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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Lothringen im 17. Jahrhundert.
Zahlung von 400 Pistolen bestätigt wurde. Die Witwe de Marolles
heiratete wieder einen Grafen de Bennuel, der dann mit seiner Frau
am 1. Juni 1671 die Hüttenwerke von Hayange an Rudolf Hullin,
Herrn de la Roche, für jährlich 400 Pfund Turnosen verpachtete.
Rudolf Hullin hatte schon in den Jahren 1665 bis 1671 einen Eisen-
hammer und einen Blechhammer daselbst betrieben. Dazu baute er
1699 ein Drahtwerk, das 1400 Lires kostete und einen Hochofen, den er
Magdalenaofen benannte. 1697 begann zwischen den Erben des Herrn
von Lenoncourt eine Reihe von Prozessen über ihre Besitzansprüche
an die Eisenwerke von Hayange, deren weiteren Verlauf wir später
kennen lernen werden.

Noch interessanter ist die Geschichte der Eisenhütte von
Moyeuvre.

Ein gewisser Michel Fabert von Moulins nahm die Eisenwerke von
Moyeuvre, drei Meilen von Metz, zwei von Diedenhofen, von dem
Herzog von Lothringen um das Jahr 1630 in Pacht 1). Das Wasser
der Orne war durch eine Schleuse gefasst und in einen Kanal ab-
geleitet, um zwei Frischhämmer, zwei Hochöfen, zwei Blechhämmer
und einen Zainhammer, kurz "die schönste Hütte im ganzen König-
reich" zu treiben. Als eine Überschwemmung die Schleuse wegriss,
liess er sie wiederherstellen; dieses Unglück wiederholte sich noch
dreimal, so dass er zuletzt allen Mut verlor und den Betrieb aufgab,
obgleich er nach wie vor seine vertragsmässige Pacht von 30000 L.
an den Herzog von Lothringen zahlen musste. In seiner Betrübnis
schrieb er an seinen Sohn Abraham Fabert, den späteren Marschall von
Frankreich, der damals ein junger Offizier war; aber dessen Antworten
befriedigten ihn nicht. Nicht lange darauf erhielt der junge Fabert
Urlaub, kam nach Metz und erfuhr hier näheres über die Geschichte
der Eisenhütte von Moyeuvre. Er reiste hin und sein Urteil ging
dahin, dass die Schleuse für den Druck des Wassers zu schwach ge-
baut sei. Da sein Vater sich davon nicht überzeugen liess, machte
er sich ein Gewicht von einem Kubikfuss Eisen, wog dieses für sich
und im Wasser und ermittelte aus dem Gewichtsverluste das Gewicht
von einem Kubikfuss Wasser des Flusses. Er mass und berechnete
den Querschnitt des Flusses, multiplizierte ihn mit der Länge des in
der Zeiteinheit durchströmenden Wassers und dem Gewicht und ermit-
telte so den Druck, den die Schleuse auszuhalten hatte. Trotzdem

1) S. Les Anciens Mineralogistes du Royaume de France avec des notes par
M. Gobet, II., p. 719, 1779.

Lothringen im 17. Jahrhundert.
Zahlung von 400 Pistolen bestätigt wurde. Die Witwe de Marolles
heiratete wieder einen Grafen de Bennuel, der dann mit seiner Frau
am 1. Juni 1671 die Hüttenwerke von Hayange an Rudolf Hullin,
Herrn de la Roche, für jährlich 400 Pfund Turnosen verpachtete.
Rudolf Hullin hatte schon in den Jahren 1665 bis 1671 einen Eisen-
hammer und einen Blechhammer daselbst betrieben. Dazu baute er
1699 ein Drahtwerk, das 1400 Lires kostete und einen Hochofen, den er
Magdalenaofen benannte. 1697 begann zwischen den Erben des Herrn
von Lenoncourt eine Reihe von Prozessen über ihre Besitzansprüche
an die Eisenwerke von Hayange, deren weiteren Verlauf wir später
kennen lernen werden.

Noch interessanter ist die Geschichte der Eisenhütte von
Moyeuvre.

