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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Bergbau.
Viele, die vordem arm gewesen, wurden reich durch einen glücklichen
Bergfund. So geschah es nicht wenigen in Joachimsthal. Martin
Heidler
war ein armer Bergmann, der mit seinem Weibe schürfen
ging und selbst vor Ort arbeitete, bald aber wurde er ein reicher
Bergherr, der allein auf dem roten Ganges Zug 100000 Gulden an
Ausbeute machte. Die Familie Münzer zog allein aus ihren Frei-
berger Zechen über 200000 Thaler. Kunz von Glück war ein
armer Bergjunge in Schneeberg, wegen seiner Armut der arme Kunz
geheissen. Er zog nach Lothringen und schürfte so glücklich, dass
er später eine wöchentliche Ausbeute von 1500 Gulden gehabt haben
soll. Kaiser Maximilian adelte ihn mit dem Namen "Kunz von
Glück
". Ähnlich war es mit Kunz von Ipphoff ergangen. Der
war so arm, dass er sein letztes Paar Schuhe für eine Schuld be-
zahlen wollte, als er den Gang "reicher Trost" anhieb und dadurch
zu fürstlichem Reichtume gelangte. Er kaufte das ganze Dorf Ober-
Schelm und erbaute sich darin ein neues, grosses Haus mit der In-
schrift: "Gott und der reiche Trost, haben mich aus meinem Unglück
erlöst." Derartige Beispiele sind noch viele überliefert. Die Landes-
fürsten nahmen an dem Bergsegen teil. Herzog Heinrich der Fromme
von Sachsen, der durch Testament und Hausvertrag nur die festen
Schlösser Freiberg und Wolkenstein erhalten hatte, war einer der
thätigsten und glücklichsten Gewerke seiner Zeit.

Viele Augsburger und Nürnberger Kaufmannsfamilien beteiligten
sich an Bergwerksunternehmungen, besonders die Hochstetter und die
Fugger. Die letzteren hatten die Bergwerke von Schwatz von Kaiser
Maximilian gepachtet und zogen alle Jahre 200000 Gulden daraus.
Ausserdem zogen sie aus den Darlehen, die sie dem Kaiser machten,
enormen Gewinn, so dass die tirolischen Stände berechneten, dass sie
von jedem Gulden, den sie vorschossen, sechs dafür erhielten. Jacob
Fugger
betrieb namentlich ausgedehnten Bergbau in Ungarn, Kärn-
ten und Tirol. Er erbaute das Schloss Fuggerau. Ein anderer
tiroler Gewerke, Christian Täzel, liess das Schloss Tratzberg
herrlich aufbauen, und als der Gewerke Hans Füser zu Hall
Hochzeit machte, liess er seine Braut mit 4000 Pferden aus Bayern
abholen. -- Kein Wunder, dass solche Beispiele Tausende in die Berg-
werke lockten.

Blühende Städte entstanden in den erzreichen Gebirgen, wovon
wir schon zuvor zu sprechen Gelegenheit hatten. Die bekanntesten
Bergorte des 16. Jahrhunderts waren in den deutschen Alpen:
Schwatz, Rattenberg, Hall, Kuffstein, Kitzbüchel, Gossensass, Nons,

Bergbau.
Viele, die vordem arm gewesen, wurden reich durch einen glücklichen
Bergfund. So geschah es nicht wenigen in Joachimsthal. Martin
Heidler
war ein armer Bergmann, der mit seinem Weibe schürfen
ging und selbst vor Ort arbeitete, bald aber wurde er ein reicher
Bergherr, der allein auf dem roten Ganges Zug 100000 Gulden an
Ausbeute machte. Die Familie Münzer zog allein aus ihren Frei-
berger Zechen über 200000 Thaler. Kunz von Glück war ein
armer Bergjunge in Schneeberg, wegen seiner Armut der arme Kunz
geheiſsen. Er zog nach Lothringen und schürfte so glücklich, daſs
er später eine wöchentliche Ausbeute von 1500 Gulden gehabt haben
soll. Kaiser Maximilian adelte ihn mit dem Namen „Kunz von
Glück
“. Ähnlich war es mit Kunz von Ipphoff ergangen. Der
war so arm, daſs er sein letztes Paar Schuhe für eine Schuld be-
zahlen wollte, als er den Gang „reicher Trost“ anhieb und dadurch
zu fürstlichem Reichtume gelangte. Er kaufte das ganze Dorf Ober-
Schelm und erbaute sich darin ein neues, groſses Haus mit der In-
schrift: „Gott und der reiche Trost, haben mich aus meinem Unglück
erlöst.“ Derartige Beispiele sind noch viele überliefert. Die Landes-
fürsten nahmen an dem Bergsegen teil. Herzog Heinrich der Fromme
von Sachsen, der durch Testament und Hausvertrag nur die festen
Schlösser Freiberg und Wolkenstein erhalten hatte, war einer der
thätigsten und glücklichsten Gewerke seiner Zeit.

