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Bebel, August: Die Sozialdemokratie und das Allgemeine Stimmrecht. Berlin, 1895.

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neues Wahlgesetz berieth und beschloß. Das von dieser Kammer beschlossene Wahl-
gesetz ist bis heute noch in Kraft.

Darnach besteht die hessische zweite Kammer aus 50 Abgeordneten, von
welchen 10 die größeren Städte (Darmstadt und Mainz je 2, Gießen, Offenbach,
Worms, Alzen und Bingen je 1) wählen und die 40 anderen das übrige Land
wählt. Von diesen 40 Abgeordneten kommen 17 auf die Provinz Starkenburg,
13 auf Oberhessen. 10 auf Rheinhessen.

Die Wahlen sind indirekt. Urwähler ist jeder hessische Staatsangehörige, der seit
mindestens 3 Jahren im Lande wohnt, seit Beginn des Jahres, in dem die Wahl statt-
findet, eine Einkommensteuer entrichtet und das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat. Für
den Ausschluß von der Wahl gelten die gleichen Bestimmungen wie im Reichswahlgesetz.

Als Wahlmann kann gewählt werden, wer die Bedingungen als Urwähler
erfüllt, außerdem in der Gemeinde, in der er ausgestellt wird, stimmberechtigt ist und
an direkten Staatssteuern jährlich mindestens 17 Mk. bezahlt. Zum Abgeordneten
kann jeder stimmberechtigte Urwähler gewählt werden. Die Wahl der Wahlmänner
und der Abgeordneten erfolgt auf 6 Jahre. Der Antrag aus Einführung des allgemeinen
gleichen und direkten Wahlrechts ist mehrfach von den ultramontanen Abgeordneten
der Kammer gestellt worden, fand aber an der nationalliberalen Mehrheit stets
seinen Gegner. Seltsamer Zustand. Jn Preußen und Bayern verhalten sich die
Zentrumsabgeordneten gegen das allgemeine Stimmrecht gleichgültig oder direkt feind-
lich, in Hessen stimmen sie für dasselbe. Das Geheimniß dieser widersprechenden
Haltung ein und derselben Partei in den verschiedenen Landtagen liegt darin, daß man
nicht nach Prinzipien und Grundsätzen handelt, sondern nach Gründen der Opportunität
(Zweckmäßigkeit). Jn Preußen und Bayern hat das Zentrum durch Gewährung
des allgemeinen Stimmrechts nichts zu gewinnen, sondern kann nur an die Sozial-
demokraten verlieren, außerdem will es dieselben aus den Kammern fernhalten.
Jn Hessen hofft umgekehrt das Zentrum durch das allgemeine Wahlrecht zu gewinnen.

Es zeigt sich auch hier wieder, daß die einzige Partei, die wirkliche Prinzipien-
politik betreibt und feste Grundsätze für ihr Handeln maßgebend sein läßt, die
sozialdemokratische ist.

Braunschweig.

Jm Jahre 1830 machten die guten Braunschweiger einen Aufstand, der die
Verjagung des Herzogs Karl bewirkte, worauf sein Bruder die Regierung über-
nahm. Der verjagte Herzog erließ darauf am 7. September eine Proklamation,
in der er das Versprechen gab, das allgemeine Wahlrecht einzuführen. Es half
ihm nichts. 1832 trat eine Verfassung in Kraft, auf Grund welcher der Landtag
aus 10 Abgeordneten der Ritterschaft, 12 Deputirten der Städte, 10 der Land-
bewohner und 16 Abgeordneten der drei Standesklassen bestand.

Das Jahr 1848 änderte diese Einrichtungen dahin ab, daß die Städte
10 Wahlkreise bildeten mit je 2 Abgeordneten, und die Landgemeinden 18 Wahl-
kreise, von welchen 16 ebenfalls je 2 Abgeordneten wählten. Der eine Abgeordnete
eines Wahlkreises wurde von sämmtlichen Stimmberechtigten (Wähler war jeder
über 25 Jahre alte unbescholtene Braunschweiger) nach gleichem und direktem
Wahlrecht gewählt, den zweiten Abgeordneten wählten die Höchstbesteuerten. Diese
letzteren wählten im ganzen Lande 26 von 64 Abgeordneten.

Die Reaktionsjahre brachten auch für Braunschweig einen Rückschritt. Jm
November 1851 hob der Landtag selbst auf Antrag der Regierung das alte Wahl-
gesetz auf und schuf ein neues, das noch heute in Geltung ist. Darnach besteht
der Landtag aus 46 Abgeordneten, von welchen die Städte 10, die Landgemeinden
12, die Höchstbesteuerten 21 und die Geistlichkeit der evangelischen Kirche 3 wählt.
Die beiden letztgenannten Wahlkategorien, eine winzige Minorität der Bevölkerung,
wählen also die Mehrheit des Landtages. Damit aber ja kein oppositioneller
Geist in die Landesvertretung eindringen kann, wurde weiter bestimmt, daß die
Vertreter der Städte und Landgemeinden durch indirekte Wahl gewählt werden.

neues Wahlgesetz berieth und beschloß. Das von dieser Kammer beschlossene Wahl-
gesetz ist bis heute noch in Kraft.

