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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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lich Vermögenssteuern. Je größer aber das Mißverhältniß zwischen Steuer und
Einkommen, oder je unsicherer die Schätzung des Letzteren wird, desto mehr nähert
sich die Steuer der Natur der Vermögenssteuer.
4) Dies ist mehr oder weniger bei allen directen Steuern, namentlich bei den
Klassen- und Personensteuern, der Fall, aber Einer von den größten Fehlern, denen
man die Ungleichheiten der Besteuerung zu verdanken hat. Welche Mißverhältnisse
bestehen zwischen der Familie und dem Einkommen bei der ärmern Klasse im Ver-
gleiche mit den Reicheren.
5) Hierin liegt eine bedeutende Unvollkommenheit. Man strebt immer mehr
dahin, die nationalöconomischen Einkommenszweige, wie sie weiter oben dargestellt
worden sind (§. 421. flg.), rein und abgesondert zu besteuern, ohne zu bedenken, daß
dies nach der Natur der Sache und nach unseren Kenntnissen unmöglich ist. Als
Hauptsteuern vom Einkommen kennen wir nur die Grund- und Gewerbesteuer. An-
genommen, ihre Umlage sei so weit den Steuergrundsätzen gemäß, wie sehr ist dabei
der Unterschied der verschiedenen Einkommenszweige nicht vernachlässigt! Wie sehr
sind die Grundrente, Arbeitsrente, Capitalrente und Gewerbsgewinn durcheinander
geworfen! Allein man gebe sich nur nicht der Täuschung durch die Theorie hin, wel-
che verlangt und für möglich hält, daß man jede derselben besonders besteure. Dies
ist unmöglich, ebenso wie es unmöglich ist, nach Einer der Güterquellen ganz allein
ein Einkommen zu beziehen. Die Besteuerung des Einkommens muß also vom Er-
werbe oder Gewerbe ausgehen. Die Einkommenssteuern müssen Gewerbsteuern
sein. Denn die Steuern sind nur gleich, wenn die Steuerlast gleich ist, aber noch
nicht, wenn das Steuerprozent dasselbe ist. Die dem Prozente nach gleiche Steuer-
last aber wird verschieden sein, je nach der Schwierigkeit des Erwerbes (also nach
der Quelle des Einkommens) und nach dem Verhältnisse desselben zum Leben des
Bürgers nebst Familie. Eine richtige Verschiedenheit der Besteuerung des Ein-
kommens oder als Folge hiervon, eine wahre relative Gleichheit der Besteuerungs-
last kann nur erzielt werden durch die Abtheilung und verschiedene Besteuerung nach
den Gewerben, weil in ihnen die Güterquellen auf die verschiedenste Art und in
den verschiedensten Graden wirksam sind, ohne getrennt werden zu können. Näher
bezeichnet, es sollte eine Urgewerbs-, Kunstgewerbs-, Handels-, Leih-
gewerbs-, und Dienstgewerbssteuer geben, nicht, weil in einem kameralisti-
schen Systeme diese Einleitung beliebte, sondern weil in der Natur der Sache eine
wesentliche Verschiedenheit dieser Gewerbe nach der Schwierigkeit des Erwerbes und
nach dem Verhältnisse des möglichen Einkommens zum Lebensbedarfe gegründet ist.
Je mehr die Natur und das Capital bei dem Erwerbe wirkt, um so leichter, je
mehr aber die Arbeit des Menschen dabei thun muß, um so schwerer ist der Er-
werb. Da die Höhe des Steuerprozentes mit der Schwierigkeit des Letztern in um-
gekehrtem, mit dessen Leichtigkeit aber in geradem Verhältnisse stehen muß, so folgt
hieraus, daß das Prozent der Dienstgewerbsteuer das niedrigste sein und rücksichtlich
der Höhe diesem in zunehmender Progression das Steuerprozent der Handel-, Kunst-
gewerb-, Urgewerb- und Leihgewerbsteuer folgen müßte. Die Ermittelung des
Ertrages einer jeden dieser Gewerbsarten unterliegt so verschiedenen Regeln, daß
schon darum ein Zusammenwerfen derselben unter eine Vorschrift ein großer Fehler
ist. Aber nach Ermittelung derselben muß auch der Grundsatz des steigenden Steuer-
prozentes bei den verschiedenen Größen des Reinertrages klassenweise bei jeder einzel-
nen Steuerart angewendet werden.
6) S. v. Malchus. Bd. II. in den Tabellen. Meine Versuche S. 203
Tabelle.
§. 492.
2) Einzelne Arten der Einkommenssteuern. a) Urge-
werbsteuer.

