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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Belgien und Lothringen.
mann 1): Namür (Namuricum), eine Grafschaft, die Berge dabei sind
voller Eisen und Bley-Erzt, schwarzem Marmor und Steinkohlen-
gruben, welche den Bergleuten und Schmieden sehr wohl zustatten
kommen, wie denn sehr viel Stahl und Eisen von hier anderwärts
verführt wird.

Die beträchtliche Eisenausfuhr aus dem Gebiete von Lüttich,
Namür und dem Hennegau wurde durch die reichen flandrischen
Hansastädte zumeist vermittelt. Nach Brügges Rückgang hatte An-
torff (Antwerpen) einen grossartigen Aufschwung genommen und war
der wichtigste Seehandelsplatz geworden. Botero sagt, "Antorff sei
vor dem niederländischen Kriege so gewerbreich gewesen, dass in einem
Monat mehr da geworben und gehandelt worden sei, als in Venedig in
zwei Jahren". Brüssel war berühmt durch seine Plattnerarbeiten, be-
sonders seine Panzer. Huy, Viset, Mecheln und Namür lieferten alle
Arten Schlosserarbeit.

Von Luxemburgs Eisenindustrie, die jetzt eine so ausserordent-
liche Rolle spielt, wissen wir nur wenig zu berichten. Die Erzlager,
die jetzt den Eisenreichtum Luxemburgs ausmachen, wurden in
früherer Zeit nur wenig ausgenutzt. Deswegen bestand doch wohl
in Luxemburg bereits im Mittelalter eine Eisenindustrie, und es ist
nicht unmöglich, dass Ofenplatten, welche im 16. Jahrhundert in all-
gemeiner Anwendung waren und von denen Hr. Metz in Esch eine
so grosse Anzahl im Luxemburgischen gesammelt hat, auch schon
damals teilweise im Lande selbst gegossen wurden.

Die Eisenindustrie Lothringens ist nachweisbar sehr alt, den-
noch sind bestimmte Nachrichten darüber bis jetzt kaum veröffent-
licht. Der westliche Teil, der in das Maasgebiet fällt, hat ähnliche
geognostische Verhältnisse wie Luxemburg; er ist reich gesegnet mit
der "Minette", dem oolithischen Erz, der Lias- und Juraformation,
welches jetzt eine so wichtige Eisenquelle geworden ist, im Altertum
aber nur wenig beachtet worden zu sein scheint. Dagegen wurden
die dem unteren Lias angehörigen Brauneisensteinlager des Mosel-
gebietes nachweislich schon im frühen Mittelalter ausgebeutet. Der
Eisenerzbergbau der Grafschaft Vaudemont geht bis in das 12., der
bei Hayingen in das 13. Jahrhundert zurück. Herzog Renne II. er-
liess am 4. Juli 1486 die erste ziemlich vollständig erhaltene Berg-
ordnung, betreffend die Bergwerke der Vogesen. Hier, wie im Elsass,

1) Magnalia Dei, II, 2 f. und ferner: Celebratur civitas Namuricum ob
ferri praestantissimi copiam, cujus metalli in Arduenna silva, quae hic proxime
ad alteram Mosae fluminis ripam est, officinas multas habet.

Belgien und Lothringen.
mann 1): Namür (Namuricum), eine Grafschaft, die Berge dabei sind
voller Eisen und Bley-Erzt, schwarzem Marmor und Steinkohlen-
gruben, welche den Bergleuten und Schmieden sehr wohl zustatten
kommen, wie denn sehr viel Stahl und Eisen von hier anderwärts
verführt wird.

Die beträchtliche Eisenausfuhr aus dem Gebiete von Lüttich,
Namür und dem Hennegau wurde durch die reichen flandrischen
Hansastädte zumeist vermittelt. Nach Brügges Rückgang hatte An-
torff (Antwerpen) einen groſsartigen Aufschwung genommen und war
der wichtigste Seehandelsplatz geworden. Botero sagt, „Antorff sei
vor dem niederländischen Kriege so gewerbreich gewesen, daſs in einem
Monat mehr da geworben und gehandelt worden sei, als in Venedig in
zwei Jahren“. Brüssel war berühmt durch seine Plattnerarbeiten, be-
sonders seine Panzer. Huy, Viset, Mecheln und Namür lieferten alle
Arten Schlosserarbeit.

Von Luxemburgs Eisenindustrie, die jetzt eine so auſserordent-
liche Rolle spielt, wissen wir nur wenig zu berichten. Die Erzlager,
die jetzt den Eisenreichtum Luxemburgs ausmachen, wurden in
früherer Zeit nur wenig ausgenutzt. Deswegen bestand doch wohl
in Luxemburg bereits im Mittelalter eine Eisenindustrie, und es ist
nicht unmöglich, daſs Ofenplatten, welche im 16. Jahrhundert in all-
gemeiner Anwendung waren und von denen Hr. Metz in Esch eine
so groſse Anzahl im Luxemburgischen gesammelt hat, auch schon
damals teilweise im Lande selbst gegossen wurden.