Darnach besteht die hessische zweite Kammer aus 50 Abgeordneten, von
welchen 10 die größeren Städte (Darmstadt und Mainz je 2, Gießen, Offenbach,
Worms, Alzen und Bingen je 1) wählen und die 40 anderen das übrige Land
wählt. Von diesen 40 Abgeordneten kommen 17 auf die Provinz Starkenburg,
13 auf Oberhessen. 10 auf Rheinhessen.

Die Wahlen sind indirekt. Urwähler ist jeder hessische Staatsangehörige, der seit
mindestens 3 Jahren im Lande wohnt, seit Beginn des Jahres, in dem die Wahl statt-
findet, eine Einkommensteuer entrichtet und das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat. Für
den Ausschluß von der Wahl gelten die gleichen Bestimmungen wie im Reichswahlgesetz.

Als Wahlmann kann gewählt werden, wer die Bedingungen als Urwähler
erfüllt, außerdem in der Gemeinde, in der er ausgestellt wird, stimmberechtigt ist und
an direkten Staatssteuern jährlich mindestens 17 Mk. bezahlt. Zum Abgeordneten
kann jeder stimmberechtigte Urwähler gewählt werden. Die Wahl der Wahlmänner
und der Abgeordneten erfolgt auf 6 Jahre. Der Antrag aus Einführung des allgemeinen
gleichen und direkten Wahlrechts ist mehrfach von den ultramontanen Abgeordneten
der Kammer gestellt worden, fand aber an der nationalliberalen Mehrheit stets
seinen Gegner. Seltsamer Zustand. Jn Preußen und Bayern verhalten sich die
Zentrumsabgeordneten gegen das allgemeine Stimmrecht gleichgültig oder direkt feind-
lich, in Hessen stimmen sie für dasselbe. Das Geheimniß dieser widersprechenden
Haltung ein und derselben Partei in den verschiedenen Landtagen liegt darin, daß man
nicht nach Prinzipien und Grundsätzen handelt, sondern nach Gründen der Opportunität
(Zweckmäßigkeit). Jn Preußen und Bayern hat das Zentrum durch Gewährung
des allgemeinen Stimmrechts nichts zu gewinnen, sondern kann nur an die Sozial-
demokraten verlieren, außerdem will es dieselben aus den Kammern fernhalten.
Jn Hessen hofft umgekehrt das Zentrum durch das allgemeine Wahlrecht zu gewinnen.

Es zeigt sich auch hier wieder, daß die einzige Partei, die wirkliche Prinzipien-
politik betreibt und feste Grundsätze für ihr Handeln maßgebend sein läßt, die
sozialdemokratische ist.

Braunschweig.

Jm Jahre 1830 machten die guten Braunschweiger einen Aufstand, der die
Verjagung des Herzogs Karl bewirkte, worauf sein Bruder die Regierung über-
nahm. Der verjagte Herzog erließ darauf am 7. September eine Proklamation,
in der er das Versprechen gab, das allgemeine Wahlrecht einzuführen. Es half
ihm nichts. 1832 trat eine Verfassung in Kraft, auf Grund welcher der Landtag
aus 10 Abgeordneten der Ritterschaft, 12 Deputirten der Städte, 10 der Land-
bewohner und 16 Abgeordneten der drei Standesklassen bestand.

Das Jahr 1848 änderte diese Einrichtungen dahin ab, daß die Städte
10 Wahlkreise bildeten mit je 2 Abgeordneten, und die Landgemeinden 18 Wahl-
kreise, von welchen 16 ebenfalls je 2 Abgeordneten wählten. Der eine Abgeordnete
eines Wahlkreises wurde von sämmtlichen Stimmberechtigten (Wähler war jeder
über 25 Jahre alte unbescholtene Braunschweiger) nach gleichem und direktem
Wahlrecht gewählt, den zweiten Abgeordneten wählten die Höchstbesteuerten. Diese
letzteren wählten im ganzen Lande 26 von 64 Abgeordneten.

Die Reaktionsjahre brachten auch für Braunschweig einen Rückschritt. Jm
November 1851 hob der Landtag selbst auf Antrag der Regierung das alte Wahl-
gesetz auf und schuf ein neues, das noch heute in Geltung ist. Darnach besteht
der Landtag aus 46 Abgeordneten, von welchen die Städte 10, die Landgemeinden
12, die Höchstbesteuerten 21 und die Geistlichkeit der evangelischen Kirche 3 wählt.
Die beiden letztgenannten Wahlkategorien, eine winzige Minorität der Bevölkerung,
wählen also die Mehrheit des Landtages. Damit aber ja kein oppositioneller
Geist in die Landesvertretung eindringen kann, wurde weiter bestimmt, daß die
Vertreter der Städte und Landgemeinden durch indirekte Wahl gewählt werden.

