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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Die CIIX. Laster-Predigt/
sey nicht froh über seinem Unglück. Es möcht der
HErr sehen/ und ihm übel gefallen/ und seinen Zorn
vonihm wenden.
Eingang.
Geliebte in Christo dem HErren!
Gegen ein-
anderhal-
tung deß
Neids/
und Scha-
den-Freude/

SO sündlich und schändlich es ist/ wann ein neidiger Mensch
seinem Nächsten nichts gutes gonnet/ und sich in seinem Hertzen
bekümmert/ wann er sihet und erfähret/ daß einem andern etwas
gutes widerfahren ist: Eben so grosse Sünd und Schand ist es im
Gegentheil/ wenn ein boßhafftiger Mensch seinem Nächsten das
Unheil und Unfall/ darein er gerathen/ wol gonnet/ und in seinem Hertzen sich
erfreuet/ wann er mercket und weist/ daß dem Nächsten etwas widriges begeg-
mit den
Worten
Käysers
Aurelii.
net und Schaden geschehen ist. Welches auch Käyser Aurelius erkannt/ da
er gesagt: Nullum in viro bono majus crimen inesse potest, quam com-
modis dolere, & incommodis gaudere alienis,
das ist: Einer/ der ein Bi-
dermann seyn wolle/ könne kaum ein grösser Laster begehen/ als/ wann er über
Vortrag.eines andern Glück traurig/ und über eines andern Unglück frölich seye. Von
dem ersten/ da neidige Leut ihrem Nächsten nichts gutes gonnen/ haben wir zu
Sihe die 88.
Laster-Pre-
digt.
anderer Zeit schon geredet/ für dißmal wollen wir die andere Rott für uns
nemmen/ welche über deß Nächsten Schaden und Unglück sich freuen/ davon
sagt Salomo in den verleßnen Worten: Freue dich deß Falls/ etc. Diese
Wort wollen wir für gegenwärtige Predigt erstlich erklären/ darnach auch an-
zeigen/ was wir dabey
von der Schaden-Freude/
Wunsch.zu unserer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. Darzu
uns Gott sein Gnad und Segen verleihen wolle. Amen.

Erklärung deß Texts.
Freue dich

FReue dich deß Falls deines Feindes nicht/ sagt Salomo im
Anfang unserer verlesenen Worten. Die Freude ist unterschied-
lich/ dann es ist eine Göttliche Freude/ da man frölich ist in dem
HErrn all wege/ Phil. 4. darvon David sagt: Freuet euch deß
HErrn/ und seyd frölich ihr Gerechten/ Ps. 32. Wiederum ist eine Christ-
liche Freude/ da ein Christ über deß Nächsten Wolstand/ mit ihm frölich ist/
darvon Paulus sagt: Freuet eich mit den Frölichen/ Rom. 12. So ist
nicht deßauch eine zugelassene Freude/ daein Mensch zu Zeiten neben seiner Mühe

und
Die CIIX. Laſter-Predigt/
ſey nicht froh uͤber ſeinem Ungluͤck. Es moͤcht der
HErꝛ ſehen/ und ihm uͤbel gefallen/ und ſeinen Zorn
vonihm wenden.
Eingang.
Geliebte in Chriſto dem HErren!
Gegen ein-
anderhal-
tung deß
Neids/
und Scha-
den-Freude/

SO ſuͤndlich und ſchaͤndlich es iſt/ wann ein neidiger Menſch
ſeinem Naͤchſten nichts gutes gonnet/ und ſich in ſeinem Hertzen
bekuͤmmert/ wann er ſihet und erfaͤhret/ daß einem andern etwas
gutes widerfahren iſt: Eben ſo groſſe Suͤnd und Schand iſt es im
Gegentheil/ wenn ein boßhafftiger Menſch ſeinem Naͤchſten das
Unheil und Unfall/ darein er gerathen/ wol gonnet/ und in ſeinem Hertzen ſich
erfreuet/ wann er mercket und weiſt/ daß dem Naͤchſten etwas widriges begeg-
mit den
Worten
Kaͤyſers
Aurelii.
net und Schaden geſchehen iſt. Welches auch Kaͤyſer Aurelius erkannt/ da
er geſagt: Nullum in viro bono majus crimen ineſſe poteſt, quam com-
modis dolere, & incommodis gaudere alienis,
das iſt: Einer/ der ein Bi-
dermann ſeyn wolle/ koͤnne kaum ein groͤſſer Laſter begehen/ als/ wann er uͤber
Vortrag.eines andern Gluͤck traurig/ und uͤber eines andern Ungluͤck froͤlich ſeye. Von
dem erſten/ da neidige Leut ihrem Naͤchſten nichts gutes gonnen/ haben wir zu
Sihe die 88.
Laſter-Pre-
digt.
anderer Zeit ſchon geredet/ fuͤr dißmal wollen wir die andere Rott fuͤr uns
nemmen/ welche uͤber deß Naͤchſten Schaden und Ungluͤck ſich freuen/ davon
ſagt Salomo in den verleßnen Worten: Freue dich deß Falls/ ꝛc. Dieſe
Wort wollen wir fuͤr gegenwaͤrtige Predigt erſtlich erklaͤren/ darnach auch an-
zeigen/ was wir dabey
von der Schaden-Freude/
Wunſch.zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. Darzu
uns Gott ſein Gnad und Segen verleihen wolle. Amen.