Ein gewisser Michel Fabert von Moulins nahm die Eisenwerke von
Moyeuvre, drei Meilen von Metz, zwei von Diedenhofen, von dem
Herzog von Lothringen um das Jahr 1630 in Pacht 1). Das Wasser
der Orne war durch eine Schleuse gefaſst und in einen Kanal ab-
geleitet, um zwei Frischhämmer, zwei Hochöfen, zwei Blechhämmer
und einen Zainhammer, kurz „die schönste Hütte im ganzen König-
reich“ zu treiben. Als eine Überschwemmung die Schleuse wegriſs,
lieſs er sie wiederherstellen; dieses Unglück wiederholte sich noch
dreimal, so daſs er zuletzt allen Mut verlor und den Betrieb aufgab,
obgleich er nach wie vor seine vertragsmäſsige Pacht von 30000 L.
an den Herzog von Lothringen zahlen muſste. In seiner Betrübnis
schrieb er an seinen Sohn Abraham Fabert, den späteren Marschall von
Frankreich, der damals ein junger Offizier war; aber dessen Antworten
befriedigten ihn nicht. Nicht lange darauf erhielt der junge Fabert
Urlaub, kam nach Metz und erfuhr hier näheres über die Geschichte
der Eisenhütte von Moyeuvre. Er reiste hin und sein Urteil ging
dahin, daſs die Schleuse für den Druck des Wassers zu schwach ge-
baut sei. Da sein Vater sich davon nicht überzeugen lieſs, machte
er sich ein Gewicht von einem Kubikfuſs Eisen, wog dieses für sich
und im Wasser und ermittelte aus dem Gewichtsverluste das Gewicht
von einem Kubikfuſs Wasser des Flusses. Er maſs und berechnete
den Querschnitt des Flusses, multiplizierte ihn mit der Länge des in
der Zeiteinheit durchströmenden Wassers und dem Gewicht und ermit-
telte so den Druck, den die Schleuse auszuhalten hatte. Trotzdem

1) S. Les Anciens Mineralogistes du Royaume de France avec des notes par
M. Gobet, II., p. 719, 1779.
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[1240/1262] Lothringen im 17. Jahrhundert. Zahlung von 400 Pistolen bestätigt wurde. Die Witwe de Marolles heiratete wieder einen Grafen de Bennuel, der dann mit seiner Frau am 1. Juni 1671 die Hüttenwerke von Hayange an Rudolf Hullin, Herrn de la Roche, für jährlich 400 Pfund Turnosen verpachtete. Rudolf Hullin hatte schon in den Jahren 1665 bis 1671 einen Eisen- hammer und einen Blechhammer daselbst betrieben. Dazu baute er 1699 ein Drahtwerk, das 1400 Lires kostete und einen Hochofen, den er Magdalenaofen benannte. 1697 begann zwischen den Erben des Herrn von Lenoncourt eine Reihe von Prozessen über ihre Besitzansprüche an die Eisenwerke von Hayange, deren weiteren Verlauf wir später kennen lernen werden. Noch interessanter ist die Geschichte der Eisenhütte von Moyeuvre. Ein gewisser Michel Fabert von Moulins nahm die Eisenwerke von Moyeuvre, drei Meilen von Metz, zwei von Diedenhofen, von dem Herzog von Lothringen um das Jahr 1630 in Pacht 1). Das Wasser der Orne war durch eine Schleuse gefaſst und in einen Kanal ab- geleitet, um zwei Frischhämmer, zwei Hochöfen, zwei Blechhämmer und einen Zainhammer, kurz „die schönste Hütte im ganzen König- reich“ zu treiben. Als eine Überschwemmung die Schleuse wegriſs, lieſs er sie wiederherstellen; dieses Unglück wiederholte sich noch dreimal, so daſs er zuletzt allen Mut verlor und den Betrieb aufgab, obgleich er nach wie vor seine vertragsmäſsige Pacht von 30000 L. an den Herzog von Lothringen zahlen muſste. In seiner Betrübnis schrieb er an seinen Sohn Abraham Fabert, den späteren Marschall von Frankreich, der damals ein junger Offizier war; aber dessen Antworten befriedigten ihn nicht. Nicht lange darauf erhielt der junge Fabert Urlaub, kam nach Metz und erfuhr hier näheres über die Geschichte der Eisenhütte von Moyeuvre. Er reiste hin und sein Urteil ging dahin, daſs die Schleuse für den Druck des Wassers zu schwach ge- baut sei. Da sein Vater sich davon nicht überzeugen lieſs, machte er sich ein Gewicht von einem Kubikfuſs Eisen, wog dieses für sich und im Wasser und ermittelte aus dem Gewichtsverluste das Gewicht von einem Kubikfuſs Wasser des Flusses. Er maſs und berechnete den Querschnitt des Flusses, multiplizierte ihn mit der Länge des in der Zeiteinheit durchströmenden Wassers und dem Gewicht und ermit- telte so den Druck, den die Schleuse auszuhalten hatte. Trotzdem 1) S. Les Anciens Mineralogistes du Royaume de France avec des notes par M. Gobet, II., p. 719, 1779.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1262>, abgerufen am 28.03.2024.