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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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absehen will, man müßte denn den Ueberschuß als das wirthschaftliche Produkt an-
sehen, und nicht auch, was sonst noch im eigentlichen Produkte enthalten ist.
Die Bezahlung des Geldwerthes allein kann nicht die wirthschaftliche Vollendung
einer Produktion bestimmen, da man auch andere Güter gegen das Produkt einge-
tauscht haben oder es für sich zum Gebrauche behalten kann (Note 3.).
3) Die Wirthschaft geschieht zwar nur mit Gütern von Gebrauchs- und
Tauschwerth (§. 39.). Allein daraus folgt noch nicht, daß auch alle producirten
Güter vertauscht werden müssen. Z. B. die Kleider, welche ein Schneider, die
Schuhe, welche ein Schuster für sich und seine Familie selbst macht; ein Landgut
mit allerlei technischen Nutzungen, z. B. Mühlen, Brauereien, mit Viehzucht,
welche das vom Ackerbaue gelieferte Futter braucht, gibt viele Beispiele davon, daß
nicht alle Produkte vertauscht zu werden brauchen, sondern vom Wirthe selbst wie-
der verwendet werden.
§. 52.
Fortsetzung.

Die Produktion ist daher sowohl von der Seite des Produ-
zenten, als auch von jener des Consumenten zu betrachten
(§. 50.). Bei jenem ist das Ziel der technischen, bei diesem aber
das Ziel der wirthschaftlichen Produktion. Denn dieser erstattet
jenem, wenn es auch eine und dieselbe Person ist, den Produktions-
aufwand und verschafft jenem in der lezten Instanz den Produk-
tionsüberschuß. Es sind demnach unter obigen (§. 50.) Bedingnissen
noch alle Gewerbe produktiv zu nennen, welche auf ein Produkt
fördernd wirken nach dem technischen Produzenten bis zur Ablie-
ferung an den Consumenten1). Die Bedingungen der Produktivität
der Gewerbe für den Consumenten2) sind daher: 1) daß das Gut
seinen Zwecken entspreche; es wird um so mehr begehrt, je größer
sein Werth ist (§. 39.); 2) daß es mit der möglichst geringsten
Aufopferung in seinen ausschließlichen Besitz komme; bei gleicher
Aufopferung gibt also seine technische Vollkommenheit und sein
Werth, dagegen bei wirklicher Gleichheit dieser beiden bei Gütern
die geringste Aufopferung, beim Begehre den Ausschlag. Es ist
folglich produktiv auf Seiten des Consumenten jede Leistung,
a) welche ihm ihre Erzeugnisse um keine höhere Aufopferung ver-
schafft, als um welche er sie sonst erlangen könnte; b) welche ihm
um diese Aufopferung werthvolle Produkte verschafft, und c) bei
welcher die Aufopferung überhaupt das Werthsverhältniß des Gutes
nicht übersteigt3).

1) Auch hier ist die Frage über die Produktivität der Gewerbe eine doppelte.
Privatwirthschaftlich wird sie unstreitig bejaht. Volkswirthschaftlich ist sie am be-
strittensten.
2) Sie sind für die Produktivität der Gewerbe auf Seiten des Producenten
schon in: §. 50. angegeben.
3) Einseitig hat daher Hermann (staatswirthsch. Untersuchungen. S. 31.)
die Bedingungen bestimmt, da er behauptet, produktiv auf Seiten des Consumenten
abſehen will, man müßte denn den Ueberſchuß als das wirthſchaftliche Produkt an-
ſehen, und nicht auch, was ſonſt noch im eigentlichen Produkte enthalten iſt.
Die Bezahlung des Geldwerthes allein kann nicht die wirthſchaftliche Vollendung
einer Produktion beſtimmen, da man auch andere Güter gegen das Produkt einge-
tauſcht haben oder es für ſich zum Gebrauche behalten kann (Note 3.).
3) Die Wirthſchaft geſchieht zwar nur mit Gütern von Gebrauchs- und
Tauſchwerth (§. 39.). Allein daraus folgt noch nicht, daß auch alle producirten
Güter vertauſcht werden müſſen. Z. B. die Kleider, welche ein Schneider, die
Schuhe, welche ein Schuſter für ſich und ſeine Familie ſelbſt macht; ein Landgut
mit allerlei techniſchen Nutzungen, z. B. Mühlen, Brauereien, mit Viehzucht,
welche das vom Ackerbaue gelieferte Futter braucht, gibt viele Beiſpiele davon, daß
nicht alle Produkte vertauſcht zu werden brauchen, ſondern vom Wirthe ſelbſt wie-
der verwendet werden.
§. 52.
Fortſetzung.