Die Eisenindustrie Lothringens ist nachweisbar sehr alt, den-
noch sind bestimmte Nachrichten darüber bis jetzt kaum veröffent-
licht. Der westliche Teil, der in das Maasgebiet fällt, hat ähnliche
geognostische Verhältnisse wie Luxemburg; er ist reich gesegnet mit
der „Minette“, dem oolithischen Erz, der Lias- und Juraformation,
welches jetzt eine so wichtige Eisenquelle geworden ist, im Altertum
aber nur wenig beachtet worden zu sein scheint. Dagegen wurden
die dem unteren Lias angehörigen Brauneisensteinlager des Mosel-
gebietes nachweislich schon im frühen Mittelalter ausgebeutet. Der
Eisenerzbergbau der Grafschaft Vaudemont geht bis in das 12., der
bei Hayingen in das 13. Jahrhundert zurück. Herzog Renné II. er-
lieſs am 4. Juli 1486 die erste ziemlich vollständig erhaltene Berg-
ordnung, betreffend die Bergwerke der Vogesen. Hier, wie im Elsaſs,

1) Magnalia Dei, II, 2 f. und ferner: Celebratur civitas Namuricum ob
ferri praestantissimi copiam, cujus metalli in Arduenna silva, quae hic proxime
ad alteram Mosae fluminis ripam est, officinas multas habet.
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[855/0875] Belgien und Lothringen. mann 1): Namür (Namuricum), eine Grafschaft, die Berge dabei sind voller Eisen und Bley-Erzt, schwarzem Marmor und Steinkohlen- gruben, welche den Bergleuten und Schmieden sehr wohl zustatten kommen, wie denn sehr viel Stahl und Eisen von hier anderwärts verführt wird. Die beträchtliche Eisenausfuhr aus dem Gebiete von Lüttich, Namür und dem Hennegau wurde durch die reichen flandrischen Hansastädte zumeist vermittelt. Nach Brügges Rückgang hatte An- torff (Antwerpen) einen groſsartigen Aufschwung genommen und war der wichtigste Seehandelsplatz geworden. Botero sagt, „Antorff sei vor dem niederländischen Kriege so gewerbreich gewesen, daſs in einem Monat mehr da geworben und gehandelt worden sei, als in Venedig in zwei Jahren“. Brüssel war berühmt durch seine Plattnerarbeiten, be- sonders seine Panzer. Huy, Viset, Mecheln und Namür lieferten alle Arten Schlosserarbeit. Von Luxemburgs Eisenindustrie, die jetzt eine so auſserordent- liche Rolle spielt, wissen wir nur wenig zu berichten. Die Erzlager, die jetzt den Eisenreichtum Luxemburgs ausmachen, wurden in früherer Zeit nur wenig ausgenutzt. Deswegen bestand doch wohl in Luxemburg bereits im Mittelalter eine Eisenindustrie, und es ist nicht unmöglich, daſs Ofenplatten, welche im 16. Jahrhundert in all- gemeiner Anwendung waren und von denen Hr. Metz in Esch eine so groſse Anzahl im Luxemburgischen gesammelt hat, auch schon damals teilweise im Lande selbst gegossen wurden. Die Eisenindustrie Lothringens ist nachweisbar sehr alt, den- noch sind bestimmte Nachrichten darüber bis jetzt kaum veröffent- licht. Der westliche Teil, der in das Maasgebiet fällt, hat ähnliche geognostische Verhältnisse wie Luxemburg; er ist reich gesegnet mit der „Minette“, dem oolithischen Erz, der Lias- und Juraformation, welches jetzt eine so wichtige Eisenquelle geworden ist, im Altertum aber nur wenig beachtet worden zu sein scheint. Dagegen wurden die dem unteren Lias angehörigen Brauneisensteinlager des Mosel- gebietes nachweislich schon im frühen Mittelalter ausgebeutet. Der Eisenerzbergbau der Grafschaft Vaudemont geht bis in das 12., der bei Hayingen in das 13. Jahrhundert zurück. Herzog Renné II. er- lieſs am 4. Juli 1486 die erste ziemlich vollständig erhaltene Berg- ordnung, betreffend die Bergwerke der Vogesen. Hier, wie im Elsaſs, 1) Magnalia Dei, II, 2 f. und ferner: Celebratur civitas Namuricum ob ferri praestantissimi copiam, cujus metalli in Arduenna silva, quae hic proxime ad alteram Mosae fluminis ripam est, officinas multas habet.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/875>, abgerufen am 25.04.2024.