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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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seitige Beispiel, die Liebe und Anhänglichkeit, die Strenge des
Hausherrn, die Aufsicht und Ermunterung, die Genüsse des häus-
lichen Lebens selbst und die gegenseitige Sorgfalt sind die Haupt-
elemente des guten häuslichen Lebens. Die wirthschaftlichen Vor-
theile eines so gemeinschaftlichen Lebens sind aber die zweckmäßigere
Befriedigung der Bedürfnisse, die Erhöhung des Lebensgenusses
und die größere Sparniß am Bedarfe an Gütern, da durch zweck-
mäßige Aufbewahrung und Wiederbenutzung des Erübrigten viele
neue Auslagen vermieden und durch sorgfältiges Ordnunghalten
die Genüsse regelmäßiger und wirksamer werden. Die Hauswirth-
schaft bleibt aber nicht in den engen Schranken einer kleinen bür-
gerlichen durch Blutsverwandtschaft geknüpften Familie 1). Sondern
es gibt verschiedene Ausdehnungen derselben von der prachtvollen,
reichlichen und gesetzlich organisirten Hauswirthschaft am kaiser-
lichen Hofe bis zu dem friedlichen, genügsamen und nach Recht
und Billigkeit geleiteten häuslichen Leben der bürgerlichen Familie,
von der reichen Hauswirthschaft des großen Capitalisten und Ge-
werbsunternehmers bis zur armen häuslichen Gemeinschaft der
Bettlerfamilie. Darum ist die Hauswirthschaft verschieden nach
dem Grade des Standes der Familie und nach dem Grade ihres
Reichthums und Einkommens. Aber es werden auch einzelne häus-
liche Vortheile von Gemeinden, von zusammengetretenen Einzelnen,
oder vom Staate besonders herausgehoben, und diejenigen, denen
sie zu Theil werden sollen, in eine häusliche Gemeinschaft verbun-
den, weil jene Vortheile hierdurch am besten erreicht werden. Zu
diesen häuslichen Vereinigungen, deren Hauswirthschaft immer
ausgedehnter als jene der bürgerlichen Familie, deren innere Ver-
hältnisse mehr oder weniger reichlich und auf gewisse bestimmte
Normen gesetzt sind, gehören die Kranken-, Irren-, Armen-,
Arbeits-, Waisen-, Siechen-, Zucht- u. dgl. Häuser. Jede hat
einen eigenthümlichen Zweck, aber zu diesem eine eigenthümliche
Einrichtung; allein alle genießen sie die manchfachen Vortheile
eines häuslich gemeinschaftlichen Lebens.

1) Die Liebe, selbst auch oft blos wirthschaftlicher Vortheil, legt den ersten
Grund zur häuslichen Niederlassung. In ihr bildet sich die Blutsverwandtschaft.
Manche Familie ist auch schon aus bloßer Freundschaft zusammengetreten. Die
Dienerschaft findet sich aus anderen Gründen ein. Die Saint-Simonisten wollen
diese Gründung von Familien verwischen, und blos jene durch Charakter- und
Geschäftsähnlichkeit einführen.
§. 65.
Wirthschaftspersonen und ihr gegenseitiges Verhältniß.

Das gegenseitige Verhältniß der Wirthschaftspersonen in der
Hauswirthschaft ist verschieden nach den lezten Gründen, auf denen

ſeitige Beiſpiel, die Liebe und Anhänglichkeit, die Strenge des
Hausherrn, die Aufſicht und Ermunterung, die Genüſſe des häus-
lichen Lebens ſelbſt und die gegenſeitige Sorgfalt ſind die Haupt-
elemente des guten häuslichen Lebens. Die wirthſchaftlichen Vor-
theile eines ſo gemeinſchaftlichen Lebens ſind aber die zweckmäßigere
Befriedigung der Bedürfniſſe, die Erhöhung des Lebensgenuſſes
und die größere Sparniß am Bedarfe an Gütern, da durch zweck-
mäßige Aufbewahrung und Wiederbenutzung des Erübrigten viele
neue Auslagen vermieden und durch ſorgfältiges Ordnunghalten
die Genüſſe regelmäßiger und wirkſamer werden. Die Hauswirth-
ſchaft bleibt aber nicht in den engen Schranken einer kleinen bür-
gerlichen durch Blutsverwandtſchaft geknüpften Familie 1). Sondern
es gibt verſchiedene Ausdehnungen derſelben von der prachtvollen,
reichlichen und geſetzlich organiſirten Hauswirthſchaft am kaiſer-
lichen Hofe bis zu dem friedlichen, genügſamen und nach Recht
und Billigkeit geleiteten häuslichen Leben der bürgerlichen Familie,
von der reichen Hauswirthſchaft des großen Capitaliſten und Ge-
werbsunternehmers bis zur armen häuslichen Gemeinſchaft der
Bettlerfamilie. Darum iſt die Hauswirthſchaft verſchieden nach
dem Grade des Standes der Familie und nach dem Grade ihres
Reichthums und Einkommens. Aber es werden auch einzelne häus-
liche Vortheile von Gemeinden, von zuſammengetretenen Einzelnen,
oder vom Staate beſonders herausgehoben, und diejenigen, denen
ſie zu Theil werden ſollen, in eine häusliche Gemeinſchaft verbun-
den, weil jene Vortheile hierdurch am beſten erreicht werden. Zu
dieſen häuslichen Vereinigungen, deren Hauswirthſchaft immer
ausgedehnter als jene der bürgerlichen Familie, deren innere Ver-
hältniſſe mehr oder weniger reichlich und auf gewiſſe beſtimmte
Normen geſetzt ſind, gehören die Kranken-, Irren-, Armen-,
Arbeits-, Waiſen-, Siechen-, Zucht- u. dgl. Häuſer. Jede hat
einen eigenthümlichen Zweck, aber zu dieſem eine eigenthümliche
Einrichtung; allein alle genießen ſie die manchfachen Vortheile
eines häuslich gemeinſchaftlichen Lebens.

