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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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müßte, wobei sie leicht höher zu stehen kommen kann, als wenn sie
die Hauswirthschaft bei gehöriger Sparsamkeit und Aufbewahrung
von Speisen in Natur liefert. Bei den Fröhnern, selbst wenn sie
keinen Geldlohn erhalten, ist die Speisung (Pröven) oft eine
Vertrags- oder Herkommenspflicht des Hauses. Noch wichtiger ist
die Frage, ob die Stück- oder Gedingarbeiter den eigentlichen
Taglöhnern vorzuziehen seien. Ihre Entscheidung hängt von der
Art der Arbeiten und von der Aufsicht auf diese ab. Denn bei
manchen wirthschaftlichen Arbeiten sind sie gar nicht anwendbar.
Dagegen bei gehöriger Aufsicht sind sie wegen Erleichterung der
Wirthschaftsführung, der Wohlfeilheit, der Schnelligkeit und
größeren Kraftanwendung um so vortheilhafter, je mehr der Stück-
arbeiter seines eigenen Nutzens wegen zur Arbeitsamkeit angespornt
ist. Bei unrichtiger Anwendung und schlechter Aufsicht ist die
Stückarbeit aber in jeder Hinsicht die schlechteste 1).

1) In England ist sie am ausgedehntesten angewendet, da man dort überhaupt
fast alle, besonders landwirthschaftliche, Arbeiten durch Taglöhner in obigem dop-
pelten Sinne betreiben läßt, so daß man einen Fall erzählt, wo auf einem Gute
von 323 preuß. Morgen Feld, 20 Kühen, 40 Schafen und mehreren Ochsen nur
2 Knechte, 2 Jungen und im höchsten Falle Sommers 2 Mägde, im Winter nur
eine, gehalten worden. Burger Landw. II. S. 330.
§. 69.
Vertheilung, Verbindung und Folge der häuslichen
Geschäfte
1).

Je größer die Menge von Hausgeschäften und je bedeutender
hiernach die Zahl der Arbeiter, desto unentbehrlicher ist 1) die
Vertheilung
der Arbeiten unter die Arbeiter selbst, so daß jeder
sein bestimmtes ständiges Geschäft hat; so treten sich die Personen
nicht hindernd in den Weg, es wird an jeder Arbeit in Einem
fortgearbeitet, sie wird schneller beendigt und besser vollführt, weil
mit der beständigen Uebung der Arbeiter größere Fertigkeit erzeugt
wird. Bei dieser aber ist eben so nöthig 2) die Verbindung
der Arbeiten; allein diese hat eine doppelte Bedeutung, nämlich
als Zusammenhalten aller hauswirthschaftlichen Thätigkeiten zu
einem Ganzen und in einer Ordnung, und als Verbindung der-
jenigen einzelnen Arbeiten, deren Vereinigung unmittelbar erfordert
wird oder die in chronologischer Beziehung in einem Verbande
stehen. Beides ist begreiflicherweise nöthig wegen der Ordnung
und wegen der Verhütung einer schädlichen Zersplitterung der
häuslichen Geschäfte. Hierdurch ist zum Theile schon 3) die rich-
tige Folge der häuslichen Arbeiten als unumgänglich dargethan;
dieselbe liegt aber zum Theile schon in der Natur und Art der

müßte, wobei ſie leicht höher zu ſtehen kommen kann, als wenn ſie
die Hauswirthſchaft bei gehöriger Sparſamkeit und Aufbewahrung
von Speiſen in Natur liefert. Bei den Fröhnern, ſelbſt wenn ſie
keinen Geldlohn erhalten, iſt die Speiſung (Pröven) oft eine
Vertrags- oder Herkommenspflicht des Hauſes. Noch wichtiger iſt
die Frage, ob die Stück- oder Gedingarbeiter den eigentlichen
Taglöhnern vorzuziehen ſeien. Ihre Entſcheidung hängt von der
Art der Arbeiten und von der Aufſicht auf dieſe ab. Denn bei
manchen wirthſchaftlichen Arbeiten ſind ſie gar nicht anwendbar.
Dagegen bei gehöriger Aufſicht ſind ſie wegen Erleichterung der
Wirthſchaftsführung, der Wohlfeilheit, der Schnelligkeit und
größeren Kraftanwendung um ſo vortheilhafter, je mehr der Stück-
arbeiter ſeines eigenen Nutzens wegen zur Arbeitſamkeit angeſpornt
iſt. Bei unrichtiger Anwendung und ſchlechter Aufſicht iſt die
Stückarbeit aber in jeder Hinſicht die ſchlechteſte 1).

1) In England iſt ſie am ausgedehnteſten angewendet, da man dort überhaupt
faſt alle, beſonders landwirthſchaftliche, Arbeiten durch Taglöhner in obigem dop-
pelten Sinne betreiben läßt, ſo daß man einen Fall erzählt, wo auf einem Gute
von 323 preuß. Morgen Feld, 20 Kühen, 40 Schafen und mehreren Ochſen nur
2 Knechte, 2 Jungen und im höchſten Falle Sommers 2 Mägde, im Winter nur
eine, gehalten worden. Burger Landw. II. S. 330.
§. 69.
Vertheilung, Verbindung und Folge der häuslichen
Geſchäfte
1).

