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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert.
wegung der Hämmer und der Bälge. Für die schweren Stirnhämmer
machte sich zuerst das Bedürfniss der Benutzung der Wasserkraft
fühlbar. Die Eisenhämmer zogen deshalb zuerst in die Thäler, während
die Luppenfeuer noch in den Bergen verblieben. Bald aber folgten die
Schmelzfeuer den Hämmern, und so entstanden die sogenannten Eisen-
mühlen (mouli de fer). Eine der ersten in den französischen Pyre-
näen war die mouli de Caponta in der Gemeinde Auzat, welche um
1500 erbaut worden war. 1550 gehörte sie einem Jeanne d'Albret.
Sie wurde von biscayischen Schmieden betrieben.

In der Zeit zwischen 1616 und 1667 fanden die Wassertrommel-
gebläse zur Winderzeugung Eingang, welche wegen ihrer Billigkeit
und ihres Effekts rasche Verbreitung in den Pyrenäenthälern fanden.
Seit dieser Zeit ging die ältere biscayische Methode in diejenige über,
welche man besonders als kleine Katalanschmiede bezeichnet. Im
Jahre 1667 zählte man im Arriege 44 Schmieden und 8 Hämmer
dieser Art. Zu 100 Eisen wurden 305 Erz und 593 Holzkohlen ver-
wendet; eine Schmelzung dauerte vier Stunden.

Während im westlichen Europa, nämlich in Spanien, Italien,
Frankreich, England und dem grössten Teile von Deutschland die
direkte Eisengewinnung in Herdöfen stattfand, herrschten im östlichen
Europa, nämlich in Schweden, Russland, Türkei, Ungarn und in den
Alpenländern niedrige Schachtöfen vor. In Schweden, Finnland und
Russland die sogenannten Bauernöfen, in Ungarn die Slovakenöfen,
in den Alpenländern die Stücköfen, in Schmalkalden und einigen
Gegenden Mitteldeutschlands die Blauöfen. Die Stücköfen in Steyer-
mark und Kärnthen hatten viereckigen Querschnitt.



Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert.

Bei den Hochöfen, in welchen die Erze auf Roheisen ver-
schmolzen wurden, lassen sich Fortschritte nur in England mit Sicher-
heit nachweisen. Während man in Deutschland an der überlieferten
Ofenform mit rechtwinkligem Querschnitt im Innern festhielt, baute
man in England bereits Öfen mit kreisförmiger Zustellung, und zwar
in einer Höhe bis zu 30 Fuss. In einer Beschreibung der Eisenwerke

Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert.
wegung der Hämmer und der Bälge. Für die schweren Stirnhämmer
machte sich zuerst das Bedürfniſs der Benutzung der Wasserkraft
fühlbar. Die Eisenhämmer zogen deshalb zuerst in die Thäler, während
die Luppenfeuer noch in den Bergen verblieben. Bald aber folgten die
Schmelzfeuer den Hämmern, und so entstanden die sogenannten Eisen-
mühlen (mouli de fer). Eine der ersten in den französischen Pyre-
näen war die mouli de Caponta in der Gemeinde Auzat, welche um
1500 erbaut worden war. 1550 gehörte sie einem Jeanne d’Albret.
Sie wurde von biscayischen Schmieden betrieben.

In der Zeit zwischen 1616 und 1667 fanden die Wassertrommel-
gebläse zur Winderzeugung Eingang, welche wegen ihrer Billigkeit
und ihres Effekts rasche Verbreitung in den Pyrenäenthälern fanden.
Seit dieser Zeit ging die ältere biscayische Methode in diejenige über,
welche man besonders als kleine Katalanschmiede bezeichnet. Im
Jahre 1667 zählte man im Arriège 44 Schmieden und 8 Hämmer
dieser Art. Zu 100 Eisen wurden 305 Erz und 593 Holzkohlen ver-
wendet; eine Schmelzung dauerte vier Stunden.

Während im westlichen Europa, nämlich in Spanien, Italien,
Frankreich, England und dem gröſsten Teile von Deutschland die
direkte Eisengewinnung in Herdöfen stattfand, herrschten im östlichen
Europa, nämlich in Schweden, Ruſsland, Türkei, Ungarn und in den
Alpenländern niedrige Schachtöfen vor. In Schweden, Finnland und
Ruſsland die sogenannten Bauernöfen, in Ungarn die Slovakenöfen,
in den Alpenländern die Stücköfen, in Schmalkalden und einigen
Gegenden Mitteldeutschlands die Blauöfen. Die Stücköfen in Steyer-
mark und Kärnthen hatten viereckigen Querschnitt.



Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert.

Bei den Hochöfen, in welchen die Erze auf Roheisen ver-
schmolzen wurden, lassen sich Fortschritte nur in England mit Sicher-
heit nachweisen. Während man in Deutschland an der überlieferten
Ofenform mit rechtwinkligem Querschnitt im Innern festhielt, baute
man in England bereits Öfen mit kreisförmiger Zustellung, und zwar
in einer Höhe bis zu 30 Fuſs. In einer Beschreibung der Eisenwerke

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[969/0991] Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert. wegung der Hämmer und der Bälge. Für die schweren Stirnhämmer machte sich zuerst das Bedürfniſs der Benutzung der Wasserkraft fühlbar. Die Eisenhämmer zogen deshalb zuerst in die Thäler, während die Luppenfeuer noch in den Bergen verblieben. Bald aber folgten die Schmelzfeuer den Hämmern, und so entstanden die sogenannten Eisen- mühlen (mouli de fer). Eine der ersten in den französischen Pyre- näen war die mouli de Caponta in der Gemeinde Auzat, welche um 1500 erbaut worden war. 1550 gehörte sie einem Jeanne d’Albret. Sie wurde von biscayischen Schmieden betrieben. In der Zeit zwischen 1616 und 1667 fanden die Wassertrommel- gebläse zur Winderzeugung Eingang, welche wegen ihrer Billigkeit und ihres Effekts rasche Verbreitung in den Pyrenäenthälern fanden. Seit dieser Zeit ging die ältere biscayische Methode in diejenige über, welche man besonders als kleine Katalanschmiede bezeichnet. Im Jahre 1667 zählte man im Arriège 44 Schmieden und 8 Hämmer dieser Art. Zu 100 Eisen wurden 305 Erz und 593 Holzkohlen ver- wendet; eine Schmelzung dauerte vier Stunden. Während im westlichen Europa, nämlich in Spanien, Italien, Frankreich, England und dem gröſsten Teile von Deutschland die direkte Eisengewinnung in Herdöfen stattfand, herrschten im östlichen Europa, nämlich in Schweden, Ruſsland, Türkei, Ungarn und in den Alpenländern niedrige Schachtöfen vor. In Schweden, Finnland und Ruſsland die sogenannten Bauernöfen, in Ungarn die Slovakenöfen, in den Alpenländern die Stücköfen, in Schmalkalden und einigen Gegenden Mitteldeutschlands die Blauöfen. Die Stücköfen in Steyer- mark und Kärnthen hatten viereckigen Querschnitt. Indirekte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert. Bei den Hochöfen, in welchen die Erze auf Roheisen ver- schmolzen wurden, lassen sich Fortschritte nur in England mit Sicher- heit nachweisen. Während man in Deutschland an der überlieferten Ofenform mit rechtwinkligem Querschnitt im Innern festhielt, baute man in England bereits Öfen mit kreisförmiger Zustellung, und zwar in einer Höhe bis zu 30 Fuſs. In einer Beschreibung der Eisenwerke

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 969. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/991>, abgerufen am 25.04.2024.