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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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§. 290.
3) Das Münzwesen.

Unter einer Münze versteht man ein mit den Abzeichen, welche
Gepräge genannt wird, versehenes Metallstück von der Form ei-
nes kreisrunden niederen Cylinders. Die Münzen werden zu ver-
schiedenen Zwecken geschlagen, entweder zum Gebrauche im Ver-
kehre als Tauschmittel (Geldmünzen) oder zur Erinnerung an
wichtige Personen und Ereignisse (Denk- und Schaumünzen)
oder zur Auszeichnung für preiswürdige Thaten (Preis-, Ehren-
münzen oder Medaillen) oder zum Spiele als bloße Marken
(Spielmark-Münzen). Die Kunst, solche Münzen zu fertigen,
heißt Münzkunst und reicht in die bildenden Künste ersten Ranges
hinauf, da es sich oft um kunstreiche Entwürfe handelt, welche
auf denselben dargestellt werden sollen. Man nimmt zu den Münzen
allerlei Metall und Metallcompositionen, aber zu den Geldmünzen
Platina, Gold, Silber und Kupfer, wovon die beiden mittleren
auch zu den feinsten Münzen anderer Art gebraucht werden. Die
Münzung1) zerfällt in folgende Operationen: a) Die Beschickung,
worunter man ursprünglich die Füllung des Tiegels mit der zu
schmelzenden Metallmasse, dann aber jetzt besonders die Mischung
derjenigen Metalle versteht, welche zur Münze zusammengeschmolzen
werden2). Der Schmelzer glüht und schmilzt die ihm vom Münz-
meister übergebenen Metalle in einem Tiegel im Windofen. Der
Münzwardein nimmt aus demselben eine Probe (Tiegelprobe) zur
Untersuchung der Feinheit der Masse. b) Der Guß der Stan-
gen oder Zainen. Hat die Tiegelprobe ihre Richtigkeit, so wird
die ganze Beschickung in ein feuchtes Gemenge von Sand, Thon
und Kohlengestübe, oder in den Planenbogen (d. h. ein nasses
zusammengelegtes Zwillichstück), oder in eiserne Formen gegossen.
c) Das Strecken der Stangen oder Zainen. In dem bis-
herigen Zustande sind die Zainen (Bleche oder Stangen) noch
nicht zu gebrauchen, sie müssen vom Streckmeister platt und
glatt gewalzt (gestreckt) werden und kommen deshalb unter ein
Walz- (Streck-) Werk, nachdem sie in einem Glühofen oder
in einer Glühpfanne durchgeglüht sind3). d) Die Ausstückelung
der Zainen (Münzschienen). Haben die Zainen die gehörige
Gleichförmigkeit und Dicke der zu fabrizirenden Münzen, so schlägt
man (der Durchschneider) aus ihnen die runden Münzscheiben
(Platten) von der erforderlichen Größe. Dies geschieht auf einer
Druckmaschine, welche man Durchschnitt nennt und deren unmit-
telbar auf die Zaine wirkender Theil ein senkrechter Stempel

§. 290.
3) Das Münzweſen.

Unter einer Münze verſteht man ein mit den Abzeichen, welche
Gepräge genannt wird, verſehenes Metallſtück von der Form ei-
nes kreisrunden niederen Cylinders. Die Münzen werden zu ver-
ſchiedenen Zwecken geſchlagen, entweder zum Gebrauche im Ver-
kehre als Tauſchmittel (Geldmünzen) oder zur Erinnerung an
wichtige Perſonen und Ereigniſſe (Denk- und Schaumünzen)
oder zur Auszeichnung für preiswürdige Thaten (Preis-, Ehren-
münzen oder Medaillen) oder zum Spiele als bloße Marken
(Spielmark-Münzen). Die Kunſt, ſolche Münzen zu fertigen,
heißt Münzkunſt und reicht in die bildenden Künſte erſten Ranges
hinauf, da es ſich oft um kunſtreiche Entwürfe handelt, welche
auf denſelben dargeſtellt werden ſollen. Man nimmt zu den Münzen
allerlei Metall und Metallcompoſitionen, aber zu den Geldmünzen
Platina, Gold, Silber und Kupfer, wovon die beiden mittleren
auch zu den feinſten Münzen anderer Art gebraucht werden. Die
Münzung1) zerfällt in folgende Operationen: a) Die Beſchickung,
worunter man urſprünglich die Füllung des Tiegels mit der zu
ſchmelzenden Metallmaſſe, dann aber jetzt beſonders die Miſchung
derjenigen Metalle verſteht, welche zur Münze zuſammengeſchmolzen
werden2). Der Schmelzer glüht und ſchmilzt die ihm vom Münz-
meiſter übergebenen Metalle in einem Tiegel im Windofen. Der
Münzwardein nimmt aus demſelben eine Probe (Tiegelprobe) zur
Unterſuchung der Feinheit der Maſſe. b) Der Guß der Stan-
gen oder Zainen. Hat die Tiegelprobe ihre Richtigkeit, ſo wird
die ganze Beſchickung in ein feuchtes Gemenge von Sand, Thon
und Kohlengeſtübe, oder in den Planenbogen (d. h. ein naſſes
zuſammengelegtes Zwillichſtück), oder in eiſerne Formen gegoſſen.
c) Das Strecken der Stangen oder Zainen. In dem bis-
herigen Zuſtande ſind die Zainen (Bleche oder Stangen) noch
nicht zu gebrauchen, ſie müſſen vom Streckmeiſter platt und
glatt gewalzt (geſtreckt) werden und kommen deshalb unter ein
Walz- (Streck-) Werk, nachdem ſie in einem Glühofen oder
in einer Glühpfanne durchgeglüht ſind3). d) Die Ausſtückelung
der Zainen (Münzſchienen). Haben die Zainen die gehörige
Gleichförmigkeit und Dicke der zu fabrizirenden Münzen, ſo ſchlägt
man (der Durchſchneider) aus ihnen die runden Münzſcheiben
(Platten) von der erforderlichen Größe. Dies geſchieht auf einer
Druckmaſchine, welche man Durchſchnitt nennt und deren unmit-
telbar auf die Zaine wirkender Theil ein ſenkrechter Stempel

