Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Römische Überlieferung.
gern den Menschen zu schaden und sie zu necken. Ein uralter Glaube
ist es, dass von ihnen Pfeile aus der Luft herabgeschossen würden und
selbst die Donnerkeile heissen Albschoss (im Schottischen alfarrow, eng-
lisch elfflint, elfbolt). Thors Hammer ist von den Zwergen geschmiedet.
Auch als wehende, blasende Wesen, vindalfr, erscheinen die Zwerge.
Dass diese Bezeichnung einerseits mit den Meteoriten zusammenhängt,
andererseits von der Benutzung von Blasebälgen bei ihren metallur-
gischen Operationen hergeleitet ist, liegt nahe. Ihr Tarnhut war nicht
bloss eine Nebelkappe, sondern es war darunter ihr ganzes, eigentüm-
liches Obergewand verstanden, in dem sie sich ganz verbergen konnten.
Vielleicht war es dieselbe Art von Kapuzenmänteln, wie sie die Berg-
leute im Mittelalter trugen und wie sie auch als die traditionelle
Koboldkleidung erscheint. Mag diesen altgermanischen Sagen in der
uns überlieferten Fassung manches aus späterer Zeit hinzugedichtet
worden sein, so lässt uns doch ihr Inhalt deutlich erkennen, dass die
Germanen mit metallurgischen Künsten schon in den frühesten Zeiten
ihrer eigenen Erinnerung vertraut waren und dass sie namentlich das
Eisen für das älteste Metall für Wehr und Waffe hielten.

Römische Überlieferung.

Die geschichtliche Überlieferung, ebenso wie die archäologischen
Funde bestätigen die frühe und mannigfache Verwendung des Eisens
bei den Germanen. Schon die Cimbern und Teutonen führten riesige
Eisenschwerter 1), ebenso die Sueven des Ariovist 2). Allerdings
bedienten sich dieser Waffen nur die Fürsten und Heerführer, wäh-
rend der gemeine Krieger mit der Lanze, dem Ger, bewaffnet war.
Cäsar, welcher der erste römische Feldherr war, der die Germanen in
ihrer eigenen Heimat aufsuchte, erwähnt nicht ausdrücklich, welchen
Metalles sich die Germanen bei ihrer Bewaffnung bedienten, da er aber
ihre Kriegstüchtigkeit rühmt, sie später mit Vorliebe als Werbetruppen
in Sold nimmt, so kann auch ihre Bewaffnung weder sehr abweichend,
noch sehr mangelhaft gewesen sein und würde er, wenn sie sich zu
seiner Zeit noch Steinwaffen, oder eines anderen Metalles als des
Eisens bedient hätten, dies zweifellos erwähnt haben. Allerdings war
ihre Bewaffnung geringer als die der Römer, worauf Cäsar ausdrücklich

1) Plutarch, Marius.
2) Cassius Dio 38, 49.

Römische Überlieferung.
gern den Menschen zu schaden und sie zu necken. Ein uralter Glaube
ist es, daſs von ihnen Pfeile aus der Luft herabgeschossen würden und
selbst die Donnerkeile heiſsen Albschoſs (im Schottischen alfarrow, eng-
lisch elfflint, elfbolt). Thors Hammer ist von den Zwergen geschmiedet.
Auch als wehende, blasende Wesen, vindalfr, erscheinen die Zwerge.
Daſs diese Bezeichnung einerseits mit den Meteoriten zusammenhängt,
andererseits von der Benutzung von Blasebälgen bei ihren metallur-
gischen Operationen hergeleitet ist, liegt nahe. Ihr Tarnhut war nicht
bloſs eine Nebelkappe, sondern es war darunter ihr ganzes, eigentüm-
liches Obergewand verstanden, in dem sie sich ganz verbergen konnten.
Vielleicht war es dieselbe Art von Kapuzenmänteln, wie sie die Berg-
leute im Mittelalter trugen und wie sie auch als die traditionelle
Koboldkleidung erscheint. Mag diesen altgermanischen Sagen in der
uns überlieferten Fassung manches aus späterer Zeit hinzugedichtet
worden sein, so läſst uns doch ihr Inhalt deutlich erkennen, daſs die
Germanen mit metallurgischen Künsten schon in den frühesten Zeiten
ihrer eigenen Erinnerung vertraut waren und daſs sie namentlich das
Eisen für das älteste Metall für Wehr und Waffe hielten.

