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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Amerika.
Amerika.

Die Eisenindustrie Nordamerikas, die heute die erste Stelle
einnimmt und sich zu bewunderungswürdiger Grossartigkeit entwickelt
hat, begann erst spät und mit sehr bescheidenen Anfängen. Obgleich
schon die Expedition, welche Sir Walter Raleigh 1585 nach Nord-
Karolina ausgerüstet hatte, reiche Eisenerze fand und auch in anderen
Gegenden der Reichtum Nordamerikas an Eisenerzen bald offenbar
wurde, so dauerte es doch lange, bis sich eine Eisenindustrie entfaltete.
Die Kolonisten bezogen ihre Bedürfnisse aus dem Mutterlande, und
dieses hatte kein Interesse daran, eine Industrie zu befördern, die
ihrer eigenen Konkurrenz machte und ihren Handel beeinträchtigte.
Die ersten Versuche dazu wurden in Virginien gemacht. Nachdem
1607 die erste ständige englische Kolonie zu Jamestown gegründet
worden war, brachte im folgenden Jahre das Schiff der Virginia-
Kompanie unter der Führung des Kapitäns Newport ausser anderen
Artikeln Eisenerze nach England, aus denen 17 Tonnen Eisen ge-
schmolzen und für 4 £ die Tonne an die Ostindische Kompanie
verkauft wurde. Dies war das erste Eisen aus amerikanischen Erzen
(1608). 1610 lenkte Sir Thomas Gates die Aufmerksamkeit des
englischen Publikums auf die guten Eisenerze in Virginien. Aber
erst 1619 schickte die Virginia-Kompanie erfahrene englische Eisen-
arbeiter dorthin, welche die ersten drei Eisenrennwerke in Amerika
am Falling Creek, 7 engl. Meilen unterhalb Richmond und 66 engl.
Meilen oberhalb Jamestown, gründeten. 1620 konnte Sir Edwin
Sandys
in einer in London gehaltenen Rede diese Gründung als ein
blühendes Unternehmen bezeichnen, bei dem 150 Kolonisten mit
Gewinnung der Erze und dem Bau der Schmelzwerke beschäftigt
seien. 1621 entsandte man John und Maurice Berkeley mit 20
tüchtigen Arbeitern von England aus, um diese Industrie noch mehr
zu fördern, aber sie fanden ein rasches Ende. 1622 überfielen Indianer
die Kolonie und vernichteten sie gänzlich. Versuchsweise scheint
Eisen geschmolzen worden zu sein, zum Versand war aber noch keins
gekommen 1). Im 17. Jahrhundert wurde kein weiterer Versuch der
Eisenbereitung in Virginien gemacht.

Besseren Erfolg hatten die Versuche, welche von 1632 an im

1) Vergl. Swank, The Manufacture of Iron in all Ages, 1892, p. 105.
Amerika.
Amerika.

Die Eisenindustrie Nordamerikas, die heute die erste Stelle
einnimmt und sich zu bewunderungswürdiger Groſsartigkeit entwickelt
hat, begann erst spät und mit sehr bescheidenen Anfängen. Obgleich
schon die Expedition, welche Sir Walter Raleigh 1585 nach Nord-
Karolina ausgerüstet hatte, reiche Eisenerze fand und auch in anderen
Gegenden der Reichtum Nordamerikas an Eisenerzen bald offenbar
wurde, so dauerte es doch lange, bis sich eine Eisenindustrie entfaltete.
Die Kolonisten bezogen ihre Bedürfnisse aus dem Mutterlande, und
dieses hatte kein Interesse daran, eine Industrie zu befördern, die
ihrer eigenen Konkurrenz machte und ihren Handel beeinträchtigte.
Die ersten Versuche dazu wurden in Virginien gemacht. Nachdem
1607 die erste ständige englische Kolonie zu Jamestown gegründet
worden war, brachte im folgenden Jahre das Schiff der Virginia-
Kompanie unter der Führung des Kapitäns Newport auſser anderen
Artikeln Eisenerze nach England, aus denen 17 Tonnen Eisen ge-
schmolzen und für 4 £ die Tonne an die Ostindische Kompanie
verkauft wurde. Dies war das erste Eisen aus amerikanischen Erzen
(1608). 1610 lenkte Sir Thomas Gates die Aufmerksamkeit des
englischen Publikums auf die guten Eisenerze in Virginien. Aber
erst 1619 schickte die Virginia-Kompanie erfahrene englische Eisen-
arbeiter dorthin, welche die ersten drei Eisenrennwerke in Amerika
am Falling Creek, 7 engl. Meilen unterhalb Richmond und 66 engl.
Meilen oberhalb Jamestown, gründeten. 1620 konnte Sir Edwin
Sandys
in einer in London gehaltenen Rede diese Gründung als ein
blühendes Unternehmen bezeichnen, bei dem 150 Kolonisten mit
Gewinnung der Erze und dem Bau der Schmelzwerke beschäftigt
seien. 1621 entsandte man John und Maurice Berkeley mit 20
tüchtigen Arbeitern von England aus, um diese Industrie noch mehr
zu fördern, aber sie fanden ein rasches Ende. 1622 überfielen Indianer
die Kolonie und vernichteten sie gänzlich. Versuchsweise scheint
Eisen geschmolzen worden zu sein, zum Versand war aber noch keins
gekommen 1). Im 17. Jahrhundert wurde kein weiterer Versuch der
Eisenbereitung in Virginien gemacht.

