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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Rösten der Erze.
selbständige Operation der Schmelzung vorausgehen, und man röstete
auch solche Erze, die heutzutage infolge der starken Gebläse einer
solchen Vorbereitung gar nicht mehr bedürfen. Denn die Röstung ist
nicht nur eine chemische, sondern auch eine mechanische Vorbereitung
der Erze. -- Agricola drückt dies bereits 1) klar und bestimmt
folgendermassen aus: Die Erze werden aus zweierlei Ursachen ge-
röstet, entweder damit man die harten weich und zerbrechlich mache,
um sie leichter mit Fäusteln oder Pochwerken zerkleinern zu können,
oder damit die fettigen Beimengungen, wie Schwefel, Bitumen, Arse-
nik (Auripigment und Sandarach) verbrannt werden: der Schwefel ist
aber am häufigsten in den Erzen und schadet allen Metallen --
ausser dem Gold -- mehr denn die andern: am meisten aber schadet
er dem Eisen.

Das Rösten der Eisenerze ist ein Brennen auf einem Glühfeuer.
Es wurde angewendet:

1. Wenn die Erze zu fest waren, um sich leicht zerkleinern zu
lassen, wobei die Röstung nur ein Auflockern der Masse bewirkte.
Es geschah dies bei Magneterz, besonders aber bei dichtem Roteisen-
stein und Eisenglanz.
2. Wenn eine höhere Oxydation zweckmässig schien, namentlich
bei Erzen, welche das Eisen im Zustande des Oxyduls enthielten, weil
dieses sich verschlackte und grossen Schmelzverlust erzeugte und da-
durch zugleich eine Rohschlacke bildete, welche entkohlend wirkte
und Frischeisenbildung zur Folge hatte. Dieses war der Fall bei
Magneteisensteinen und bei Frisch- und Schweissschlacken, welche
auf Eisen verschmolzen werden sollten.
3. Wenn fremde Verbindungen, welche dem Eisen schädlich sind,
entfernt werden sollen. Es kommen hier besonders Schwefel, Arsenik und
Zink in der Form von Schwefelkies, Arsenikkies, und Blende in Betracht.
4. Wenn Wasser und Kohlensäure ausgetrieben werden sollen.
Während dies jetzt meistens im Schacht des Hochofens geschieht,
wurde dies früher durch Rösten bewirkt, weil die Abkühlung durch
die zur Verflüchtigung der genannten Beimengungen gebundene
Wärme, bei den niedrigen Öfen nachteilig wirkte. Es war dies
besonders bei Spateisenstein und Sphärosideriten notwendig.

1) De re metallica, Lib. VIII. At duabus de causis venae uruntur vel enim
ut ex duris molles et fragiles factae facilius aut tundi malleis pilisve, aut mox
excoqui possent: vel ut res pingues comburantur sulphur scilicet, bitumen, auri-
pigmentum, sandaraca: sed sulphur saepius in venis metallicis inest et plerumque
plus quam caetera noect metallis omnibus excepto auro: verum maxime nocet ferro.

Rösten der Erze.
selbständige Operation der Schmelzung vorausgehen, und man röstete
auch solche Erze, die heutzutage infolge der starken Gebläse einer
solchen Vorbereitung gar nicht mehr bedürfen. Denn die Röstung ist
nicht nur eine chemische, sondern auch eine mechanische Vorbereitung
der Erze. — Agricola drückt dies bereits 1) klar und bestimmt
folgendermaſsen aus: Die Erze werden aus zweierlei Ursachen ge-
röstet, entweder damit man die harten weich und zerbrechlich mache,
um sie leichter mit Fäusteln oder Pochwerken zerkleinern zu können,
oder damit die fettigen Beimengungen, wie Schwefel, Bitumen, Arse-
nik (Auripigment und Sandarach) verbrannt werden: der Schwefel ist
aber am häufigsten in den Erzen und schadet allen Metallen —
auſser dem Gold — mehr denn die andern: am meisten aber schadet
er dem Eisen.