Römische Überlieferung.

Die geschichtliche Überlieferung, ebenso wie die archäologischen
Funde bestätigen die frühe und mannigfache Verwendung des Eisens
bei den Germanen. Schon die Cimbern und Teutonen führten riesige
Eisenschwerter 1), ebenso die Sueven des Ariovist 2). Allerdings
bedienten sich dieser Waffen nur die Fürsten und Heerführer, wäh-
rend der gemeine Krieger mit der Lanze, dem Ger, bewaffnet war.
Cäsar, welcher der erste römische Feldherr war, der die Germanen in
ihrer eigenen Heimat aufsuchte, erwähnt nicht ausdrücklich, welchen
Metalles sich die Germanen bei ihrer Bewaffnung bedienten, da er aber
ihre Kriegstüchtigkeit rühmt, sie später mit Vorliebe als Werbetruppen
in Sold nimmt, so kann auch ihre Bewaffnung weder sehr abweichend,
noch sehr mangelhaft gewesen sein und würde er, wenn sie sich zu
seiner Zeit noch Steinwaffen, oder eines anderen Metalles als des
Eisens bedient hätten, dies zweifellos erwähnt haben. Allerdings war
ihre Bewaffnung geringer als die der Römer, worauf Cäsar ausdrücklich

1) Plutarch, Marius.
2) Cassius Dio 38, 49.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0721" n="699"/><fw place="top" type="header">Römische Überlieferung.</fw><lb/>
gern den Menschen zu schaden und sie zu necken. Ein uralter Glaube<lb/>
ist es, da&#x017F;s von ihnen Pfeile aus der Luft herabgeschossen würden und<lb/>
selbst die Donnerkeile hei&#x017F;sen Albscho&#x017F;s (im Schottischen alfarrow, eng-<lb/>
lisch elfflint, elfbolt). Thors Hammer ist von den Zwergen geschmiedet.<lb/>
Auch als wehende, blasende Wesen, vindalfr, erscheinen die Zwerge.<lb/>
Da&#x017F;s diese Bezeichnung einerseits mit den Meteoriten zusammenhängt,<lb/>
andererseits von der Benutzung von Blasebälgen bei ihren metallur-<lb/>
gischen Operationen hergeleitet ist, liegt nahe. Ihr Tarnhut war nicht<lb/>
blo&#x017F;s eine Nebelkappe, sondern es war darunter ihr ganzes, eigentüm-<lb/>
liches Obergewand verstanden, in dem sie sich ganz verbergen konnten.<lb/>
Vielleicht war es dieselbe Art von Kapuzenmänteln, wie sie die Berg-<lb/>
leute im Mittelalter trugen und wie sie auch als die traditionelle<lb/>
Koboldkleidung erscheint. Mag diesen altgermanischen Sagen in der<lb/>
uns überlieferten Fassung manches aus späterer Zeit hinzugedichtet<lb/>
worden sein, so lä&#x017F;st uns doch ihr Inhalt deutlich erkennen, da&#x017F;s die<lb/>
Germanen mit metallurgischen Künsten schon in den frühesten Zeiten<lb/>
ihrer eigenen Erinnerung vertraut waren und da&#x017F;s sie namentlich das<lb/>
Eisen für das älteste Metall für Wehr und Waffe hielten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Römische Überlieferung</hi>.</head><lb/>
            <p>Die geschichtliche Überlieferung, ebenso wie die archäologischen<lb/>
Funde bestätigen die frühe und mannigfache Verwendung des Eisens<lb/>
bei den Germanen. Schon die Cimbern und Teutonen führten riesige<lb/>
Eisenschwerter <note place="foot" n="1)">Plutarch, Marius.</note>, ebenso die Sueven des Ariovist <note place="foot" n="2)">Cassius Dio 38, 49.</note>. Allerdings<lb/>
bedienten sich dieser Waffen nur die Fürsten und Heerführer, wäh-<lb/>