1) Die Liebe, ſelbſt auch oft blos wirthſchaftlicher Vortheil, legt den erſten
Grund zur häuslichen Niederlaſſung. In ihr bildet ſich die Blutsverwandtſchaft.
Manche Familie iſt auch ſchon aus bloßer Freundſchaft zuſammengetreten. Die
Dienerſchaft findet ſich aus anderen Gründen ein. Die Saint-Simoniſten wollen
dieſe Gründung von Familien verwiſchen, und blos jene durch Charakter- und
Geſchäftsähnlichkeit einführen.
§. 65.
Wirthſchaftsperſonen und ihr gegenſeitiges Verhältniß.

Das gegenſeitige Verhältniß der Wirthſchaftsperſonen in der
Hauswirthſchaft iſt verſchieden nach den lezten Gründen, auf denen

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[87/0109] ſeitige Beiſpiel, die Liebe und Anhänglichkeit, die Strenge des Hausherrn, die Aufſicht und Ermunterung, die Genüſſe des häus- lichen Lebens ſelbſt und die gegenſeitige Sorgfalt ſind die Haupt- elemente des guten häuslichen Lebens. Die wirthſchaftlichen Vor- theile eines ſo gemeinſchaftlichen Lebens ſind aber die zweckmäßigere Befriedigung der Bedürfniſſe, die Erhöhung des Lebensgenuſſes und die größere Sparniß am Bedarfe an Gütern, da durch zweck- mäßige Aufbewahrung und Wiederbenutzung des Erübrigten viele neue Auslagen vermieden und durch ſorgfältiges Ordnunghalten die Genüſſe regelmäßiger und wirkſamer werden. Die Hauswirth- ſchaft bleibt aber nicht in den engen Schranken einer kleinen bür- gerlichen durch Blutsverwandtſchaft geknüpften Familie 1). Sondern es gibt verſchiedene Ausdehnungen derſelben von der prachtvollen, reichlichen und geſetzlich organiſirten Hauswirthſchaft am kaiſer- lichen Hofe bis zu dem friedlichen, genügſamen und nach Recht und Billigkeit geleiteten häuslichen Leben der bürgerlichen Familie, von der reichen Hauswirthſchaft des großen Capitaliſten und Ge- werbsunternehmers bis zur armen häuslichen Gemeinſchaft der Bettlerfamilie. Darum iſt die Hauswirthſchaft verſchieden nach dem Grade des Standes der Familie und nach dem Grade ihres Reichthums und Einkommens. Aber es werden auch einzelne häus- liche Vortheile von Gemeinden, von zuſammengetretenen Einzelnen, oder vom Staate beſonders herausgehoben, und diejenigen, denen ſie zu Theil werden ſollen, in eine häusliche Gemeinſchaft verbun- den, weil jene Vortheile hierdurch am beſten erreicht werden. Zu dieſen häuslichen Vereinigungen, deren Hauswirthſchaft immer ausgedehnter als jene der bürgerlichen Familie, deren innere Ver- hältniſſe mehr oder weniger reichlich und auf gewiſſe beſtimmte Normen geſetzt ſind, gehören die Kranken-, Irren-, Armen-, Arbeits-, Waiſen-, Siechen-, Zucht- u. dgl. Häuſer. Jede hat einen eigenthümlichen Zweck, aber zu dieſem eine eigenthümliche Einrichtung; allein alle genießen ſie die manchfachen Vortheile eines häuslich gemeinſchaftlichen Lebens. ¹⁾ Die Liebe, ſelbſt auch oft blos wirthſchaftlicher Vortheil, legt den erſten Grund zur häuslichen Niederlaſſung. In ihr bildet ſich die Blutsverwandtſchaft. Manche Familie iſt auch ſchon aus bloßer Freundſchaft zuſammengetreten. Die Dienerſchaft findet ſich aus anderen Gründen ein. Die Saint-Simoniſten wollen dieſe Gründung von Familien verwiſchen, und blos jene durch Charakter- und Geſchäftsähnlichkeit einführen. §. 65. Wirthſchaftsperſonen und ihr gegenſeitiges Verhältniß. Das gegenſeitige Verhältniß der Wirthſchaftsperſonen in der Hauswirthſchaft iſt verſchieden nach den lezten Gründen, auf denen

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/109>, abgerufen am 25.04.2024.