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[37/0041] neues Wahlgesetz berieth und beschloß. Das von dieser Kammer beschlossene Wahl- gesetz ist bis heute noch in Kraft. Darnach besteht die hessische zweite Kammer aus 50 Abgeordneten, von welchen 10 die größeren Städte (Darmstadt und Mainz je 2, Gießen, Offenbach, Worms, Alzen und Bingen je 1) wählen und die 40 anderen das übrige Land wählt. Von diesen 40 Abgeordneten kommen 17 auf die Provinz Starkenburg, 13 auf Oberhessen. 10 auf Rheinhessen. Die Wahlen sind indirekt. Urwähler ist jeder hessische Staatsangehörige, der seit mindestens 3 Jahren im Lande wohnt, seit Beginn des Jahres, in dem die Wahl statt- findet, eine Einkommensteuer entrichtet und das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat. Für den Ausschluß von der Wahl gelten die gleichen Bestimmungen wie im Reichswahlgesetz. Als Wahlmann kann gewählt werden, wer die Bedingungen als Urwähler erfüllt, außerdem in der Gemeinde, in der er ausgestellt wird, stimmberechtigt ist und an direkten Staatssteuern jährlich mindestens 17 Mk. bezahlt. Zum Abgeordneten kann jeder stimmberechtigte Urwähler gewählt werden. Die Wahl der Wahlmänner und der Abgeordneten erfolgt auf 6 Jahre. Der Antrag aus Einführung des allgemeinen gleichen und direkten Wahlrechts ist mehrfach von den ultramontanen Abgeordneten der Kammer gestellt worden, fand aber an der nationalliberalen Mehrheit stets seinen Gegner. Seltsamer Zustand. Jn Preußen und Bayern verhalten sich die Zentrumsabgeordneten gegen das allgemeine Stimmrecht gleichgültig oder direkt feind- lich, in Hessen stimmen sie für dasselbe. Das Geheimniß dieser widersprechenden Haltung ein und derselben Partei in den verschiedenen Landtagen liegt darin, daß man nicht nach Prinzipien und Grundsätzen handelt, sondern nach Gründen der Opportunität (Zweckmäßigkeit). Jn Preußen und Bayern hat das Zentrum durch Gewährung des allgemeinen Stimmrechts nichts zu gewinnen, sondern kann nur an die Sozial- demokraten verlieren, außerdem will es dieselben aus den Kammern fernhalten. Jn Hessen hofft umgekehrt das Zentrum durch das allgemeine Wahlrecht zu gewinnen. Es zeigt sich auch hier wieder, daß die einzige Partei, die wirkliche Prinzipien- politik betreibt und feste Grundsätze für ihr Handeln maßgebend sein läßt, die sozialdemokratische ist. Braunschweig. Jm Jahre 1830 machten die guten Braunschweiger einen Aufstand, der die Verjagung des Herzogs Karl bewirkte, worauf sein Bruder die Regierung über- nahm. Der verjagte Herzog erließ darauf am 7. September eine Proklamation, in der er das Versprechen gab, das allgemeine Wahlrecht einzuführen. Es half ihm nichts. 1832 trat eine Verfassung in Kraft, auf Grund welcher der Landtag aus 10 Abgeordneten der Ritterschaft, 12 Deputirten der Städte, 10 der Land- bewohner und 16 Abgeordneten der drei Standesklassen bestand. Das Jahr 1848 änderte diese Einrichtungen dahin ab, daß die Städte 10 Wahlkreise bildeten mit je 2 Abgeordneten, und die Landgemeinden 18 Wahl- kreise, von welchen 16 ebenfalls je 2 Abgeordneten wählten. Der eine Abgeordnete eines Wahlkreises wurde von sämmtlichen Stimmberechtigten (Wähler war jeder über 25 Jahre alte unbescholtene Braunschweiger) nach gleichem und direktem Wahlrecht gewählt, den zweiten Abgeordneten wählten die Höchstbesteuerten. Diese letzteren wählten im ganzen Lande 26 von 64 Abgeordneten. Die Reaktionsjahre brachten auch für Braunschweig einen Rückschritt. Jm November 1851 hob der Landtag selbst auf Antrag der Regierung das alte Wahl- gesetz auf und schuf ein neues, das noch heute in Geltung ist. Darnach besteht der Landtag aus 46 Abgeordneten, von welchen die Städte 10, die Landgemeinden 12, die Höchstbesteuerten 21 und die Geistlichkeit der evangelischen Kirche 3 wählt. Die beiden letztgenannten Wahlkategorien, eine winzige Minorität der Bevölkerung, wählen also die Mehrheit des Landtages. Damit aber ja kein oppositioneller Geist in die Landesvertretung eindringen kann, wurde weiter bestimmt, daß die Vertreter der Städte und Landgemeinden durch indirekte Wahl gewählt werden.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-10-30T15:09:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-10-30T15:09:45Z)

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Zitationshilfe: Bebel, August: Die Sozialdemokratie und das Allgemeine Stimmrecht. Berlin, 1895, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bebel_sozialdemokratie_1895/41>, abgerufen am 19.04.2024.