Je größer die Menge von Hausgeſchäften und je bedeutender
hiernach die Zahl der Arbeiter, deſto unentbehrlicher iſt 1) die
Vertheilung
der Arbeiten unter die Arbeiter ſelbſt, ſo daß jeder
ſein beſtimmtes ſtändiges Geſchäft hat; ſo treten ſich die Perſonen
nicht hindernd in den Weg, es wird an jeder Arbeit in Einem
fortgearbeitet, ſie wird ſchneller beendigt und beſſer vollführt, weil
mit der beſtändigen Uebung der Arbeiter größere Fertigkeit erzeugt
wird. Bei dieſer aber iſt eben ſo nöthig 2) die Verbindung
der Arbeiten; allein dieſe hat eine doppelte Bedeutung, nämlich
als Zuſammenhalten aller hauswirthſchaftlichen Thätigkeiten zu
einem Ganzen und in einer Ordnung, und als Verbindung der-
jenigen einzelnen Arbeiten, deren Vereinigung unmittelbar erfordert
wird oder die in chronologiſcher Beziehung in einem Verbande
ſtehen. Beides iſt begreiflicherweiſe nöthig wegen der Ordnung
und wegen der Verhütung einer ſchädlichen Zerſplitterung der
häuslichen Geſchäfte. Hierdurch iſt zum Theile ſchon 3) die rich-
tige Folge der häuslichen Arbeiten als unumgänglich dargethan;
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[92/0114] müßte, wobei ſie leicht höher zu ſtehen kommen kann, als wenn ſie die Hauswirthſchaft bei gehöriger Sparſamkeit und Aufbewahrung von Speiſen in Natur liefert. Bei den Fröhnern, ſelbſt wenn ſie keinen Geldlohn erhalten, iſt die Speiſung (Pröven) oft eine Vertrags- oder Herkommenspflicht des Hauſes. Noch wichtiger iſt die Frage, ob die Stück- oder Gedingarbeiter den eigentlichen Taglöhnern vorzuziehen ſeien. Ihre Entſcheidung hängt von der Art der Arbeiten und von der Aufſicht auf dieſe ab. Denn bei manchen wirthſchaftlichen Arbeiten ſind ſie gar nicht anwendbar. Dagegen bei gehöriger Aufſicht ſind ſie wegen Erleichterung der Wirthſchaftsführung, der Wohlfeilheit, der Schnelligkeit und größeren Kraftanwendung um ſo vortheilhafter, je mehr der Stück- arbeiter ſeines eigenen Nutzens wegen zur Arbeitſamkeit angeſpornt iſt. Bei unrichtiger Anwendung und ſchlechter Aufſicht iſt die Stückarbeit aber in jeder Hinſicht die ſchlechteſte 1). ¹⁾ In England iſt ſie am ausgedehnteſten angewendet, da man dort überhaupt faſt alle, beſonders landwirthſchaftliche, Arbeiten durch Taglöhner in obigem dop- pelten Sinne betreiben läßt, ſo daß man einen Fall erzählt, wo auf einem Gute von 323 preuß. Morgen Feld, 20 Kühen, 40 Schafen und mehreren Ochſen nur 2 Knechte, 2 Jungen und im höchſten Falle Sommers 2 Mägde, im Winter nur eine, gehalten worden. Burger Landw. II. S. 330. §. 69. Vertheilung, Verbindung und Folge der häuslichen Geſchäfte 1). Je größer die Menge von Hausgeſchäften und je bedeutender hiernach die Zahl der Arbeiter, deſto unentbehrlicher iſt 1) die Vertheilung der Arbeiten unter die Arbeiter ſelbſt, ſo daß jeder ſein beſtimmtes ſtändiges Geſchäft hat; ſo treten ſich die Perſonen nicht hindernd in den Weg, es wird an jeder Arbeit in Einem fortgearbeitet, ſie wird ſchneller beendigt und beſſer vollführt, weil mit der beſtändigen Uebung der Arbeiter größere Fertigkeit erzeugt wird. Bei dieſer aber iſt eben ſo nöthig 2) die Verbindung der Arbeiten; allein dieſe hat eine doppelte Bedeutung, nämlich als Zuſammenhalten aller hauswirthſchaftlichen Thätigkeiten zu einem Ganzen und in einer Ordnung, und als Verbindung der- jenigen einzelnen Arbeiten, deren Vereinigung unmittelbar erfordert wird oder die in chronologiſcher Beziehung in einem Verbande ſtehen. Beides iſt begreiflicherweiſe nöthig wegen der Ordnung und wegen der Verhütung einer ſchädlichen Zerſplitterung der häuslichen Geſchäfte. Hierdurch iſt zum Theile ſchon 3) die rich- tige Folge der häuslichen Arbeiten als unumgänglich dargethan; dieſelbe liegt aber zum Theile ſchon in der Natur und Art der

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/114>, abgerufen am 24.04.2024.