Viele Augsburger und Nürnberger Kaufmannsfamilien beteiligten
sich an Bergwerksunternehmungen, besonders die Hochstetter und die
Fugger. Die letzteren hatten die Bergwerke von Schwatz von Kaiser
Maximilian gepachtet und zogen alle Jahre 200000 Gulden daraus.
Auſserdem zogen sie aus den Darlehen, die sie dem Kaiser machten,
enormen Gewinn, so daſs die tirolischen Stände berechneten, daſs sie
von jedem Gulden, den sie vorschossen, sechs dafür erhielten. Jacob
Fugger
betrieb namentlich ausgedehnten Bergbau in Ungarn, Kärn-
ten und Tirol. Er erbaute das Schloſs Fuggerau. Ein anderer
tiroler Gewerke, Christian Täzel, lieſs das Schloſs Tratzberg
herrlich aufbauen, und als der Gewerke Hans Füser zu Hall
Hochzeit machte, lieſs er seine Braut mit 4000 Pferden aus Bayern
abholen. — Kein Wunder, daſs solche Beispiele Tausende in die Berg-
werke lockten.

Blühende Städte entstanden in den erzreichen Gebirgen, wovon
wir schon zuvor zu sprechen Gelegenheit hatten. Die bekanntesten
Bergorte des 16. Jahrhunderts waren in den deutschen Alpen:
Schwatz, Rattenberg, Hall, Kuffstein, Kitzbüchel, Gossensaſs, Nons,

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[542/0562] Bergbau. Viele, die vordem arm gewesen, wurden reich durch einen glücklichen Bergfund. So geschah es nicht wenigen in Joachimsthal. Martin Heidler war ein armer Bergmann, der mit seinem Weibe schürfen ging und selbst vor Ort arbeitete, bald aber wurde er ein reicher Bergherr, der allein auf dem roten Ganges Zug 100000 Gulden an Ausbeute machte. Die Familie Münzer zog allein aus ihren Frei- berger Zechen über 200000 Thaler. Kunz von Glück war ein armer Bergjunge in Schneeberg, wegen seiner Armut der arme Kunz geheiſsen. Er zog nach Lothringen und schürfte so glücklich, daſs er später eine wöchentliche Ausbeute von 1500 Gulden gehabt haben soll. Kaiser Maximilian adelte ihn mit dem Namen „Kunz von Glück“. Ähnlich war es mit Kunz von Ipphoff ergangen. Der war so arm, daſs er sein letztes Paar Schuhe für eine Schuld be- zahlen wollte, als er den Gang „reicher Trost“ anhieb und dadurch zu fürstlichem Reichtume gelangte. Er kaufte das ganze Dorf Ober- Schelm und erbaute sich darin ein neues, groſses Haus mit der In- schrift: „Gott und der reiche Trost, haben mich aus meinem Unglück erlöst.“ Derartige Beispiele sind noch viele überliefert. Die Landes- fürsten nahmen an dem Bergsegen teil. Herzog Heinrich der Fromme von Sachsen, der durch Testament und Hausvertrag nur die festen Schlösser Freiberg und Wolkenstein erhalten hatte, war einer der thätigsten und glücklichsten Gewerke seiner Zeit. Viele Augsburger und Nürnberger Kaufmannsfamilien beteiligten sich an Bergwerksunternehmungen, besonders die Hochstetter und die Fugger. Die letzteren hatten die Bergwerke von Schwatz von Kaiser Maximilian gepachtet und zogen alle Jahre 200000 Gulden daraus. Auſserdem zogen sie aus den Darlehen, die sie dem Kaiser machten, enormen Gewinn, so daſs die tirolischen Stände berechneten, daſs sie von jedem Gulden, den sie vorschossen, sechs dafür erhielten. Jacob Fugger betrieb namentlich ausgedehnten Bergbau in Ungarn, Kärn- ten und Tirol. Er erbaute das Schloſs Fuggerau. Ein anderer tiroler Gewerke, Christian Täzel, lieſs das Schloſs Tratzberg herrlich aufbauen, und als der Gewerke Hans Füser zu Hall Hochzeit machte, lieſs er seine Braut mit 4000 Pferden aus Bayern abholen. — Kein Wunder, daſs solche Beispiele Tausende in die Berg- werke lockten. Blühende Städte entstanden in den erzreichen Gebirgen, wovon wir schon zuvor zu sprechen Gelegenheit hatten. Die bekanntesten Bergorte des 16. Jahrhunderts waren in den deutschen Alpen: Schwatz, Rattenberg, Hall, Kuffstein, Kitzbüchel, Gossensaſs, Nons,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/562>, abgerufen am 25.04.2024.