Besseren Erfolg hatten die Versuche, welche von 1632 an im

1) Vergl. Swank, The Manufacture of Iron in all Ages, 1892, p. 105.
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[1152/1166] Amerika. Amerika. Die Eisenindustrie Nordamerikas, die heute die erste Stelle einnimmt und sich zu bewunderungswürdiger Groſsartigkeit entwickelt hat, begann erst spät und mit sehr bescheidenen Anfängen. Obgleich schon die Expedition, welche Sir Walter Raleigh 1585 nach Nord- Karolina ausgerüstet hatte, reiche Eisenerze fand und auch in anderen Gegenden der Reichtum Nordamerikas an Eisenerzen bald offenbar wurde, so dauerte es doch lange, bis sich eine Eisenindustrie entfaltete. Die Kolonisten bezogen ihre Bedürfnisse aus dem Mutterlande, und dieses hatte kein Interesse daran, eine Industrie zu befördern, die ihrer eigenen Konkurrenz machte und ihren Handel beeinträchtigte. Die ersten Versuche dazu wurden in Virginien gemacht. Nachdem 1607 die erste ständige englische Kolonie zu Jamestown gegründet worden war, brachte im folgenden Jahre das Schiff der Virginia- Kompanie unter der Führung des Kapitäns Newport auſser anderen Artikeln Eisenerze nach England, aus denen 17 Tonnen Eisen ge- schmolzen und für 4 £ die Tonne an die Ostindische Kompanie verkauft wurde. Dies war das erste Eisen aus amerikanischen Erzen (1608). 1610 lenkte Sir Thomas Gates die Aufmerksamkeit des englischen Publikums auf die guten Eisenerze in Virginien. Aber erst 1619 schickte die Virginia-Kompanie erfahrene englische Eisen- arbeiter dorthin, welche die ersten drei Eisenrennwerke in Amerika am Falling Creek, 7 engl. Meilen unterhalb Richmond und 66 engl. Meilen oberhalb Jamestown, gründeten. 1620 konnte Sir Edwin Sandys in einer in London gehaltenen Rede diese Gründung als ein blühendes Unternehmen bezeichnen, bei dem 150 Kolonisten mit Gewinnung der Erze und dem Bau der Schmelzwerke beschäftigt seien. 1621 entsandte man John und Maurice Berkeley mit 20 tüchtigen Arbeitern von England aus, um diese Industrie noch mehr zu fördern, aber sie fanden ein rasches Ende. 1622 überfielen Indianer die Kolonie und vernichteten sie gänzlich. Versuchsweise scheint Eisen geschmolzen worden zu sein, zum Versand war aber noch keins gekommen 1). Im 17. Jahrhundert wurde kein weiterer Versuch der Eisenbereitung in Virginien gemacht. Besseren Erfolg hatten die Versuche, welche von 1632 an im 1) Vergl. Swank, The Manufacture of Iron in all Ages, 1892, p. 105.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1166>, abgerufen am 18.04.2024.