vielmännerey kann keine Ehe ſeyn. Die Vielweiberey iſt fuͤr die Sitten und Gluͤck- ſeligkeit der Menſchen weit weniger nuͤtzlich, als die von beyden Seiten einfache Ehe. Auch muß die Abrede der Ehe zu einer beſtaͤndigen Dauer derſelben, bis entweder der Mann oder die Frau ſtirbt, E 3

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/93>, abgerufen am 28.03.2024.