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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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V. Von der Fertigung bergmännischer
Ertragsanschläge
.
§. 129.
Arten der Anschläge.

Andere als Ertragsanschläge von Bergwerken können nicht ge-
macht werden, und schon diese sind sehr unsicher. Ersteres, weil
der Gehalt einer Lagerstätte nicht mit Sicherheit ganz abgeschätzt
werden kann, und wenn dieses auch geschehen könnte, es höchst
unsicher ist, ob der Fortbau nicht unterbrochen wird. Lezteres,
weil Zubuße und Ausbeute in ihrer Größe und Folge zu wandel-
bar sind, und es also nicht gestattet sein kann, von einem mehr-
jährigen Durchschnittsertrage auf den Ertrag in der nächstfolgenden
Jahresreihe zu schließen, ohne die Möglichkeit des Fehlschlagens
mit einzurechnen; denn die Ausbeute und Zubuße ist zu wechselnd,
und die Unterhaltungskosten des stehenden Capitals werden, beson-
ders bei der Grubenzimmerung, mit dem Alter des Leztern größer.
Man kann die Ertragsanschläge unter zwei Gesichtspunkten be-
trachten, nämlich:

1) Als Ertragsvoranschläge, um sich einen muthmaßlichen
Ueberschlag von dem Ertrage einer Grube zu machen, ehe man
ihren Abbau beginnt. Sie setzen eine Untersuchung der Lager-
strecke nach dem Streichen, Fallen, der Mächtigkeit und Teufe
voraus. Im Uebrigen beruhen sie auf Musterbauen. Denn man
gräbt entweder von Tage einige quadratische Abteufen von 1 Lach-
ter, oder man geht von dem Schurfschachte und Schurfstollen mit
solchen kleinen Strecken ins Feld. Der Durchschnittsertrag von
3 oder 4 solchen Musterbauen wird alsdann zur Veranschlagung
des Rohertrags an Produkten vom ganzen Lager und Gange über-
haupt oder nur für eine Periode gebraucht. Denn durch Multi-
plication mit dem Raume oder mit der Zeit bei einer gegebenen
Arbeiterzahl läßt sich dann die Quantität von Produkten berechnen.
Die Unzuverlässigkeit dieser Methode liegt am Tage (§. 124.).

2) Als Ertragsnachanschläge, um sich einer Ansicht vom
Durchschnittsertrage einer, schon einige Zeit gebauten, Grube zu
verschaffen. Man hat dazu zwei Mittel, nämlich die Informa-
tionen, d. h. protokollisches mündliches Vernehmen der Berg-
beamten, besonders der Steiger und Schichtmeister, und die
Rechnungsauszüge aus den Wirthschaftsbüchern von mehreren
Jahren her. Soll aber ein solcher Anschlag als Richtschnur für
die Zukunft dienen, dann muß zugleich auf die Größe und Be-
schaffenheit der noch stehenden Felder Rücksicht genommen

V. Von der Fertigung bergmänniſcher
Ertragsanſchläge
.
§. 129.
Arten der Anſchläge.

Andere als Ertragsanſchläge von Bergwerken können nicht ge-
macht werden, und ſchon dieſe ſind ſehr unſicher. Erſteres, weil
der Gehalt einer Lagerſtätte nicht mit Sicherheit ganz abgeſchätzt
werden kann, und wenn dieſes auch geſchehen könnte, es höchſt
unſicher iſt, ob der Fortbau nicht unterbrochen wird. Lezteres,
weil Zubuße und Ausbeute in ihrer Größe und Folge zu wandel-
bar ſind, und es alſo nicht geſtattet ſein kann, von einem mehr-
jährigen Durchſchnittsertrage auf den Ertrag in der nächſtfolgenden
Jahresreihe zu ſchließen, ohne die Möglichkeit des Fehlſchlagens
mit einzurechnen; denn die Ausbeute und Zubuße iſt zu wechſelnd,
und die Unterhaltungskoſten des ſtehenden Capitals werden, beſon-
ders bei der Grubenzimmerung, mit dem Alter des Leztern größer.
Man kann die Ertragsanſchläge unter zwei Geſichtspunkten be-
trachten, nämlich:

1) Als Ertragsvoranſchläge, um ſich einen muthmaßlichen
Ueberſchlag von dem Ertrage einer Grube zu machen, ehe man
ihren Abbau beginnt. Sie ſetzen eine Unterſuchung der Lager-
ſtrecke nach dem Streichen, Fallen, der Mächtigkeit und Teufe
voraus. Im Uebrigen beruhen ſie auf Muſterbauen. Denn man
gräbt entweder von Tage einige quadratiſche Abteufen von 1 Lach-
ter, oder man geht von dem Schurfſchachte und Schurfſtollen mit
ſolchen kleinen Strecken ins Feld. Der Durchſchnittsertrag von
3 oder 4 ſolchen Muſterbauen wird alsdann zur Veranſchlagung
des Rohertrags an Produkten vom ganzen Lager und Gange über-
haupt oder nur für eine Periode gebraucht. Denn durch Multi-
plication mit dem Raume oder mit der Zeit bei einer gegebenen
Arbeiterzahl läßt ſich dann die Quantität von Produkten berechnen.
Die Unzuverläſſigkeit dieſer Methode liegt am Tage (§. 124.).

2) Als Ertragsnachanſchläge, um ſich einer Anſicht vom
Durchſchnittsertrage einer, ſchon einige Zeit gebauten, Grube zu
verſchaffen. Man hat dazu zwei Mittel, nämlich die Informa-
tionen, d. h. protokolliſches mündliches Vernehmen der Berg-
beamten, beſonders der Steiger und Schichtmeiſter, und die
Rechnungsauszüge aus den Wirthſchaftsbüchern von mehreren
Jahren her. Soll aber ein ſolcher Anſchlag als Richtſchnur für
die Zukunft dienen, dann muß zugleich auf die Größe und Be-
ſchaffenheit der noch ſtehenden Felder Rückſicht genommen

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[159/0181] V. Von der Fertigung bergmänniſcher Ertragsanſchläge. §. 129. Arten der Anſchläge. Andere als Ertragsanſchläge von Bergwerken können nicht ge- macht werden, und ſchon dieſe ſind ſehr unſicher. Erſteres, weil der Gehalt einer Lagerſtätte nicht mit Sicherheit ganz abgeſchätzt werden kann, und wenn dieſes auch geſchehen könnte, es höchſt unſicher iſt, ob der Fortbau nicht unterbrochen wird. Lezteres, weil Zubuße und Ausbeute in ihrer Größe und Folge zu wandel- bar ſind, und es alſo nicht geſtattet ſein kann, von einem mehr- jährigen Durchſchnittsertrage auf den Ertrag in der nächſtfolgenden Jahresreihe zu ſchließen, ohne die Möglichkeit des Fehlſchlagens mit einzurechnen; denn die Ausbeute und Zubuße iſt zu wechſelnd, und die Unterhaltungskoſten des ſtehenden Capitals werden, beſon- ders bei der Grubenzimmerung, mit dem Alter des Leztern größer. Man kann die Ertragsanſchläge unter zwei Geſichtspunkten be- trachten, nämlich: 1) Als Ertragsvoranſchläge, um ſich einen muthmaßlichen Ueberſchlag von dem Ertrage einer Grube zu machen, ehe man ihren Abbau beginnt. Sie ſetzen eine Unterſuchung der Lager- ſtrecke nach dem Streichen, Fallen, der Mächtigkeit und Teufe voraus. Im Uebrigen beruhen ſie auf Muſterbauen. Denn man gräbt entweder von Tage einige quadratiſche Abteufen von 1 Lach- ter, oder man geht von dem Schurfſchachte und Schurfſtollen mit ſolchen kleinen Strecken ins Feld. Der Durchſchnittsertrag von 3 oder 4 ſolchen Muſterbauen wird alsdann zur Veranſchlagung des Rohertrags an Produkten vom ganzen Lager und Gange über- haupt oder nur für eine Periode gebraucht. Denn durch Multi- plication mit dem Raume oder mit der Zeit bei einer gegebenen Arbeiterzahl läßt ſich dann die Quantität von Produkten berechnen. Die Unzuverläſſigkeit dieſer Methode liegt am Tage (§. 124.). 2) Als Ertragsnachanſchläge, um ſich einer Anſicht vom Durchſchnittsertrage einer, ſchon einige Zeit gebauten, Grube zu verſchaffen. Man hat dazu zwei Mittel, nämlich die Informa- tionen, d. h. protokolliſches mündliches Vernehmen der Berg- beamten, beſonders der Steiger und Schichtmeiſter, und die Rechnungsauszüge aus den Wirthſchaftsbüchern von mehreren Jahren her. Soll aber ein ſolcher Anſchlag als Richtſchnur für die Zukunft dienen, dann muß zugleich auf die Größe und Be- ſchaffenheit der noch ſtehenden Felder Rückſicht genommen

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/181>, abgerufen am 28.03.2024.