Der Urgewerbsteuer sind die Land- und Forstwirthe und
die Bergbauer mit dem Reinertrage ihrer Gewerbe unterworfen,

lich Vermögensſteuern. Je größer aber das Mißverhältniß zwiſchen Steuer und
Einkommen, oder je unſicherer die Schätzung des Letzteren wird, deſto mehr nähert
ſich die Steuer der Natur der Vermögensſteuer.
4) Dies iſt mehr oder weniger bei allen directen Steuern, namentlich bei den
Klaſſen- und Perſonenſteuern, der Fall, aber Einer von den größten Fehlern, denen
man die Ungleichheiten der Beſteuerung zu verdanken hat. Welche Mißverhältniſſe
beſtehen zwiſchen der Familie und dem Einkommen bei der ärmern Klaſſe im Ver-
gleiche mit den Reicheren.
5) Hierin liegt eine bedeutende Unvollkommenheit. Man ſtrebt immer mehr
dahin, die nationalöconomiſchen Einkommenszweige, wie ſie weiter oben dargeſtellt
worden ſind (§. 421. flg.), rein und abgeſondert zu beſteuern, ohne zu bedenken, daß
dies nach der Natur der Sache und nach unſeren Kenntniſſen unmöglich iſt. Als
Hauptſteuern vom Einkommen kennen wir nur die Grund- und Gewerbeſteuer. An-
genommen, ihre Umlage ſei ſo weit den Steuergrundſätzen gemäß, wie ſehr iſt dabei
der Unterſchied der verſchiedenen Einkommenszweige nicht vernachläſſigt! Wie ſehr
ſind die Grundrente, Arbeitsrente, Capitalrente und Gewerbsgewinn durcheinander
geworfen! Allein man gebe ſich nur nicht der Täuſchung durch die Theorie hin, wel-
che verlangt und für möglich hält, daß man jede derſelben beſonders beſteure. Dies
iſt unmöglich, ebenſo wie es unmöglich iſt, nach Einer der Güterquellen ganz allein
ein Einkommen zu beziehen. Die Beſteuerung des Einkommens muß alſo vom Er-
werbe oder Gewerbe ausgehen. Die Einkommensſteuern müſſen Gewerbſteuern
ſein. Denn die Steuern ſind nur gleich, wenn die Steuerlaſt gleich iſt, aber noch
nicht, wenn das Steuerprozent daſſelbe iſt. Die dem Prozente nach gleiche Steuer-
laſt aber wird verſchieden ſein, je nach der Schwierigkeit des Erwerbes (alſo nach
der Quelle des Einkommens) und nach dem Verhältniſſe deſſelben zum Leben des
Bürgers nebſt Familie. Eine richtige Verſchiedenheit der Beſteuerung des Ein-
kommens oder als Folge hiervon, eine wahre relative Gleichheit der Beſteuerungs-
laſt kann nur erzielt werden durch die Abtheilung und verſchiedene Beſteuerung nach
den Gewerben, weil in ihnen die Güterquellen auf die verſchiedenſte Art und in
den verſchiedenſten Graden wirkſam ſind, ohne getrennt werden zu können. Näher
bezeichnet, es ſollte eine Urgewerbs-, Kunſtgewerbs-, Handels-, Leih-
gewerbs-, und Dienſtgewerbsſteuer geben, nicht, weil in einem kameraliſti-
ſchen Syſteme dieſe Einleitung beliebte, ſondern weil in der Natur der Sache eine
weſentliche Verſchiedenheit dieſer Gewerbe nach der Schwierigkeit des Erwerbes und
nach dem Verhältniſſe des möglichen Einkommens zum Lebensbedarfe gegründet iſt.
Je mehr die Natur und das Capital bei dem Erwerbe wirkt, um ſo leichter, je
mehr aber die Arbeit des Menſchen dabei thun muß, um ſo ſchwerer iſt der Er-
werb. Da die Höhe des Steuerprozentes mit der Schwierigkeit des Letztern in um-
gekehrtem, mit deſſen Leichtigkeit aber in geradem Verhältniſſe ſtehen muß, ſo folgt
hieraus, daß das Prozent der Dienſtgewerbſteuer das niedrigſte ſein und rückſichtlich
der Höhe dieſem in zunehmender Progreſſion das Steuerprozent der Handel-, Kunſt-
gewerb-, Urgewerb- und Leihgewerbſteuer folgen müßte. Die Ermittelung des
Ertrages einer jeden dieſer Gewerbsarten unterliegt ſo verſchiedenen Regeln, daß
ſchon darum ein Zuſammenwerfen derſelben unter eine Vorſchrift ein großer Fehler
iſt. Aber nach Ermittelung derſelben muß auch der Grundſatz des ſteigenden Steuer-
prozentes bei den verſchiedenen Größen des Reinertrages klaſſenweiſe bei jeder einzel-
nen Steuerart angewendet werden.
6) S. v. Malchus. Bd. II. in den Tabellen. Meine Verſuche S. 203
Tabelle.
§. 492.
2) Einzelne Arten der Einkommensſteuern. a) Urge-
werbſteuer.

