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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Schlosserei im 16. Jahrhundert.

Der aber wird sein, wenn auch durch schwere Arbeit erlangtes Glück
durch mich empfinden,
Und fest wird ihm sein die spät verschlossene Pforte,
Ob wilder Krieg tobt, ob in heilsamem Frieden der Erdkreis blüht.
Wer auf Erden vernünftig ist, der bedient sich meiner Kunst.

Garzoni schreibt in seinem Piazza universale:

"Zu den Schmieden gehören auch die Schlosser, so allerhand
Schloss, Schlüssel, Bände, Kolben, Handhaben, Ring, beneben anderem
Eisenwerk mehr, so man täglich in der Haushaltung braucht, machen
können. Am meisten Fleiss und Kunst wird aber auf die Schlüssel
gewendet, dass dieselben recht verschieden werden mit ihren Zähnen,
Kreutzen und Röhren: darnach befleissigen sie sich auch sehr, dass
ihre Arbeit wohl gezieret sei, mit Ausfeilen, mit Polieren, mit Flämmen
und anderen Zierden, so in diesem Handwerk bräuchlich sind. Dieses
Handwerk gehet sonderlich in schwang zu Venedig, Brescia, Mayland,
Nürnberg, Augsburg, Braunschweig und anderen Orten mehr, da aller-
hand Schlüssel und Schlösser gemacht werden, zu Stadtthoren, eisern
Geldkisten, gemeinen, kleinen und grossen Kisten, da grosse Kunst
angewendet wird. -- Doch sind die Meister nicht allezeit allerdings
rein, sintemal die Nachtschnaken von ihnen lernen, wie man bey
Nacht die Häuser und Kauffmannsläden mit Diterichen auffmachet;
dienen auch manchem damit, dass sie wissentlich abgedruckte Schlüssel
nachmachen, dardurch dann sie selbst und andere mit ihnen biss-
weilen auff die Galeeren kommen, da sie den Fuhrlohn umsonst haben."

Die Arbeit des Schlossers griff vielfach in die Thätigkeit anderer
Eisenarbeiter über, einerseits in die der Schmiede, insofern sie eben-
falls Beschläge, Gitter u. s. w. anfertigten, anderseits in die des
Mechanikers, als sie ausser den Schlössern Winden, Uhrwerke und
andere Triebwerke herstellten. Nach ihrer Trennung von den
Schmieden blieben sie deshalb in der Regel immer noch mit den
Windenmachern, Sporern, Büchsenmachern und Grossuhrmachern
zünftig verbunden.

Schöne alte Schlösser und Schlosskasten findet man abgebildet
bei Violet le Duc, Hefner-Alteneck, Riewel und anderen 1).
Eine besonders reiche Sammlung alter Kunstschlösser besitzt das
bayrische Nationalmuseum in München.



1) Violet le Duc, Dictionnaire raisonne du mobilier francais. Vol. I,
p. 389. -- Hefner-Alteneck, Eisenwerke u. s. w. -- H. Riewel, Studien über
Schmiede- und Schlosserarbeiten in Österreich in den Mitteilungen der K. K.
Centralcommission in Wien. XV, S. 50.
Die Schlosserei im 16. Jahrhundert.

Der aber wird sein, wenn auch durch schwere Arbeit erlangtes Glück
durch mich empfinden,
Und fest wird ihm sein die spät verschlossene Pforte,
Ob wilder Krieg tobt, ob in heilsamem Frieden der Erdkreis blüht.
Wer auf Erden vernünftig ist, der bedient sich meiner Kunst.

Garzoni schreibt in seinem Piazza universale:

„Zu den Schmieden gehören auch die Schlosser, so allerhand
Schloſs, Schlüssel, Bände, Kolben, Handhaben, Ring, beneben anderem
Eisenwerk mehr, so man täglich in der Haushaltung braucht, machen
können. Am meisten Fleiſs und Kunst wird aber auf die Schlüssel
gewendet, daſs dieselben recht verschieden werden mit ihren Zähnen,
Kreutzen und Röhren: darnach befleiſsigen sie sich auch sehr, daſs
ihre Arbeit wohl gezieret sei, mit Ausfeilen, mit Polieren, mit Flämmen
und anderen Zierden, so in diesem Handwerk bräuchlich sind. Dieses
Handwerk gehet sonderlich in schwang zu Venedig, Brescia, Mayland,
Nürnberg, Augsburg, Braunschweig und anderen Orten mehr, da aller-
hand Schlüssel und Schlösser gemacht werden, zu Stadtthoren, eisern
Geldkisten, gemeinen, kleinen und groſsen Kisten, da groſse Kunst
angewendet wird. — Doch sind die Meister nicht allezeit allerdings
rein, sintemal die Nachtschnaken von ihnen lernen, wie man bey
Nacht die Häuser und Kauffmannsläden mit Diterichen auffmachet;
dienen auch manchem damit, daſs sie wissentlich abgedruckte Schlüssel
nachmachen, dardurch dann sie selbst und andere mit ihnen biſs-
weilen auff die Galeeren kommen, da sie den Fuhrlohn umsonst haben.“

