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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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1) Der Hanf (Cannabis sativa), mit zweihäusigen Blüthen,
wovon, da die Geschlechter getrennt sind, die männlichen rispen-
förmig, die weiblichen aber einzeln stehen. Der männliche Stengel
(Fimmel) ist blaßgrün und ungefähr Manns hoch, der weibliche
dunkelgrün, höher und stärker. Dieser gibt die Saamen, aus
welchen ein Oel bereitet wird, jener den Bast zu Gespinnsten1).

2) Die große Nessel (Urtica dioica), deren Blüthen in
den Blattwinkeln als ästige Trauben erscheinen, zweihäusig, doch
aber auch den Geschlechtern nach gemischt sind. Sie diente mit
ihrem Baste früher zum Nesseltuche, ist aber jetzt nicht mehr von
Wichtigkeit.

3) Der gemeine Lein (Linum usitatissimum, Flachs),
mit rispenförmigen Blüthen von schönen blauen Blumen. Der
Saamen, platt je zu 2 in einer 5klappigen Kapsel sitzend, gibt
das bekannte Oel, der Stengel aber den Bast. Man unterscheidet
außer dem ausdauernden (sibirischen, russischen) Leine (Lin.
perenne),
der sich durch lange Stengel, wenige Aeste, und feinen
vielen Bast auszeichnet, bei uns den Klanglein, welcher von den
selbst aufspringenden Saamen seinen Namen hat, und einen kurzen
feinen, weißen, weichen Flachs gibt, und den Dresch- oder
Schließlein, dessen Saamenkapseln wegen ihrer Geschlossenheit
gedroschen werden müssen und dessen Bastfäden länger, stärker und
gröber sind, als bei jenem2).

1) Er verlangt ein warmes, hinreichend feuchtes Klima, und einen tiefen
lehmigen, lockeren, reinen, mehr feuchten Boden, und wird im Mai gesäet. Ein-
saat 11/4-2 Scheffel pr. Morgen. Er bedarf in der frühesten Jugend nur des
Jätens, aber nicht einmal immer dieses, denn er wächst schnell und kräftig. Ertrag
pr. Morgen an Körnern 6 Scheffel, an Hanf aber 1400 Pfund roh. Der Scheffel
Körner wiegt 62 Pfund.
2) Er verlangt einen mürben, reinen, lockeren, mäßig feuchten Boden von
vielem Humusgehalte, und wird im April (Frühflachs), Mai (Mittelflachs) und
Juni (Spätflachs) gesäet, obschon eine frühe Saat immer die bessere ist. Einsaat
1-11/2 Scheffel pr. Morgen. Er muß gejätet werden. Ertrag des Bastleins
pr. Morgen Boden bester Qualität = 41/2 Scheffel Körner a 80 Pfund, und
1200 Pfund roher Flachs. Ertrag des Saamenleins an Körnern 61/2 Scheffel
a 861/2 Pfund, und 840 Pfund roher Flachs; an Spreu 30 Pfund.
§. 169.
3) Unfälle, und 4) Ernte der Bastpflanzen.

Der Hanf ist im Ganzen wenig Unfällen unterworfen. Nur
ein Unkraut, eine Schmarotzerpflanze, nämlich der Hanfwürger
(Orobranche major, und ramosa) schadet ihm, -- ist aber doch
nicht häufig. Derselbe entsteht auf der Wurzel des Hanfes und
hat büschelförmige ästige Stengel und bläuliche Blumen.


1) Der Hanf (Cannabis sativa), mit zweihäuſigen Blüthen,
wovon, da die Geſchlechter getrennt ſind, die männlichen riſpen-
förmig, die weiblichen aber einzeln ſtehen. Der männliche Stengel
(Fimmel) iſt blaßgrün und ungefähr Manns hoch, der weibliche
dunkelgrün, höher und ſtärker. Dieſer gibt die Saamen, aus
welchen ein Oel bereitet wird, jener den Baſt zu Geſpinnſten1).

2) Die große Neſſel (Urtica dioica), deren Blüthen in
den Blattwinkeln als äſtige Trauben erſcheinen, zweihäuſig, doch
aber auch den Geſchlechtern nach gemiſcht ſind. Sie diente mit
ihrem Baſte früher zum Neſſeltuche, iſt aber jetzt nicht mehr von
Wichtigkeit.

3) Der gemeine Lein (Linum usitatissimum, Flachs),
mit riſpenförmigen Blüthen von ſchönen blauen Blumen. Der
Saamen, platt je zu 2 in einer 5klappigen Kapſel ſitzend, gibt
das bekannte Oel, der Stengel aber den Baſt. Man unterſcheidet
außer dem ausdauernden (ſibiriſchen, ruſſiſchen) Leine (Lin.
perenne),
der ſich durch lange Stengel, wenige Aeſte, und feinen
vielen Baſt auszeichnet, bei uns den Klanglein, welcher von den
ſelbſt aufſpringenden Saamen ſeinen Namen hat, und einen kurzen
feinen, weißen, weichen Flachs gibt, und den Dreſch- oder
Schließlein, deſſen Saamenkapſeln wegen ihrer Geſchloſſenheit
gedroſchen werden müſſen und deſſen Baſtfäden länger, ſtärker und
gröber ſind, als bei jenem2).