rend der gemeine Krieger mit der Lanze, dem Ger, bewaffnet war.<lb/><hi rendition="#g">Cäsar</hi>, welcher der erste römische Feldherr war, der die Germanen in<lb/>
ihrer eigenen Heimat aufsuchte, erwähnt nicht ausdrücklich, welchen<lb/>
Metalles sich die Germanen bei ihrer Bewaffnung bedienten, da er aber<lb/>
ihre Kriegstüchtigkeit rühmt, sie später mit Vorliebe als Werbetruppen<lb/>
in Sold nimmt, so kann auch ihre Bewaffnung weder sehr abweichend,<lb/>
noch sehr mangelhaft gewesen sein und würde er, wenn sie sich zu<lb/>
seiner Zeit noch Steinwaffen, oder eines anderen Metalles als des<lb/>
Eisens bedient hätten, dies zweifellos erwähnt haben. Allerdings war<lb/>
ihre Bewaffnung geringer als die der Römer, worauf Cäsar ausdrücklich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[699/0721] Römische Überlieferung. gern den Menschen zu schaden und sie zu necken. Ein uralter Glaube ist es, daſs von ihnen Pfeile aus der Luft herabgeschossen würden und selbst die Donnerkeile heiſsen Albschoſs (im Schottischen alfarrow, eng- lisch elfflint, elfbolt). Thors Hammer ist von den Zwergen geschmiedet. Auch als wehende, blasende Wesen, vindalfr, erscheinen die Zwerge. Daſs diese Bezeichnung einerseits mit den Meteoriten zusammenhängt, andererseits von der Benutzung von Blasebälgen bei ihren metallur- gischen Operationen hergeleitet ist, liegt nahe. Ihr Tarnhut war nicht bloſs eine Nebelkappe, sondern es war darunter ihr ganzes, eigentüm- liches Obergewand verstanden, in dem sie sich ganz verbergen konnten. Vielleicht war es dieselbe Art von Kapuzenmänteln, wie sie die Berg- leute im Mittelalter trugen und wie sie auch als die traditionelle Koboldkleidung erscheint. Mag diesen altgermanischen Sagen in der uns überlieferten Fassung manches aus späterer Zeit hinzugedichtet worden sein, so läſst uns doch ihr Inhalt deutlich erkennen, daſs die Germanen mit metallurgischen Künsten schon in den frühesten Zeiten ihrer eigenen Erinnerung vertraut waren und daſs sie namentlich das Eisen für das älteste Metall für Wehr und Waffe hielten. Römische Überlieferung. Die geschichtliche Überlieferung, ebenso wie die archäologischen Funde bestätigen die frühe und mannigfache Verwendung des Eisens bei den Germanen. Schon die Cimbern und Teutonen führten riesige Eisenschwerter 1), ebenso die Sueven des Ariovist 2). Allerdings bedienten sich dieser Waffen nur die Fürsten und Heerführer, wäh- rend der gemeine Krieger mit der Lanze, dem Ger, bewaffnet war. Cäsar, welcher der erste römische Feldherr war, der die Germanen in ihrer eigenen Heimat aufsuchte, erwähnt nicht ausdrücklich, welchen Metalles sich die Germanen bei ihrer Bewaffnung bedienten, da er aber ihre Kriegstüchtigkeit rühmt, sie später mit Vorliebe als Werbetruppen in Sold nimmt, so kann auch ihre Bewaffnung weder sehr abweichend, noch sehr mangelhaft gewesen sein und würde er, wenn sie sich zu seiner Zeit noch Steinwaffen, oder eines anderen Metalles als des Eisens bedient hätten, dies zweifellos erwähnt haben. Allerdings war ihre Bewaffnung geringer als die der Römer, worauf Cäsar ausdrücklich 1) Plutarch, Marius. 2) Cassius Dio 38, 49.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/721
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/721>, abgerufen am 28.03.2024.