Das Rösten der Eisenerze ist ein Brennen auf einem Glühfeuer.
Es wurde angewendet:

1. Wenn die Erze zu fest waren, um sich leicht zerkleinern zu
lassen, wobei die Röstung nur ein Auflockern der Masse bewirkte.
Es geschah dies bei Magneterz, besonders aber bei dichtem Roteisen-
stein und Eisenglanz.
2. Wenn eine höhere Oxydation zweckmäſsig schien, namentlich
bei Erzen, welche das Eisen im Zustande des Oxyduls enthielten, weil
dieses sich verschlackte und groſsen Schmelzverlust erzeugte und da-
durch zugleich eine Rohschlacke bildete, welche entkohlend wirkte
und Frischeisenbildung zur Folge hatte. Dieses war der Fall bei
Magneteisensteinen und bei Frisch- und Schweiſsschlacken, welche
auf Eisen verschmolzen werden sollten.
3. Wenn fremde Verbindungen, welche dem Eisen schädlich sind,
entfernt werden sollen. Es kommen hier besonders Schwefel, Arsenik und
Zink in der Form von Schwefelkies, Arsenikkies, und Blende in Betracht.
4. Wenn Wasser und Kohlensäure ausgetrieben werden sollen.
Während dies jetzt meistens im Schacht des Hochofens geschieht,
wurde dies früher durch Rösten bewirkt, weil die Abkühlung durch
die zur Verflüchtigung der genannten Beimengungen gebundene
Wärme, bei den niedrigen Öfen nachteilig wirkte. Es war dies
besonders bei Spateisenstein und Sphärosideriten notwendig.

1) De re metallica, Lib. VIII. At duabus de causis venae uruntur vel enim
ut ex duris molles et fragiles factae facilius aut tundi malleis pilisve, aut mox
excoqui possent: vel ut res pingues comburantur sulphur scilicet, bitumen, auri-
pigmentum, sandaraca: sed sulphur saepius in venis metallicis inest et plerumque
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[90/0110] Rösten der Erze. selbständige Operation der Schmelzung vorausgehen, und man röstete auch solche Erze, die heutzutage infolge der starken Gebläse einer solchen Vorbereitung gar nicht mehr bedürfen. Denn die Röstung ist nicht nur eine chemische, sondern auch eine mechanische Vorbereitung der Erze. — Agricola drückt dies bereits 1) klar und bestimmt folgendermaſsen aus: Die Erze werden aus zweierlei Ursachen ge- röstet, entweder damit man die harten weich und zerbrechlich mache, um sie leichter mit Fäusteln oder Pochwerken zerkleinern zu können, oder damit die fettigen Beimengungen, wie Schwefel, Bitumen, Arse- nik (Auripigment und Sandarach) verbrannt werden: der Schwefel ist aber am häufigsten in den Erzen und schadet allen Metallen — auſser dem Gold — mehr denn die andern: am meisten aber schadet er dem Eisen. Das Rösten der Eisenerze ist ein Brennen auf einem Glühfeuer. Es wurde angewendet: 1. Wenn die Erze zu fest waren, um sich leicht zerkleinern zu lassen, wobei die Röstung nur ein Auflockern der Masse bewirkte. Es geschah dies bei Magneterz, besonders aber bei dichtem Roteisen- stein und Eisenglanz. 2. Wenn eine höhere Oxydation zweckmäſsig schien, namentlich bei Erzen, welche das Eisen im Zustande des Oxyduls enthielten, weil dieses sich verschlackte und groſsen Schmelzverlust erzeugte und da- durch zugleich eine Rohschlacke bildete, welche entkohlend wirkte und Frischeisenbildung zur Folge hatte. Dieses war der Fall bei Magneteisensteinen und bei Frisch- und Schweiſsschlacken, welche auf Eisen verschmolzen werden sollten. 3. Wenn fremde Verbindungen, welche dem Eisen schädlich sind, entfernt werden sollen. Es kommen hier besonders Schwefel, Arsenik und Zink in der Form von Schwefelkies, Arsenikkies, und Blende in Betracht. 4. Wenn Wasser und Kohlensäure ausgetrieben werden sollen. Während dies jetzt meistens im Schacht des Hochofens geschieht, wurde dies früher durch Rösten bewirkt, weil die Abkühlung durch die zur Verflüchtigung der genannten Beimengungen gebundene Wärme, bei den niedrigen Öfen nachteilig wirkte. Es war dies besonders bei Spateisenstein und Sphärosideriten notwendig. 1) De re metallica, Lib. VIII. At duabus de causis venae uruntur vel enim ut ex duris molles et fragiles factae facilius aut tundi malleis pilisve, aut mox excoqui possent: vel ut res pingues comburantur sulphur scilicet, bitumen, auri- pigmentum, sandaraca: sed sulphur saepius in venis metallicis inest et plerumque plus quam caetera noect metallis omnibus excepto auro: verum maxime nocet ferro.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/110>, abgerufen am 23.04.2024.