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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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§. 289.
2) Die Drahtzieherei.

Unter Draht1) versteht man Metallfäden, welche entstehen,
indem man Metallstangen durch bestimmt geformte Löcher mit Ge-
walt durchzwängt, so daß ihr Durchmesser den des Loches annimmt,
durch das sie gezwängt wurden, und ihre Länge sich auf Kosten
der Dicke vergrößert. Man macht solchen aus Eisen, Stahl, Kupfer,
Messing, Silber und Gold, auch aus Platina und Zink. Der
Draht erhält dem Querschnitte nach entweder eine kreisrunde,
oder irgend eine andere, ovale, eckige, halbmondförmige, stern-
förmige, rosenförmige u. s. w. Gestalt. Allen nicht runden Draht
nennt man gaufrirt oder faconirt, und es gibt verschiedene
Dicken des Drahtes, deren Darstellung aber darum nicht thunlich
ist, weil jede Fabrik ihre eigenen Dimensionen und Bezeichnungen
hat2). Die Drahtzieherei beruht also auf der Streckung oder
Verlängerung der Metallstange und man hat dazu zwei Hauptein-
richtungen, nämlich a) Drahtwalzwerke, welche jedoch weniger
als die folgenden in Anwendung sind. Sie bestehen aus drei neben
einander stehenden Gerüsten von Gußeisen, in welchen gußeiserne
Walzen von 8 Zoll Durchmesser fest aufeinander liegen, ohne we-
niger oder stärker gespannt werden zu können. Die Walzen sind
außen herum mit Gerinnen versehen, welche, wenn zwei derselben
gerade aufeinander passen, eine Oeffnung machen, welche den
Querdurchschnitt hat, die dem Drahte gegeben werden soll. Wenn
die Walzen nun gegeneinander umlaufen, so ziehen sie die hinge-
haltene Eisenstange durch diese immer bestehende Oeffnung zwischen
sich hinein und auf der anderen Seite heraus. Das erste Walzen-
gerüste hat drei Walzen mit viereckigen Rinnen über einander, um
den Draht, wenn er ein Walzenpaar passirt ist, auf der andern
Seite sogleich durch das andere Paar hindurch zurückgehen zu lassen.
Das zweite Gerüste, nur aus zwei Walzen bestehend, hat ovale
Löcher, um einen Uebergang zum dritten Gerüste zu machen, das
kreisrunde Oeffnungen hat, und den Draht nicht mehr streckt,
sondern nur formt. Die Walzen werden durch irgend eine bewe-
gende Kraft vermittelst verschiedener Maschinerie in Bewegung
gesetzt3). b) Drahtziehwerke, von denen auch das Geschäft
seinen Namen hat. Das allgemeine Charakteristische derselben ist,
daß die Metallstange nicht durch Walzen gezwängt, sondern durch
harte Platten (Drahtzieheisen), welche mit Löchern versehen
sind, gewaltsam durchgezogen werden. Diese Zieheisen haben trich-
terförmige Löcher, um die Verdünnung allmälig zu bewirken, --

§. 289.
2) Die Drahtzieherei.

Unter Draht1) verſteht man Metallfäden, welche entſtehen,
indem man Metallſtangen durch beſtimmt geformte Löcher mit Ge-
walt durchzwängt, ſo daß ihr Durchmeſſer den des Loches annimmt,
durch das ſie gezwängt wurden, und ihre Länge ſich auf Koſten
der Dicke vergrößert. Man macht ſolchen aus Eiſen, Stahl, Kupfer,
Meſſing, Silber und Gold, auch aus Platina und Zink. Der
Draht erhält dem Querſchnitte nach entweder eine kreisrunde,
oder irgend eine andere, ovale, eckige, halbmondförmige, ſtern-
förmige, roſenförmige u. ſ. w. Geſtalt. Allen nicht runden Draht
nennt man gaufrirt oder façonirt, und es gibt verſchiedene
Dicken des Drahtes, deren Darſtellung aber darum nicht thunlich
iſt, weil jede Fabrik ihre eigenen Dimenſionen und Bezeichnungen
hat2). Die Drahtzieherei beruht alſo auf der Streckung oder
Verlängerung der Metallſtange und man hat dazu zwei Hauptein-
richtungen, nämlich a) Drahtwalzwerke, welche jedoch weniger
als die folgenden in Anwendung ſind. Sie beſtehen aus drei neben
einander ſtehenden Gerüſten von Gußeiſen, in welchen gußeiſerne
Walzen von 8 Zoll Durchmeſſer feſt aufeinander liegen, ohne we-
niger oder ſtärker geſpannt werden zu können. Die Walzen ſind
außen herum mit Gerinnen verſehen, welche, wenn zwei derſelben
gerade aufeinander paſſen, eine Oeffnung machen, welche den
Querdurchſchnitt hat, die dem Drahte gegeben werden ſoll. Wenn
die Walzen nun gegeneinander umlaufen, ſo ziehen ſie die hinge-
haltene Eiſenſtange durch dieſe immer beſtehende Oeffnung zwiſchen
ſich hinein und auf der anderen Seite heraus. Das erſte Walzen-
gerüſte hat drei Walzen mit viereckigen Rinnen über einander, um
den Draht, wenn er ein Walzenpaar paſſirt iſt, auf der andern
Seite ſogleich durch das andere Paar hindurch zurückgehen zu laſſen.
Das zweite Gerüſte, nur aus zwei Walzen beſtehend, hat ovale
Löcher, um einen Uebergang zum dritten Gerüſte zu machen, das
kreisrunde Oeffnungen hat, und den Draht nicht mehr ſtreckt,
ſondern nur formt. Die Walzen werden durch irgend eine bewe-
gende Kraft vermittelſt verſchiedener Maſchinerie in Bewegung
geſetzt3). b) Drahtziehwerke, von denen auch das Geſchäft
ſeinen Namen hat. Das allgemeine Charakteriſtiſche derſelben iſt,
daß die Metallſtange nicht durch Walzen gezwängt, ſondern durch
harte Platten (Drahtzieheiſen), welche mit Löchern verſehen
ſind, gewaltſam durchgezogen werden. Dieſe Zieheiſen haben trich-
terförmige Löcher, um die Verdünnung allmälig zu bewirken, —