Die Produktion iſt daher ſowohl von der Seite des Produ-
zenten, als auch von jener des Conſumenten zu betrachten
(§. 50.). Bei jenem iſt das Ziel der techniſchen, bei dieſem aber
das Ziel der wirthſchaftlichen Produktion. Denn dieſer erſtattet
jenem, wenn es auch eine und dieſelbe Perſon iſt, den Produktions-
aufwand und verſchafft jenem in der lezten Inſtanz den Produk-
tionsüberſchuß. Es ſind demnach unter obigen (§. 50.) Bedingniſſen
noch alle Gewerbe produktiv zu nennen, welche auf ein Produkt
fördernd wirken nach dem techniſchen Produzenten bis zur Ablie-
ferung an den Conſumenten1). Die Bedingungen der Produktivität
der Gewerbe für den Conſumenten2) ſind daher: 1) daß das Gut
ſeinen Zwecken entſpreche; es wird um ſo mehr begehrt, je größer
ſein Werth iſt (§. 39.); 2) daß es mit der möglichſt geringſten
Aufopferung in ſeinen ausſchließlichen Beſitz komme; bei gleicher
Aufopferung gibt alſo ſeine techniſche Vollkommenheit und ſein
Werth, dagegen bei wirklicher Gleichheit dieſer beiden bei Gütern
die geringſte Aufopferung, beim Begehre den Ausſchlag. Es iſt
folglich produktiv auf Seiten des Conſumenten jede Leiſtung,
a) welche ihm ihre Erzeugniſſe um keine höhere Aufopferung ver-
ſchafft, als um welche er ſie ſonſt erlangen könnte; b) welche ihm
um dieſe Aufopferung werthvolle Produkte verſchafft, und c) bei
welcher die Aufopferung überhaupt das Werthsverhältniß des Gutes
nicht überſteigt3).

1) Auch hier iſt die Frage über die Produktivität der Gewerbe eine doppelte.
Privatwirthſchaftlich wird ſie unſtreitig bejaht. Volkswirthſchaftlich iſt ſie am be-
ſtrittenſten.
2) Sie ſind für die Produktivität der Gewerbe auf Seiten des Producenten
ſchon in: §. 50. angegeben.
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[72/0094] ²⁾ abſehen will, man müßte denn den Ueberſchuß als das wirthſchaftliche Produkt an- ſehen, und nicht auch, was ſonſt noch im eigentlichen Produkte enthalten iſt. Die Bezahlung des Geldwerthes allein kann nicht die wirthſchaftliche Vollendung einer Produktion beſtimmen, da man auch andere Güter gegen das Produkt einge- tauſcht haben oder es für ſich zum Gebrauche behalten kann (Note 3.). ³⁾ Die Wirthſchaft geſchieht zwar nur mit Gütern von Gebrauchs- und Tauſchwerth (§. 39.). Allein daraus folgt noch nicht, daß auch alle producirten Güter vertauſcht werden müſſen. Z. B. die Kleider, welche ein Schneider, die Schuhe, welche ein Schuſter für ſich und ſeine Familie ſelbſt macht; ein Landgut mit allerlei techniſchen Nutzungen, z. B. Mühlen, Brauereien, mit Viehzucht, welche das vom Ackerbaue gelieferte Futter braucht, gibt viele Beiſpiele davon, daß nicht alle Produkte vertauſcht zu werden brauchen, ſondern vom Wirthe ſelbſt wie- der verwendet werden. §. 52. Fortſetzung. Die Produktion iſt daher ſowohl von der Seite des Produ- zenten, als auch von jener des Conſumenten zu betrachten (§. 50.). Bei jenem iſt das Ziel der techniſchen, bei dieſem aber das Ziel der wirthſchaftlichen Produktion. Denn dieſer erſtattet jenem, wenn es auch eine und dieſelbe Perſon iſt, den Produktions- aufwand und verſchafft jenem in der lezten Inſtanz den Produk- tionsüberſchuß. Es ſind demnach unter obigen (§. 50.) Bedingniſſen noch alle Gewerbe produktiv zu nennen, welche auf ein Produkt fördernd wirken nach dem techniſchen Produzenten bis zur Ablie- ferung an den Conſumenten1). Die Bedingungen der Produktivität der Gewerbe für den Conſumenten2) ſind daher: 1) daß das Gut ſeinen Zwecken entſpreche; es wird um ſo mehr begehrt, je größer ſein Werth iſt (§. 39.); 2) daß es mit der möglichſt geringſten Aufopferung in ſeinen ausſchließlichen Beſitz komme; bei gleicher Aufopferung gibt alſo ſeine techniſche Vollkommenheit und ſein Werth, dagegen bei wirklicher Gleichheit dieſer beiden bei Gütern die geringſte Aufopferung, beim Begehre den Ausſchlag. Es iſt folglich produktiv auf Seiten des Conſumenten jede Leiſtung, a) welche ihm ihre Erzeugniſſe um keine höhere Aufopferung ver- ſchafft, als um welche er ſie ſonſt erlangen könnte; b) welche ihm um dieſe Aufopferung werthvolle Produkte verſchafft, und c) bei welcher die Aufopferung überhaupt das Werthsverhältniß des Gutes nicht überſteigt3). ¹⁾ Auch hier iſt die Frage über die Produktivität der Gewerbe eine doppelte. Privatwirthſchaftlich wird ſie unſtreitig bejaht. Volkswirthſchaftlich iſt ſie am be- ſtrittenſten. ²⁾ Sie ſind für die Produktivität der Gewerbe auf Seiten des Producenten ſchon in: §. 50. angegeben. ³⁾ Einſeitig hat daher Hermann (ſtaatswirthſch. Unterſuchungen. S. 31.) die Bedingungen beſtimmt, da er behauptet, produktiv auf Seiten des Conſumenten

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/94>, abgerufen am 24.04.2024.