Die Arbeit des Schlossers griff vielfach in die Thätigkeit anderer
Eisenarbeiter über, einerseits in die der Schmiede, insofern sie eben-
falls Beschläge, Gitter u. s. w. anfertigten, anderseits in die des
Mechanikers, als sie auſser den Schlössern Winden, Uhrwerke und
andere Triebwerke herstellten. Nach ihrer Trennung von den
Schmieden blieben sie deshalb in der Regel immer noch mit den
Windenmachern, Sporern, Büchsenmachern und Groſsuhrmachern
zünftig verbunden.

Schöne alte Schlösser und Schloſskasten findet man abgebildet
bei Violet le Duc, Hefner-Alteneck, Riewel und anderen 1).
Eine besonders reiche Sammlung alter Kunstschlösser besitzt das
bayrische Nationalmuseum in München.



1) Violet le Duc, Dictionnaire raisonné du mobilier français. Vol. I,
p. 389. — Hefner-Alteneck, Eisenwerke u. s. w. — H. Riewel, Studien über
Schmiede- und Schlosserarbeiten in Österreich in den Mitteilungen der K. K.
Centralcommission in Wien. XV, S. 50.
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[476/0496] Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. Der aber wird sein, wenn auch durch schwere Arbeit erlangtes Glück durch mich empfinden, Und fest wird ihm sein die spät verschlossene Pforte, Ob wilder Krieg tobt, ob in heilsamem Frieden der Erdkreis blüht. Wer auf Erden vernünftig ist, der bedient sich meiner Kunst. Garzoni schreibt in seinem Piazza universale: „Zu den Schmieden gehören auch die Schlosser, so allerhand Schloſs, Schlüssel, Bände, Kolben, Handhaben, Ring, beneben anderem Eisenwerk mehr, so man täglich in der Haushaltung braucht, machen können. Am meisten Fleiſs und Kunst wird aber auf die Schlüssel gewendet, daſs dieselben recht verschieden werden mit ihren Zähnen, Kreutzen und Röhren: darnach befleiſsigen sie sich auch sehr, daſs ihre Arbeit wohl gezieret sei, mit Ausfeilen, mit Polieren, mit Flämmen und anderen Zierden, so in diesem Handwerk bräuchlich sind. Dieses Handwerk gehet sonderlich in schwang zu Venedig, Brescia, Mayland, Nürnberg, Augsburg, Braunschweig und anderen Orten mehr, da aller- hand Schlüssel und Schlösser gemacht werden, zu Stadtthoren, eisern Geldkisten, gemeinen, kleinen und groſsen Kisten, da groſse Kunst angewendet wird. — Doch sind die Meister nicht allezeit allerdings rein, sintemal die Nachtschnaken von ihnen lernen, wie man bey Nacht die Häuser und Kauffmannsläden mit Diterichen auffmachet; dienen auch manchem damit, daſs sie wissentlich abgedruckte Schlüssel nachmachen, dardurch dann sie selbst und andere mit ihnen biſs- weilen auff die Galeeren kommen, da sie den Fuhrlohn umsonst haben.“ Die Arbeit des Schlossers griff vielfach in die Thätigkeit anderer Eisenarbeiter über, einerseits in die der Schmiede, insofern sie eben- falls Beschläge, Gitter u. s. w. anfertigten, anderseits in die des Mechanikers, als sie auſser den Schlössern Winden, Uhrwerke und andere Triebwerke herstellten. Nach ihrer Trennung von den Schmieden blieben sie deshalb in der Regel immer noch mit den Windenmachern, Sporern, Büchsenmachern und Groſsuhrmachern zünftig verbunden. Schöne alte Schlösser und Schloſskasten findet man abgebildet bei Violet le Duc, Hefner-Alteneck, Riewel und anderen 1). Eine besonders reiche Sammlung alter Kunstschlösser besitzt das bayrische Nationalmuseum in München. 1) Violet le Duc, Dictionnaire raisonné du mobilier français. Vol. I, p. 389. — Hefner-Alteneck, Eisenwerke u. s. w. — H. Riewel, Studien über Schmiede- und Schlosserarbeiten in Österreich in den Mitteilungen der K. K. Centralcommission in Wien. XV, S. 50.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/496>, abgerufen am 25.04.2024.