Der Urgewerbſteuer ſind die Land- und Forſtwirthe und
die Bergbauer mit dem Reinertrage ihrer Gewerbe unterworfen,

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[729/0751] ³⁾ lich Vermögensſteuern. Je größer aber das Mißverhältniß zwiſchen Steuer und Einkommen, oder je unſicherer die Schätzung des Letzteren wird, deſto mehr nähert ſich die Steuer der Natur der Vermögensſteuer. ⁴⁾ Dies iſt mehr oder weniger bei allen directen Steuern, namentlich bei den Klaſſen- und Perſonenſteuern, der Fall, aber Einer von den größten Fehlern, denen man die Ungleichheiten der Beſteuerung zu verdanken hat. Welche Mißverhältniſſe beſtehen zwiſchen der Familie und dem Einkommen bei der ärmern Klaſſe im Ver- gleiche mit den Reicheren. ⁵⁾ Hierin liegt eine bedeutende Unvollkommenheit. Man ſtrebt immer mehr dahin, die nationalöconomiſchen Einkommenszweige, wie ſie weiter oben dargeſtellt worden ſind (§. 421. flg.), rein und abgeſondert zu beſteuern, ohne zu bedenken, daß dies nach der Natur der Sache und nach unſeren Kenntniſſen unmöglich iſt. Als Hauptſteuern vom Einkommen kennen wir nur die Grund- und Gewerbeſteuer. An- genommen, ihre Umlage ſei ſo weit den Steuergrundſätzen gemäß, wie ſehr iſt dabei der Unterſchied der verſchiedenen Einkommenszweige nicht vernachläſſigt! Wie ſehr ſind die Grundrente, Arbeitsrente, Capitalrente und Gewerbsgewinn durcheinander geworfen! Allein man gebe ſich nur nicht der Täuſchung durch die Theorie hin, wel- che verlangt und für möglich hält, daß man jede derſelben beſonders beſteure. Dies iſt unmöglich, ebenſo wie es unmöglich iſt, nach Einer der Güterquellen ganz allein ein Einkommen zu beziehen. Die Beſteuerung des Einkommens muß alſo vom Er- werbe oder Gewerbe ausgehen. Die Einkommensſteuern müſſen Gewerbſteuern ſein. Denn die Steuern ſind nur gleich, wenn die Steuerlaſt gleich iſt, aber noch nicht, wenn das Steuerprozent daſſelbe iſt. Die dem Prozente nach gleiche Steuer- laſt aber wird verſchieden ſein, je nach der Schwierigkeit des Erwerbes (alſo nach der Quelle des Einkommens) und nach dem Verhältniſſe deſſelben zum Leben des Bürgers nebſt Familie. Eine richtige Verſchiedenheit der Beſteuerung des Ein- kommens oder als Folge hiervon, eine wahre relative Gleichheit der Beſteuerungs- laſt kann nur erzielt werden durch die Abtheilung und verſchiedene Beſteuerung nach den Gewerben, weil in ihnen die Güterquellen auf die verſchiedenſte Art und in den verſchiedenſten Graden wirkſam ſind, ohne getrennt werden zu können. Näher bezeichnet, es ſollte eine Urgewerbs-, Kunſtgewerbs-, Handels-, Leih- gewerbs-, und Dienſtgewerbsſteuer geben, nicht, weil in einem kameraliſti- ſchen Syſteme dieſe Einleitung beliebte, ſondern weil in der Natur der Sache eine weſentliche Verſchiedenheit dieſer Gewerbe nach der Schwierigkeit des Erwerbes und nach dem Verhältniſſe des möglichen Einkommens zum Lebensbedarfe gegründet iſt. Je mehr die Natur und das Capital bei dem Erwerbe wirkt, um ſo leichter, je mehr aber die Arbeit des Menſchen dabei thun muß, um ſo ſchwerer iſt der Er- werb. Da die Höhe des Steuerprozentes mit der Schwierigkeit des Letztern in um- gekehrtem, mit deſſen Leichtigkeit aber in geradem Verhältniſſe ſtehen muß, ſo folgt hieraus, daß das Prozent der Dienſtgewerbſteuer das niedrigſte ſein und rückſichtlich der Höhe dieſem in zunehmender Progreſſion das Steuerprozent der Handel-, Kunſt- gewerb-, Urgewerb- und Leihgewerbſteuer folgen müßte. Die Ermittelung des Ertrages einer jeden dieſer Gewerbsarten unterliegt ſo verſchiedenen Regeln, daß ſchon darum ein Zuſammenwerfen derſelben unter eine Vorſchrift ein großer Fehler iſt. Aber nach Ermittelung derſelben muß auch der Grundſatz des ſteigenden Steuer- prozentes bei den verſchiedenen Größen des Reinertrages klaſſenweiſe bei jeder einzel- nen Steuerart angewendet werden. ⁶⁾ S. v. Malchus. Bd. II. in den Tabellen. Meine Verſuche S. 203 Tabelle. §. 492. 2) Einzelne Arten der Einkommensſteuern. a) Urge- werbſteuer. Der Urgewerbſteuer ſind die Land- und Forſtwirthe und die Bergbauer mit dem Reinertrage ihrer Gewerbe unterworfen,

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/751>, abgerufen am 24.04.2024.