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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Waldwirtschaft.
Waldwirtschaft und Waldordnungen.

Ehe wir diese betrachten, wollen wir einen kurzen Blick werfen
auf denjenigen Grossbetrieb, welcher nächst dem Bergbau dem Eisen-
hüttenwesen am nächsten stand, der Waldwirtschaft. Diese war
für das Berg- und noch mehr für das Hüttenwesen von allergrösster
Bedeutung. Viele Eisenhütten und Hämmer wurden des billigen
Holzes wegen und zur Verwertung des Waldreichtums angelegt, und
die Landesfürsten sowohl wie die Gemeinden unterstützten die Anlage
solcher Werke, weil in den meisten Fällen der Wald ihr Hauptbesitz
und ihre Haupteinnahmequelle war. Der Bergbau gab Veranlassung,
dass die in der Nähe der Bergwerke befindlichen herrenlosen Wal-
dungen, welche zum Betrieb derselben notwendig waren, bereits zu
Anfang des 16. Jahrhunderts formell von den Landesherren in Besitz
genommen wurden, wobei sich der Eigentumsanspruch auf das Berg-
regal stützte 1).

Mit der Zeit aber trat in den Gegenden, wo die Eisenindustrie
am meisten blüte, Holzmangel ein und nun sahen sich die Landes-
herrn zu Waldschutzgesetzen gezwungen, die aber nicht nur in Schutz-
vorschriften für den Wald, sondern auch in Einschränkungen des
Hütten- und Hammerbetriebes bestanden und dadurch direkt in die
Entwickelung des Eisenhüttenwesens eingriffen.

Der Waldreichtum Europas war im Altertum viel grösser wie
jetzt. Deutschland war zur Zeit der Kämpfe mit den Römern fast
ganz mit Wald bedeckt und bildete derselbe seine stärkste Schutz-
wehr gegen den Feind. Mit fortschreitender Kultur entstanden Ort-
schaften und Städte, wozu grosse Waldflächen ausgerodet werden
mussten. Kein Gesetz schränkte vor Karl dem Grossen diese
Rodungen ein, dieser erliess die erste einschränkende Verordnung
(... ubi silvae debent esse, non eas permittant nimis capulare atque
damnare. Capitul. de villis, cap. 36). Da Überfluss an Wald vorhanden

1) In der Ordnung für die Bergwerke in Österreich, Steiermark, Kärnten und
Krain a. 1517 heisst es: "Es söllen an alles mit alle hoch- undt swartswäld, unns
als Herrn unndt Landesfürsten, Wo Perkhwerch sein, oder noch aufersteend ver-
folgen, zusambt unserm Perkhwerch. Es wär dan, das ain Khloster oder ain Gsloss
ain aigen wald hetten, des dasselb Khloster oder Gsloss noddürftig wären, so sullen
Jen Ungeirrt vom Perkhwerchen bleiben ... Aber die andern all, auszerhalb der
vorangezaigten, sollen, wo Perkhwerch sein, zu unnsern als Herrn unndt Landes-
fürsten Perkhwerchen fudrung unnser fron unndt wechsel bevorsten."
Waldwirtschaft.
Waldwirtschaft und Waldordnungen.

Ehe wir diese betrachten, wollen wir einen kurzen Blick werfen
auf denjenigen Groſsbetrieb, welcher nächst dem Bergbau dem Eisen-
hüttenwesen am nächsten stand, der Waldwirtschaft. Diese war
für das Berg- und noch mehr für das Hüttenwesen von allergröſster
Bedeutung. Viele Eisenhütten und Hämmer wurden des billigen
Holzes wegen und zur Verwertung des Waldreichtums angelegt, und
die Landesfürsten sowohl wie die Gemeinden unterstützten die Anlage
solcher Werke, weil in den meisten Fällen der Wald ihr Hauptbesitz
und ihre Haupteinnahmequelle war. Der Bergbau gab Veranlassung,
daſs die in der Nähe der Bergwerke befindlichen herrenlosen Wal-
dungen, welche zum Betrieb derselben notwendig waren, bereits zu
Anfang des 16. Jahrhunderts formell von den Landesherren in Besitz
genommen wurden, wobei sich der Eigentumsanspruch auf das Berg-
regal stützte 1).

Mit der Zeit aber trat in den Gegenden, wo die Eisenindustrie
am meisten blüte, Holzmangel ein und nun sahen sich die Landes-
herrn zu Waldschutzgesetzen gezwungen, die aber nicht nur in Schutz-
vorschriften für den Wald, sondern auch in Einschränkungen des
Hütten- und Hammerbetriebes bestanden und dadurch direkt in die
Entwickelung des Eisenhüttenwesens eingriffen.