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[370/0392] §. 289. 2) Die Drahtzieherei. Unter Draht1) verſteht man Metallfäden, welche entſtehen, indem man Metallſtangen durch beſtimmt geformte Löcher mit Ge- walt durchzwängt, ſo daß ihr Durchmeſſer den des Loches annimmt, durch das ſie gezwängt wurden, und ihre Länge ſich auf Koſten der Dicke vergrößert. Man macht ſolchen aus Eiſen, Stahl, Kupfer, Meſſing, Silber und Gold, auch aus Platina und Zink. Der Draht erhält dem Querſchnitte nach entweder eine kreisrunde, oder irgend eine andere, ovale, eckige, halbmondförmige, ſtern- förmige, roſenförmige u. ſ. w. Geſtalt. Allen nicht runden Draht nennt man gaufrirt oder façonirt, und es gibt verſchiedene Dicken des Drahtes, deren Darſtellung aber darum nicht thunlich iſt, weil jede Fabrik ihre eigenen Dimenſionen und Bezeichnungen hat2). Die Drahtzieherei beruht alſo auf der Streckung oder Verlängerung der Metallſtange und man hat dazu zwei Hauptein- richtungen, nämlich a) Drahtwalzwerke, welche jedoch weniger als die folgenden in Anwendung ſind. Sie beſtehen aus drei neben einander ſtehenden Gerüſten von Gußeiſen, in welchen gußeiſerne Walzen von 8 Zoll Durchmeſſer feſt aufeinander liegen, ohne we- niger oder ſtärker geſpannt werden zu können. Die Walzen ſind außen herum mit Gerinnen verſehen, welche, wenn zwei derſelben gerade aufeinander paſſen, eine Oeffnung machen, welche den Querdurchſchnitt hat, die dem Drahte gegeben werden ſoll. Wenn die Walzen nun gegeneinander umlaufen, ſo ziehen ſie die hinge- haltene Eiſenſtange durch dieſe immer beſtehende Oeffnung zwiſchen ſich hinein und auf der anderen Seite heraus. Das erſte Walzen- gerüſte hat drei Walzen mit viereckigen Rinnen über einander, um den Draht, wenn er ein Walzenpaar paſſirt iſt, auf der andern Seite ſogleich durch das andere Paar hindurch zurückgehen zu laſſen. Das zweite Gerüſte, nur aus zwei Walzen beſtehend, hat ovale Löcher, um einen Uebergang zum dritten Gerüſte zu machen, das kreisrunde Oeffnungen hat, und den Draht nicht mehr ſtreckt, ſondern nur formt. Die Walzen werden durch irgend eine bewe- gende Kraft vermittelſt verſchiedener Maſchinerie in Bewegung geſetzt3). b) Drahtziehwerke, von denen auch das Geſchäft ſeinen Namen hat. Das allgemeine Charakteriſtiſche derſelben iſt, daß die Metallſtange nicht durch Walzen gezwängt, ſondern durch harte Platten (Drahtzieheiſen), welche mit Löchern verſehen ſind, gewaltſam durchgezogen werden. Dieſe Zieheiſen haben trich- terförmige Löcher, um die Verdünnung allmälig zu bewirken, —

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/392>, abgerufen am 25.04.2024.