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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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genannt. Dasjenige Einkommen, welches man für die Mitwirkung
zur wirthschaftlichen Production bezieht, heißt ursprüngliches;
dasjenige aber, welches man für nicht wirthschaftlich productive
Unterstützung Anderer, sei es durch Dienste oder Nutzungen, be-
zieht und welches man ohne eine Leistung empfängt, heißt man
abgeleitetes, da es nur aus dem ursprünglichen abgegeben
wird1).

1) So Rau polit. Oeconom. I. §. 251. Lotz Handb. III. 162. 262. storch
Cours,
Uebers. von Rau. I. 173 folg. say Cours IV. p. 55-112. Uebers. von
v. Th IV. 42-86. Anders Hermann Untersuch. S. 313-315., welcher unter
abgeleitetem Einkommen blos das ohne Gegengabe empfangene versteht. S. auch
v. Jacob Nat. Oeconom. §. 694.
§. 422.
B. Die Einkommensarten insbesondere. 1) Natur- oder
Grundrente und Pachtzins
.

In allen Gewerben wirkt die Productivkraft der Natur mehr
oder weniger zur Erzielung des Einkommens mit. In den Urge-
werben ist es die gebundene Naturkraft im Grund und Boden, in
den Kunstgewerben aber sind es ungebundene Naturkräfte, welche
dazu wirksam sind. In sämmtlichen aber verdankt der Gewerb-
treibende einen Theil seines Einkommens den Naturkräften, und
dieser ist die Naturrente (Grund-, Boden-, Landrente, welche
drei Namen die Meinung erweckt haben, als ob es blos in den
Urgewerben eine solche Rente gäbe)1). Vor der Ausbildung des
Eigenthums empfängt sie der Benutzer, nach der Ausbildung des-
selben dagegen der Eigenthümer des Grund und Bodens und der
Benutzer der ungebundenen Naturkraft. Benutzt der Eigenthümer
diese Naturkräfte selbst, dann wird das genannte Einkommen
Grundrente im eigentlichen Sinne (natürliche Grundrente) ge-
nannt; überläßt er sie aber einem Andern zur Benutzung und
empfängt er hierfür eine Vergütung, so heißt dieselbe Pacht-
zins (ausbedungene Grundrente). Dieselbe läßt sich nach einer
andern Beziehung in Sach- und Geldgrundrente unterscheiden.
Jene besteht in den als Rente gewonnenen Naturproducten selbst,
diese aber in den für sie erhaltenen Geldpreisen2). Die Unter-
suchung über die Umstände, wovon die Größe der Grundrente ab-
hängt, hat sich also über diese verschiedenen Arten derselben zu
verbreiten. Es muß sich a) die natürliche Sachgrundrente
nach der Beschaffenheit des Bodens (§. 138.) und nach den Pro-
ducten richten, in welchen der Boden seiner Natur nach etwas
ertragen kann3). Dagegen richtet sich b) die natürliche Geld-

genannt. Dasjenige Einkommen, welches man für die Mitwirkung
zur wirthſchaftlichen Production bezieht, heißt urſprüngliches;
dasjenige aber, welches man für nicht wirthſchaftlich productive
Unterſtützung Anderer, ſei es durch Dienſte oder Nutzungen, be-
zieht und welches man ohne eine Leiſtung empfängt, heißt man
abgeleitetes, da es nur aus dem urſprünglichen abgegeben
wird1).

1) So Rau polit. Oeconom. I. §. 251. Lotz Handb. III. 162. 262. storch
Cours,
Ueberſ. von Rau. I. 173 folg. say Cours IV. p. 55–112. Ueberſ. von
v. Th IV. 42–86. Anders Hermann Unterſuch. S. 313–315., welcher unter
abgeleitetem Einkommen blos das ohne Gegengabe empfangene verſteht. S. auch
v. Jacob Nat. Oeconom. §. 694.
§. 422.
B. Die Einkommensarten insbeſondere. 1) Natur- oder
Grundrente und Pachtzins
.