Der Waldreichtum Europas war im Altertum viel gröſser wie
jetzt. Deutschland war zur Zeit der Kämpfe mit den Römern fast
ganz mit Wald bedeckt und bildete derselbe seine stärkste Schutz-
wehr gegen den Feind. Mit fortschreitender Kultur entstanden Ort-
schaften und Städte, wozu groſse Waldflächen ausgerodet werden
muſsten. Kein Gesetz schränkte vor Karl dem Groſsen diese
Rodungen ein, dieser erlieſs die erste einschränkende Verordnung
(… ubi silvae debent esse, non eas permittant nimis capulare atque
damnare. Capitul. de villis, cap. 36). Da Überfluſs an Wald vorhanden

1) In der Ordnung für die Bergwerke in Österreich, Steiermark, Kärnten und
Krain a. 1517 heiſst es: „Es söllen an alles mit alle hoch- undt swartswäld, unns
als Herrn unndt Landesfürsten, Wo Perkhwerch sein, oder noch aufersteend ver-
folgen, zusambt unserm Perkhwerch. Es wär dan, das ain Khloster oder ain Gsloſs
ain aigen wald hetten, des dasselb Khloster oder Gsloſs noddürftig wären, so sullen
Jen Ungeirrt vom Perkhwerchen bleiben … Aber die andern all, auszerhalb der
vorangezaigten, sollen, wo Perkhwerch sein, zu unnsern als Herrn unndt Landes-
fürsten Perkhwerchen fudrung unnser fron unndt wechsel bevorsten.“
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[550/0570] Waldwirtschaft. Waldwirtschaft und Waldordnungen. Ehe wir diese betrachten, wollen wir einen kurzen Blick werfen auf denjenigen Groſsbetrieb, welcher nächst dem Bergbau dem Eisen- hüttenwesen am nächsten stand, der Waldwirtschaft. Diese war für das Berg- und noch mehr für das Hüttenwesen von allergröſster Bedeutung. Viele Eisenhütten und Hämmer wurden des billigen Holzes wegen und zur Verwertung des Waldreichtums angelegt, und die Landesfürsten sowohl wie die Gemeinden unterstützten die Anlage solcher Werke, weil in den meisten Fällen der Wald ihr Hauptbesitz und ihre Haupteinnahmequelle war. Der Bergbau gab Veranlassung, daſs die in der Nähe der Bergwerke befindlichen herrenlosen Wal- dungen, welche zum Betrieb derselben notwendig waren, bereits zu Anfang des 16. Jahrhunderts formell von den Landesherren in Besitz genommen wurden, wobei sich der Eigentumsanspruch auf das Berg- regal stützte 1). Mit der Zeit aber trat in den Gegenden, wo die Eisenindustrie am meisten blüte, Holzmangel ein und nun sahen sich die Landes- herrn zu Waldschutzgesetzen gezwungen, die aber nicht nur in Schutz- vorschriften für den Wald, sondern auch in Einschränkungen des Hütten- und Hammerbetriebes bestanden und dadurch direkt in die Entwickelung des Eisenhüttenwesens eingriffen. Der Waldreichtum Europas war im Altertum viel gröſser wie jetzt. Deutschland war zur Zeit der Kämpfe mit den Römern fast ganz mit Wald bedeckt und bildete derselbe seine stärkste Schutz- wehr gegen den Feind. Mit fortschreitender Kultur entstanden Ort- schaften und Städte, wozu groſse Waldflächen ausgerodet werden muſsten. Kein Gesetz schränkte vor Karl dem Groſsen diese Rodungen ein, dieser erlieſs die erste einschränkende Verordnung (… ubi silvae debent esse, non eas permittant nimis capulare atque damnare. Capitul. de villis, cap. 36). Da Überfluſs an Wald vorhanden 1) In der Ordnung für die Bergwerke in Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain a. 1517 heiſst es: „Es söllen an alles mit alle hoch- undt swartswäld, unns als Herrn unndt Landesfürsten, Wo Perkhwerch sein, oder noch aufersteend ver- folgen, zusambt unserm Perkhwerch. Es wär dan, das ain Khloster oder ain Gsloſs ain aigen wald hetten, des dasselb Khloster oder Gsloſs noddürftig wären, so sullen Jen Ungeirrt vom Perkhwerchen bleiben … Aber die andern all, auszerhalb der vorangezaigten, sollen, wo Perkhwerch sein, zu unnsern als Herrn unndt Landes- fürsten Perkhwerchen fudrung unnser fron unndt wechsel bevorsten.“

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/570>, abgerufen am 29.03.2024.