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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Sachsen im 17. Jahrhundert.
führung der Weissblechfabrikation angeblich um das Jahr 1620 durch
einen aus Böhmen vertriebenen Geistlichen. Diese Industrie fand in
Sachsen, welches zu Altenberg, Ehrenfriedersdorf, Eibenstock und Geyer
Zinnbergwerke besass, bald Verbreitung und für viele Jahrzehnte hatte
das Kurfürstentum Sachsen ein förmliches Monopol für diese neue
Fabrikation, deren Produkte sich rasch einbürgerten. Ganz Europa
wurde mit Weissblech aus Deutschland und hauptsächlich aus Sachsen
versehen. Sächsisches Weissblech wurde jedem anderen vorgezogen.
Das Schwarzblech dazu lieferten zahllose Hämmer im Erzgebirge,
welche in den waldreichen Gegenden desselben angelegt waren und
denen es deshalb nicht an Holz gebrach. Die Blechhämmer und
Zinnhäuser lagen in den Ämtern Schwarzenberg, Wolkenstein und
Lauenstein. Der Engländer Yarranton, welcher 1650 Sachsen be-
reiste, schreibt1): Die Eisen-, Zinn- und Kupferwerke liegen in dem
Thal, welches von Saigerhütte ("Segar-hutton") an den Städten Anna-
berg, Schneeberg und Marienberg vorbei bis herab nach Aue sich zieht:
in den Hügeln und Bergen finden sich die Erze: in den Thälern
sind die Flüsse, an welche die Werke gebaut sind. Die Hügel und
Berge sind wenigstens zehn Meilen in der Runde voll von Wald zur
Versorgung der Werke; nicht ein Acker Land liegt wüst: An dem
Abhang der Hügel ist eine Unzahl von Sägemühlen, durch Wasser
betrieben, welche alle Arten von Tannen und Eichen schneiden; diese
werden zur Sommerzeit nach dem Elbefluss geschafft und von da
nach Hamburg verschickt. Bei dieser Ordnung und Berücksichtigung
aller Handelsvorteile ist die Gegend merkwürdig bevölkert und sehr
reich und gewährt dem Herzog ein grosses Einkommen.

Das ganze Eisenhüttenwesen unterstand einer Hammerinspektion.
Die älteste Blech-Hammer-Ordnung ist aus dem Jahre 1647. 1660 er-
liess Kurfürst Johann Georg II. eine neue Ordnung, in welcher auch
genaue Vorschriften über das Verzinnen enthalten waren; sie hiess:
"Hammer-Ordnung Churfürst Johann Georgen II. zu Sachsen vor die
Blech-Hammer-Werke in den Aemtern Schwarzenberg, Wolken- und
Lauenstein anno 16682)." Am 22. Mai 1686 erschien von demselben
Fürsten eine verbesserte Blech-Hammer-Ordnung3).

Den Hauptinhalt derselben haben wir bereits oben mitgeteilt
(S. 985). Die beiden Blech-Hammer-Ordnungen wurden erlassen, weil

1) Yarranton, Englands Improvement by Sea and Land, 1677, S. 114.
2) Siehe Codex Augusteus II, S. 326. Hertwig, Bergbuch, S. 85 u. 432.
Otia metallica, Schneeberg 1748 I., S. 56.
3) Codex Augusteus II, S. 335.
Beck, Geschichte des Eisens. 76

Sachsen im 17. Jahrhundert.
führung der Weiſsblechfabrikation angeblich um das Jahr 1620 durch
einen aus Böhmen vertriebenen Geistlichen. Diese Industrie fand in
Sachsen, welches zu Altenberg, Ehrenfriedersdorf, Eibenstock und Geyer
Zinnbergwerke besaſs, bald Verbreitung und für viele Jahrzehnte hatte
das Kurfürstentum Sachsen ein förmliches Monopol für diese neue
Fabrikation, deren Produkte sich rasch einbürgerten. Ganz Europa
wurde mit Weiſsblech aus Deutschland und hauptsächlich aus Sachsen
versehen. Sächsisches Weiſsblech wurde jedem anderen vorgezogen.
Das Schwarzblech dazu lieferten zahllose Hämmer im Erzgebirge,
welche in den waldreichen Gegenden desselben angelegt waren und
denen es deshalb nicht an Holz gebrach. Die Blechhämmer und
Zinnhäuser lagen in den Ämtern Schwarzenberg, Wolkenstein und
Lauenstein. Der Engländer Yarranton, welcher 1650 Sachsen be-
reiste, schreibt1): Die Eisen-, Zinn- und Kupferwerke liegen in dem
Thal, welches von Saigerhütte („Segar-hutton“) an den Städten Anna-
berg, Schneeberg und Marienberg vorbei bis herab nach Aue sich zieht:
in den Hügeln und Bergen finden sich die Erze: in den Thälern
sind die Flüsse, an welche die Werke gebaut sind. Die Hügel und
Berge sind wenigstens zehn Meilen in der Runde voll von Wald zur
Versorgung der Werke; nicht ein Acker Land liegt wüst: An dem
Abhang der Hügel ist eine Unzahl von Sägemühlen, durch Wasser
betrieben, welche alle Arten von Tannen und Eichen schneiden; diese
werden zur Sommerzeit nach dem Elbefluſs geschafft und von da
nach Hamburg verschickt. Bei dieser Ordnung und Berücksichtigung
aller Handelsvorteile ist die Gegend merkwürdig bevölkert und sehr
reich und gewährt dem Herzog ein groſses Einkommen.