Erklaͤrung deß Texts.
Freue dich

FReue dich deß Falls deines Feindes nicht/ ſagt Salomo im
Anfang unſerer verleſenen Worten. Die Freude iſt unterſchied-
lich/ dann es iſt eine Goͤttliche Freude/ da man froͤlich iſt in dem
HErꝛn all wege/ Phil. 4. darvon David ſagt: Freuet euch deß
HErꝛn/ und ſeyd froͤlich ihr Gerechten/ Pſ. 32. Wiederum iſt eine Chriſt-
liche Freude/ da ein Chriſt uͤber deß Naͤchſten Wolſtand/ mit ihm froͤlich iſt/
darvon Paulus ſagt: Freuet eich mit den Froͤlichen/ Rom. 12. So iſt
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[1048/1118] Die CIIX. Laſter-Predigt/ ſey nicht froh uͤber ſeinem Ungluͤck. Es moͤcht der HErꝛ ſehen/ und ihm uͤbel gefallen/ und ſeinen Zorn vonihm wenden. Eingang. Geliebte in Chriſto dem HErren! SO ſuͤndlich und ſchaͤndlich es iſt/ wann ein neidiger Menſch ſeinem Naͤchſten nichts gutes gonnet/ und ſich in ſeinem Hertzen bekuͤmmert/ wann er ſihet und erfaͤhret/ daß einem andern etwas gutes widerfahren iſt: Eben ſo groſſe Suͤnd und Schand iſt es im Gegentheil/ wenn ein boßhafftiger Menſch ſeinem Naͤchſten das Unheil und Unfall/ darein er gerathen/ wol gonnet/ und in ſeinem Hertzen ſich erfreuet/ wann er mercket und weiſt/ daß dem Naͤchſten etwas widriges begeg- net und Schaden geſchehen iſt. Welches auch Kaͤyſer Aurelius erkannt/ da er geſagt: Nullum in viro bono majus crimen ineſſe poteſt, quam com- modis dolere, & incommodis gaudere alienis, das iſt: Einer/ der ein Bi- dermann ſeyn wolle/ koͤnne kaum ein groͤſſer Laſter begehen/ als/ wann er uͤber eines andern Gluͤck traurig/ und uͤber eines andern Ungluͤck froͤlich ſeye. Von dem erſten/ da neidige Leut ihrem Naͤchſten nichts gutes gonnen/ haben wir zu anderer Zeit ſchon geredet/ fuͤr dißmal wollen wir die andere Rott fuͤr uns nemmen/ welche uͤber deß Naͤchſten Schaden und Ungluͤck ſich freuen/ davon ſagt Salomo in den verleßnen Worten: Freue dich deß Falls/ ꝛc. Dieſe Wort wollen wir fuͤr gegenwaͤrtige Predigt erſtlich erklaͤren/ darnach auch an- zeigen/ was wir dabey von der Schaden-Freude/ zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. Darzu uns Gott ſein Gnad und Segen verleihen wolle. Amen. mit den Worten Kaͤyſers Aurelii. Vortrag. Sihe die 88. Laſter-Pre- digt. Wunſch. Erklaͤrung deß Texts. FReue dich deß Falls deines Feindes nicht/ ſagt Salomo im Anfang unſerer verleſenen Worten. Die Freude iſt unterſchied- lich/ dann es iſt eine Goͤttliche Freude/ da man froͤlich iſt in dem HErꝛn all wege/ Phil. 4. darvon David ſagt: Freuet euch deß HErꝛn/ und ſeyd froͤlich ihr Gerechten/ Pſ. 32. Wiederum iſt eine Chriſt- liche Freude/ da ein Chriſt uͤber deß Naͤchſten Wolſtand/ mit ihm froͤlich iſt/ darvon Paulus ſagt: Freuet eich mit den Froͤlichen/ Rom. 12. So iſt auch eine zugelaſſene Freude/ daein Menſch zu Zeiten neben ſeiner Muͤhe und nicht deß

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 1048. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/1118>, abgerufen am 29.03.2024.