In allen Gewerben wirkt die Productivkraft der Natur mehr
oder weniger zur Erzielung des Einkommens mit. In den Urge-
werben iſt es die gebundene Naturkraft im Grund und Boden, in
den Kunſtgewerben aber ſind es ungebundene Naturkräfte, welche
dazu wirkſam ſind. In ſämmtlichen aber verdankt der Gewerb-
treibende einen Theil ſeines Einkommens den Naturkräften, und
dieſer iſt die Naturrente (Grund-, Boden-, Landrente, welche
drei Namen die Meinung erweckt haben, als ob es blos in den
Urgewerben eine ſolche Rente gäbe)1). Vor der Ausbildung des
Eigenthums empfängt ſie der Benutzer, nach der Ausbildung des-
ſelben dagegen der Eigenthümer des Grund und Bodens und der
Benutzer der ungebundenen Naturkraft. Benutzt der Eigenthümer
dieſe Naturkräfte ſelbſt, dann wird das genannte Einkommen
Grundrente im eigentlichen Sinne (natürliche Grundrente) ge-
nannt; überläßt er ſie aber einem Andern zur Benutzung und
empfängt er hierfür eine Vergütung, ſo heißt dieſelbe Pacht-
zins (ausbedungene Grundrente). Dieſelbe läßt ſich nach einer
andern Beziehung in Sach- und Geldgrundrente unterſcheiden.
Jene beſteht in den als Rente gewonnenen Naturproducten ſelbſt,
dieſe aber in den für ſie erhaltenen Geldpreiſen2). Die Unter-
ſuchung über die Umſtände, wovon die Größe der Grundrente ab-
hängt, hat ſich alſo über dieſe verſchiedenen Arten derſelben zu
verbreiten. Es muß ſich a) die natürliche Sachgrundrente
nach der Beſchaffenheit des Bodens (§. 138.) und nach den Pro-
ducten richten, in welchen der Boden ſeiner Natur nach etwas
ertragen kann3). Dagegen richtet ſich b) die natürliche Geld-

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[591/0613] genannt. Dasjenige Einkommen, welches man für die Mitwirkung zur wirthſchaftlichen Production bezieht, heißt urſprüngliches; dasjenige aber, welches man für nicht wirthſchaftlich productive Unterſtützung Anderer, ſei es durch Dienſte oder Nutzungen, be- zieht und welches man ohne eine Leiſtung empfängt, heißt man abgeleitetes, da es nur aus dem urſprünglichen abgegeben wird1). ¹⁾ So Rau polit. Oeconom. I. §. 251. Lotz Handb. III. 162. 262. storch Cours, Ueberſ. von Rau. I. 173 folg. say Cours IV. p. 55–112. Ueberſ. von v. Th IV. 42–86. Anders Hermann Unterſuch. S. 313–315., welcher unter abgeleitetem Einkommen blos das ohne Gegengabe empfangene verſteht. S. auch v. Jacob Nat. Oeconom. §. 694. §. 422. B. Die Einkommensarten insbeſondere. 1) Natur- oder Grundrente und Pachtzins. In allen Gewerben wirkt die Productivkraft der Natur mehr oder weniger zur Erzielung des Einkommens mit. In den Urge- werben iſt es die gebundene Naturkraft im Grund und Boden, in den Kunſtgewerben aber ſind es ungebundene Naturkräfte, welche dazu wirkſam ſind. In ſämmtlichen aber verdankt der Gewerb- treibende einen Theil ſeines Einkommens den Naturkräften, und dieſer iſt die Naturrente (Grund-, Boden-, Landrente, welche drei Namen die Meinung erweckt haben, als ob es blos in den Urgewerben eine ſolche Rente gäbe)1). Vor der Ausbildung des Eigenthums empfängt ſie der Benutzer, nach der Ausbildung des- ſelben dagegen der Eigenthümer des Grund und Bodens und der Benutzer der ungebundenen Naturkraft. Benutzt der Eigenthümer dieſe Naturkräfte ſelbſt, dann wird das genannte Einkommen Grundrente im eigentlichen Sinne (natürliche Grundrente) ge- nannt; überläßt er ſie aber einem Andern zur Benutzung und empfängt er hierfür eine Vergütung, ſo heißt dieſelbe Pacht- zins (ausbedungene Grundrente). Dieſelbe läßt ſich nach einer andern Beziehung in Sach- und Geldgrundrente unterſcheiden. Jene beſteht in den als Rente gewonnenen Naturproducten ſelbſt, dieſe aber in den für ſie erhaltenen Geldpreiſen2). Die Unter- ſuchung über die Umſtände, wovon die Größe der Grundrente ab- hängt, hat ſich alſo über dieſe verſchiedenen Arten derſelben zu verbreiten. Es muß ſich a) die natürliche Sachgrundrente nach der Beſchaffenheit des Bodens (§. 138.) und nach den Pro- ducten richten, in welchen der Boden ſeiner Natur nach etwas ertragen kann3). Dagegen richtet ſich b) die natürliche Geld-

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/613>, abgerufen am 20.04.2024.