Das ganze Eisenhüttenwesen unterstand einer Hammerinspektion.
Die älteste Blech-Hammer-Ordnung ist aus dem Jahre 1647. 1660 er-
lieſs Kurfürst Johann Georg II. eine neue Ordnung, in welcher auch
genaue Vorschriften über das Verzinnen enthalten waren; sie hieſs:
„Hammer-Ordnung Churfürst Johann Georgen II. zu Sachsen vor die
Blech-Hammer-Werke in den Aemtern Schwarzenberg, Wolken- und
Lauenstein anno 16682).“ Am 22. Mai 1686 erschien von demselben
Fürsten eine verbesserte Blech-Hammer-Ordnung3).

Den Hauptinhalt derselben haben wir bereits oben mitgeteilt
(S. 985). Die beiden Blech-Hammer-Ordnungen wurden erlassen, weil

1) Yarranton, Englands Improvement by Sea and Land, 1677, S. 114.
2) Siehe Codex Augusteus II, S. 326. Hertwig, Bergbuch, S. 85 u. 432.
Otia metallica, Schneeberg 1748 I., S. 56.
3) Codex Augusteus II, S. 335.
Beck, Geschichte des Eisens. 76
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[1201/1223] Sachsen im 17. Jahrhundert. führung der Weiſsblechfabrikation angeblich um das Jahr 1620 durch einen aus Böhmen vertriebenen Geistlichen. Diese Industrie fand in Sachsen, welches zu Altenberg, Ehrenfriedersdorf, Eibenstock und Geyer Zinnbergwerke besaſs, bald Verbreitung und für viele Jahrzehnte hatte das Kurfürstentum Sachsen ein förmliches Monopol für diese neue Fabrikation, deren Produkte sich rasch einbürgerten. Ganz Europa wurde mit Weiſsblech aus Deutschland und hauptsächlich aus Sachsen versehen. Sächsisches Weiſsblech wurde jedem anderen vorgezogen. Das Schwarzblech dazu lieferten zahllose Hämmer im Erzgebirge, welche in den waldreichen Gegenden desselben angelegt waren und denen es deshalb nicht an Holz gebrach. Die Blechhämmer und Zinnhäuser lagen in den Ämtern Schwarzenberg, Wolkenstein und Lauenstein. Der Engländer Yarranton, welcher 1650 Sachsen be- reiste, schreibt 1): Die Eisen-, Zinn- und Kupferwerke liegen in dem Thal, welches von Saigerhütte („Segar-hutton“) an den Städten Anna- berg, Schneeberg und Marienberg vorbei bis herab nach Aue sich zieht: in den Hügeln und Bergen finden sich die Erze: in den Thälern sind die Flüsse, an welche die Werke gebaut sind. Die Hügel und Berge sind wenigstens zehn Meilen in der Runde voll von Wald zur Versorgung der Werke; nicht ein Acker Land liegt wüst: An dem Abhang der Hügel ist eine Unzahl von Sägemühlen, durch Wasser betrieben, welche alle Arten von Tannen und Eichen schneiden; diese werden zur Sommerzeit nach dem Elbefluſs geschafft und von da nach Hamburg verschickt. Bei dieser Ordnung und Berücksichtigung aller Handelsvorteile ist die Gegend merkwürdig bevölkert und sehr reich und gewährt dem Herzog ein groſses Einkommen. Das ganze Eisenhüttenwesen unterstand einer Hammerinspektion. Die älteste Blech-Hammer-Ordnung ist aus dem Jahre 1647. 1660 er- lieſs Kurfürst Johann Georg II. eine neue Ordnung, in welcher auch genaue Vorschriften über das Verzinnen enthalten waren; sie hieſs: „Hammer-Ordnung Churfürst Johann Georgen II. zu Sachsen vor die Blech-Hammer-Werke in den Aemtern Schwarzenberg, Wolken- und Lauenstein anno 1668 2).“ Am 22. Mai 1686 erschien von demselben Fürsten eine verbesserte Blech-Hammer-Ordnung 3). Den Hauptinhalt derselben haben wir bereits oben mitgeteilt (S. 985). Die beiden Blech-Hammer-Ordnungen wurden erlassen, weil 1) Yarranton, Englands Improvement by Sea and Land, 1677, S. 114. 2) Siehe Codex Augusteus II, S. 326. Hertwig, Bergbuch, S. 85 u. 432. Otia metallica, Schneeberg 1748 I., S. 56. 3) Codex Augusteus II, S. 335. Beck, Geschichte des Eisens. 76

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1223>, abgerufen am 23.04.2024.