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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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gelernt haben, sondern die Halbmasseln wurden in getrennten Hammer-
werken weiter bearbeitet. Später wurde es zwar zur Regel, dass mit
den Rennfeuern und Stücköfen, wie mit den Frischfeuern, Wasser-
hämmer direkt verbunden wurden. Diese Stabhämmer schmiedeten
aber das Luppeneisen nur bis zu einem gewissen Grade aus. Nach-
dem die Luppe (Masse, Stück, Wolf, Frischstück je nach der Ge-
winnungsmethode) dicht gemacht und in Schirbel oder Deule zerhauen
war, wurden diese zu groben, viereckigen Stäben -- Grobeisen --
ausgereckt. Diese theilte man alsdann in entsprechende Längen und
so wurden sie unter den Bezeichnungen Schienen, Kolben, Zaine,
Zaggel, Knüppel, Bengel, Prügel u. s. w. weiter verarbeitet. Hätte
man das Eisen gleich auf der Zerenn- oder Hammerhütte zu den
feineren Dimensionen ausschmieden wollen, wie sie im Handel am
meisten begehrt wurden, so würde dies die Frischarbeit selbst auf-
gehalten haben und dadurch unökonomisch gewesen sein. Dazu
kommt noch, dass man für das Dichten und Ausschmieden der Luppe
zu Grobeisen schwere Hämmer mit langsamem Gang nötig hatte,
während für die feineren Eisensorten leichtere Hämmer mit raschem
Gang vorteilhafter waren. Endlich aber hatten die Hochöfen und
Frischhütten schon ihre Not, die für ihren Betrieb erforderliche Kohlen-
menge zu beschaffen, für die weitere Verarbeitung wäre dies oft
unmöglich gewesen; diese weitere Verarbeitung war aber auch gar
nicht an die Erzgebiete gebunden, sondern geschah viel besser da,
wo die Kohle billiger war und wo das Zaineisen verlangt wurde. Aus
diesen Gründen ergab es sich von selbst, dass sich eine mehrfache
Trennung in dem Hammergewerbe vollzog. Das erste Produkt (Halb-
massen, Luppen) wurde mit Stabhämmern in den Hammerwerken und
Frischhütten geschmiedet, die feinen Eisensorten wurden aus dem
so gewonnenen Grobeisen in besonderen Schmieden mit leichteren
Hämmern dargestellt, diese führten den Namen Zainhämmer,
Reckhämmer
und Raffinierhämmer. Der Name Reckhammer
war mehr in der Mark, im Bergischen und im Westfälischen gebräuch-
lich, während im übrigen Deutschland und Oesterreich der Ausdruck
Zainhammer üblicher war. Raffinierhämmer hiessen die Reckhämmer
für die Stahlveredelung. Die Reck- und Zainhämmer als selbständige
Hammerwerke kamen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf.
Dieselben waren nicht an die Hüttenwerke gebunden, sondern zogen
sich mehr nach den Fabrikationsgebieten, für welche sie die verlangten
Eisensorten verschmiedeten, wie dies namentlich im Bergischen und
der Mark der Fall war.


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gelernt haben, sondern die Halbmasseln wurden in getrennten Hammer-
werken weiter bearbeitet. Später wurde es zwar zur Regel, daſs mit
den Rennfeuern und Stücköfen, wie mit den Frischfeuern, Wasser-
hämmer direkt verbunden wurden. Diese Stabhämmer schmiedeten
aber das Luppeneisen nur bis zu einem gewissen Grade aus. Nach-
dem die Luppe (Masse, Stück, Wolf, Frischstück je nach der Ge-
winnungsmethode) dicht gemacht und in Schirbel oder Deule zerhauen
war, wurden diese zu groben, viereckigen Stäben — Grobeisen —
ausgereckt. Diese theilte man alsdann in entsprechende Längen und
so wurden sie unter den Bezeichnungen Schienen, Kolben, Zaine,
Zaggel, Knüppel, Bengel, Prügel u. s. w. weiter verarbeitet. Hätte
man das Eisen gleich auf der Zerenn- oder Hammerhütte zu den
feineren Dimensionen ausschmieden wollen, wie sie im Handel am
meisten begehrt wurden, so würde dies die Frischarbeit selbst auf-
gehalten haben und dadurch unökonomisch gewesen sein. Dazu
kommt noch, daſs man für das Dichten und Ausschmieden der Luppe
zu Grobeisen schwere Hämmer mit langsamem Gang nötig hatte,
während für die feineren Eisensorten leichtere Hämmer mit raschem
Gang vorteilhafter waren. Endlich aber hatten die Hochöfen und
Frischhütten schon ihre Not, die für ihren Betrieb erforderliche Kohlen-
menge zu beschaffen, für die weitere Verarbeitung wäre dies oft
unmöglich gewesen; diese weitere Verarbeitung war aber auch gar
nicht an die Erzgebiete gebunden, sondern geschah viel besser da,
wo die Kohle billiger war und wo das Zaineisen verlangt wurde. Aus
diesen Gründen ergab es sich von selbst, daſs sich eine mehrfache
Trennung in dem Hammergewerbe vollzog. Das erste Produkt (Halb-
massen, Luppen) wurde mit Stabhämmern in den Hammerwerken und
Frischhütten geschmiedet, die feinen Eisensorten wurden aus dem
so gewonnenen Grobeisen in besonderen Schmieden mit leichteren
Hämmern dargestellt, diese führten den Namen Zainhämmer,
Reckhämmer
und Raffinierhämmer. Der Name Reckhammer
war mehr in der Mark, im Bergischen und im Westfälischen gebräuch-
lich, während im übrigen Deutschland und Oesterreich der Ausdruck
Zainhammer üblicher war. Raffinierhämmer hieſsen die Reckhämmer
für die Stahlveredelung. Die Reck- und Zainhämmer als selbständige
Hammerwerke kamen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf.