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[373/0395] §. 290. 3) Das Münzweſen. Unter einer Münze verſteht man ein mit den Abzeichen, welche Gepräge genannt wird, verſehenes Metallſtück von der Form ei- nes kreisrunden niederen Cylinders. Die Münzen werden zu ver- ſchiedenen Zwecken geſchlagen, entweder zum Gebrauche im Ver- kehre als Tauſchmittel (Geldmünzen) oder zur Erinnerung an wichtige Perſonen und Ereigniſſe (Denk- und Schaumünzen) oder zur Auszeichnung für preiswürdige Thaten (Preis-, Ehren- münzen oder Medaillen) oder zum Spiele als bloße Marken (Spielmark-Münzen). Die Kunſt, ſolche Münzen zu fertigen, heißt Münzkunſt und reicht in die bildenden Künſte erſten Ranges hinauf, da es ſich oft um kunſtreiche Entwürfe handelt, welche auf denſelben dargeſtellt werden ſollen. Man nimmt zu den Münzen allerlei Metall und Metallcompoſitionen, aber zu den Geldmünzen Platina, Gold, Silber und Kupfer, wovon die beiden mittleren auch zu den feinſten Münzen anderer Art gebraucht werden. Die Münzung1) zerfällt in folgende Operationen: a) Die Beſchickung, worunter man urſprünglich die Füllung des Tiegels mit der zu ſchmelzenden Metallmaſſe, dann aber jetzt beſonders die Miſchung derjenigen Metalle verſteht, welche zur Münze zuſammengeſchmolzen werden2). Der Schmelzer glüht und ſchmilzt die ihm vom Münz- meiſter übergebenen Metalle in einem Tiegel im Windofen. Der Münzwardein nimmt aus demſelben eine Probe (Tiegelprobe) zur Unterſuchung der Feinheit der Maſſe. b) Der Guß der Stan- gen oder Zainen. Hat die Tiegelprobe ihre Richtigkeit, ſo wird die ganze Beſchickung in ein feuchtes Gemenge von Sand, Thon und Kohlengeſtübe, oder in den Planenbogen (d. h. ein naſſes zuſammengelegtes Zwillichſtück), oder in eiſerne Formen gegoſſen. c) Das Strecken der Stangen oder Zainen. In dem bis- herigen Zuſtande ſind die Zainen (Bleche oder Stangen) noch nicht zu gebrauchen, ſie müſſen vom Streckmeiſter platt und glatt gewalzt (geſtreckt) werden und kommen deshalb unter ein Walz- (Streck-) Werk, nachdem ſie in einem Glühofen oder in einer Glühpfanne durchgeglüht ſind3). d) Die Ausſtückelung der Zainen (Münzſchienen). Haben die Zainen die gehörige Gleichförmigkeit und Dicke der zu fabrizirenden Münzen, ſo ſchlägt man (der Durchſchneider) aus ihnen die runden Münzſcheiben (Platten) von der erforderlichen Größe. Dies geſchieht auf einer Druckmaſchine, welche man Durchſchnitt nennt und deren unmit- telbar auf die Zaine wirkender Theil ein ſenkrechter Stempel

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/395>, abgerufen am 28.03.2024.