1) Er verlangt ein warmes, hinreichend feuchtes Klima, und einen tiefen
lehmigen, lockeren, reinen, mehr feuchten Boden, und wird im Mai geſäet. Ein-
ſaat 1¼-2 Scheffel pr. Morgen. Er bedarf in der früheſten Jugend nur des
Jätens, aber nicht einmal immer dieſes, denn er wächst ſchnell und kräftig. Ertrag
pr. Morgen an Körnern 6 Scheffel, an Hanf aber 1400 Pfund roh. Der Scheffel
Körner wiegt 62 Pfund.
2) Er verlangt einen mürben, reinen, lockeren, mäßig feuchten Boden von
vielem Humusgehalte, und wird im April (Frühflachs), Mai (Mittelflachs) und
Juni (Spätflachs) geſäet, obſchon eine frühe Saat immer die beſſere iſt. Einſaat
1–1½ Scheffel pr. Morgen. Er muß gejätet werden. Ertrag des Baſtleins
pr. Morgen Boden beſter Qualität = 4½ Scheffel Körner à 80 Pfund, und
1200 Pfund roher Flachs. Ertrag des Saamenleins an Körnern 6½ Scheffel
à 86½ Pfund, und 840 Pfund roher Flachs; an Spreu 30 Pfund.
§. 169.
3) Unfälle, und 4) Ernte der Baſtpflanzen.

Der Hanf iſt im Ganzen wenig Unfällen unterworfen. Nur
ein Unkraut, eine Schmarotzerpflanze, nämlich der Hanfwürger
(Orobranche major, und ramosa) ſchadet ihm, — iſt aber doch
nicht häufig. Derſelbe entſteht auf der Wurzel des Hanfes und
hat büſchelförmige äſtige Stengel und bläuliche Blumen.


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[212/0234] 1) Der Hanf (Cannabis sativa), mit zweihäuſigen Blüthen, wovon, da die Geſchlechter getrennt ſind, die männlichen riſpen- förmig, die weiblichen aber einzeln ſtehen. Der männliche Stengel (Fimmel) iſt blaßgrün und ungefähr Manns hoch, der weibliche dunkelgrün, höher und ſtärker. Dieſer gibt die Saamen, aus welchen ein Oel bereitet wird, jener den Baſt zu Geſpinnſten1). 2) Die große Neſſel (Urtica dioica), deren Blüthen in den Blattwinkeln als äſtige Trauben erſcheinen, zweihäuſig, doch aber auch den Geſchlechtern nach gemiſcht ſind. Sie diente mit ihrem Baſte früher zum Neſſeltuche, iſt aber jetzt nicht mehr von Wichtigkeit. 3) Der gemeine Lein (Linum usitatissimum, Flachs), mit riſpenförmigen Blüthen von ſchönen blauen Blumen. Der Saamen, platt je zu 2 in einer 5klappigen Kapſel ſitzend, gibt das bekannte Oel, der Stengel aber den Baſt. Man unterſcheidet außer dem ausdauernden (ſibiriſchen, ruſſiſchen) Leine (Lin. perenne), der ſich durch lange Stengel, wenige Aeſte, und feinen vielen Baſt auszeichnet, bei uns den Klanglein, welcher von den ſelbſt aufſpringenden Saamen ſeinen Namen hat, und einen kurzen feinen, weißen, weichen Flachs gibt, und den Dreſch- oder Schließlein, deſſen Saamenkapſeln wegen ihrer Geſchloſſenheit gedroſchen werden müſſen und deſſen Baſtfäden länger, ſtärker und gröber ſind, als bei jenem2). ¹⁾ Er verlangt ein warmes, hinreichend feuchtes Klima, und einen tiefen lehmigen, lockeren, reinen, mehr feuchten Boden, und wird im Mai geſäet. Ein- ſaat 1¼-2 Scheffel pr. Morgen. Er bedarf in der früheſten Jugend nur des Jätens, aber nicht einmal immer dieſes, denn er wächst ſchnell und kräftig. Ertrag pr. Morgen an Körnern 6 Scheffel, an Hanf aber 1400 Pfund roh. Der Scheffel Körner wiegt 62 Pfund. ²⁾ Er verlangt einen mürben, reinen, lockeren, mäßig feuchten Boden von vielem Humusgehalte, und wird im April (Frühflachs), Mai (Mittelflachs) und Juni (Spätflachs) geſäet, obſchon eine frühe Saat immer die beſſere iſt. Einſaat 1–1½ Scheffel pr. Morgen. Er muß gejätet werden. Ertrag des Baſtleins pr. Morgen Boden beſter Qualität = 4½ Scheffel Körner à 80 Pfund, und 1200 Pfund roher Flachs. Ertrag des Saamenleins an Körnern 6½ Scheffel à 86½ Pfund, und 840 Pfund roher Flachs; an Spreu 30 Pfund. §. 169. 3) Unfälle, und 4) Ernte der Baſtpflanzen. Der Hanf iſt im Ganzen wenig Unfällen unterworfen. Nur ein Unkraut, eine Schmarotzerpflanze, nämlich der Hanfwürger (Orobranche major, und ramosa) ſchadet ihm, — iſt aber doch nicht häufig. Derſelbe entſteht auf der Wurzel des Hanfes und hat büſchelförmige äſtige Stengel und bläuliche Blumen.

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/234>, abgerufen am 19.04.2024.