Dieselben waren nicht an die Hüttenwerke gebunden, sondern zogen
sich mehr nach den Fabrikationsgebieten, für welche sie die verlangten
Eisensorten verschmiedeten, wie dies namentlich im Bergischen und
der Mark der Fall war.


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[478/0498] Wasserhämmer. gelernt haben, sondern die Halbmasseln wurden in getrennten Hammer- werken weiter bearbeitet. Später wurde es zwar zur Regel, daſs mit den Rennfeuern und Stücköfen, wie mit den Frischfeuern, Wasser- hämmer direkt verbunden wurden. Diese Stabhämmer schmiedeten aber das Luppeneisen nur bis zu einem gewissen Grade aus. Nach- dem die Luppe (Masse, Stück, Wolf, Frischstück je nach der Ge- winnungsmethode) dicht gemacht und in Schirbel oder Deule zerhauen war, wurden diese zu groben, viereckigen Stäben — Grobeisen — ausgereckt. Diese theilte man alsdann in entsprechende Längen und so wurden sie unter den Bezeichnungen Schienen, Kolben, Zaine, Zaggel, Knüppel, Bengel, Prügel u. s. w. weiter verarbeitet. Hätte man das Eisen gleich auf der Zerenn- oder Hammerhütte zu den feineren Dimensionen ausschmieden wollen, wie sie im Handel am meisten begehrt wurden, so würde dies die Frischarbeit selbst auf- gehalten haben und dadurch unökonomisch gewesen sein. Dazu kommt noch, daſs man für das Dichten und Ausschmieden der Luppe zu Grobeisen schwere Hämmer mit langsamem Gang nötig hatte, während für die feineren Eisensorten leichtere Hämmer mit raschem Gang vorteilhafter waren. Endlich aber hatten die Hochöfen und Frischhütten schon ihre Not, die für ihren Betrieb erforderliche Kohlen- menge zu beschaffen, für die weitere Verarbeitung wäre dies oft unmöglich gewesen; diese weitere Verarbeitung war aber auch gar nicht an die Erzgebiete gebunden, sondern geschah viel besser da, wo die Kohle billiger war und wo das Zaineisen verlangt wurde. Aus diesen Gründen ergab es sich von selbst, daſs sich eine mehrfache Trennung in dem Hammergewerbe vollzog. Das erste Produkt (Halb- massen, Luppen) wurde mit Stabhämmern in den Hammerwerken und Frischhütten geschmiedet, die feinen Eisensorten wurden aus dem so gewonnenen Grobeisen in besonderen Schmieden mit leichteren Hämmern dargestellt, diese führten den Namen Zainhämmer, Reckhämmer und Raffinierhämmer. Der Name Reckhammer war mehr in der Mark, im Bergischen und im Westfälischen gebräuch- lich, während im übrigen Deutschland und Oesterreich der Ausdruck Zainhammer üblicher war. Raffinierhämmer hieſsen die Reckhämmer für die Stahlveredelung. Die Reck- und Zainhämmer als selbständige Hammerwerke kamen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf. Dieselben waren nicht an die Hüttenwerke gebunden, sondern zogen sich mehr nach den Fabrikationsgebieten, für welche sie die verlangten Eisensorten verschmiedeten, wie dies namentlich im Bergischen und der Mark der Fall war.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/498>, abgerufen am 19.04.2024.