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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
noch das Nachzerennen, d. h. das Verkochen des Dünneisens. Dieses
nahm, da nur wenig Dünneisen vorhanden war, auch nur wenig Zeit
in Anspruch. Wenn aber auch kein Dünneisen vorhanden war, so blies
man zum Nachschmelzen der zerstreuten Brocken, und damit der
Dachel auf der Steinseite völlig ausgarte, doch noch etwa 1/4 Stunde
nach. Nur wenn man dazu übergehen wollte Stahldachel zu machen,
was öfter vorkam, blies man nicht nach. -- Nun wurde der Dachel
ausgebrochen. Der ganze Zerennprozess, einschliesslich des Dachel-
ausbrechens, nahm gewöhnlich zwei Stunden in Anspruch. Ein guter
Dachel war auf der oberen sogenannten Steinseite ziemlich eben und
hatte eine hellleuchtende Farbe von reinem Eisen, die untere Seite
hatte eine von Schlacke durchzogene Hülle und war von abgerundeter
Gestalt. Häufig zeigten sich aber in dem Dachel noch rohe Durch-
schüsse, die beim Drücken und Breiten unter dem Hammer als "Weich"
abfielen. Je reiner der Dachel, je weniger "Weich" gab es. Der
Dachel wurde nun mit der Steinseite nach unten auf den Amboss
gebracht, wozu man sich, wie bei dem Stückofenbetrieb, der Zugzange
bediente. Er wurde unter mehrmaligem Wenden gedrückt und ge-
breitet und dann in zwei Hälften geschroten. Jede dieser Hälften
wurde dann ebenso auf dem Amboss gedrückt und gebreitet und dann
wieder in zwei, zuweilen auch in drei Masseln zerhauen. Hierauf folgte
das Drücken der Masseln, wobei zuerst die beiden Ranftmasseln und
dann die Kernstücke vorgenommen wurden. Zwischen jeder Vorrich-
tung musste der Hammer auf den Bauer gesetzt werden. Der Heizer
half dem Hammerschmied bei der Arbeit. Während der Zeit wurde
der Herd wieder zugerichtet. Die ganze Arbeit beim Hammer dauerte
acht bis zehn Minuten, so dass der ganze Zeitaufwand von einem
Dachel zum andern vier Stunden betrug. Das Eisen wurde meistens
zu Zaggel von 2 Zoll Quadrat ausgeschmiedet. Man schmiedete, soweit
wie thunlich, fertige Waren auf dem Zerenn- (Grob-, Wallas- oder
Wälsch-) hammer aus, die dann als Grob-, Wallas- oder Wälschwaren
bezeichnet wurden. Ein Zerennhammer wog mindestens 5 Centner.
Lange Ware nannte man Stäbe, die in zwei Hitzen, kurze Ware solche,
die in einer Hitze dargestellt wurden. Man arbeitete in dem steierischen
Löschherd nicht auf eine bestimmte Sorte, sondern machte je nach-
dem mehr harte oder weiche Ware, wobei man sich meistens nach
dem Roheisen richtete. Die Dachel fielen ungleich und auch die
Masseln aus demselben Dachel waren unter dem Hammer nicht ganz
gleich. Man machte deshalb zwölf Sorten von Grobwaren und in dem
richtigen Sortieren lag die Kunst des Hammerschmieds, der deshalb

Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
noch das Nachzerennen, d. h. das Verkochen des Dünneisens. Dieses
nahm, da nur wenig Dünneisen vorhanden war, auch nur wenig Zeit
in Anspruch. Wenn aber auch kein Dünneisen vorhanden war, so blies
man zum Nachschmelzen der zerstreuten Brocken, und damit der
Dachel auf der Steinseite völlig ausgarte, doch noch etwa ¼ Stunde
nach. Nur wenn man dazu übergehen wollte Stahldachel zu machen,
was öfter vorkam, blies man nicht nach. — Nun wurde der Dachel
ausgebrochen. Der ganze Zerennprozeſs, einschlieſslich des Dachel-
ausbrechens, nahm gewöhnlich zwei Stunden in Anspruch. Ein guter
Dachel war auf der oberen sogenannten Steinseite ziemlich eben und
hatte eine hellleuchtende Farbe von reinem Eisen, die untere Seite
hatte eine von Schlacke durchzogene Hülle und war von abgerundeter
Gestalt. Häufig zeigten sich aber in dem Dachel noch rohe Durch-
schüsse, die beim Drücken und Breiten unter dem Hammer als „Weich“
abfielen. Je reiner der Dachel, je weniger „Weich“ gab es. Der
Dachel wurde nun mit der Steinseite nach unten auf den Amboſs
gebracht, wozu man sich, wie bei dem Stückofenbetrieb, der Zugzange
bediente. Er wurde unter mehrmaligem Wenden gedrückt und ge-
breitet und dann in zwei Hälften geschroten. Jede dieser Hälften
wurde dann ebenso auf dem Amboſs gedrückt und gebreitet und dann
wieder in zwei, zuweilen auch in drei Masseln zerhauen. Hierauf folgte
das Drücken der Masseln, wobei zuerst die beiden Ranftmasseln und
dann die Kernstücke vorgenommen wurden. Zwischen jeder Vorrich-
tung muſste der Hammer auf den Bauer gesetzt werden. Der Heizer
half dem Hammerschmied bei der Arbeit. Während der Zeit wurde
der Herd wieder zugerichtet. Die ganze Arbeit beim Hammer dauerte
acht bis zehn Minuten, so daſs der ganze Zeitaufwand von einem
Dachel zum andern vier Stunden betrug. Das Eisen wurde meistens
zu Zaggel von 2 Zoll Quadrat ausgeschmiedet. Man schmiedete, soweit
wie thunlich, fertige Waren auf dem Zerenn- (Grob-, Wallas- oder
Wälsch-) hammer aus, die dann als Grob-, Wallas- oder Wälschwaren
bezeichnet wurden. Ein Zerennhammer wog mindestens 5 Centner.
Lange Ware nannte man Stäbe, die in zwei Hitzen, kurze Ware solche,
die in einer Hitze dargestellt wurden. Man arbeitete in dem steierischen
Löschherd nicht auf eine bestimmte Sorte, sondern machte je nach-
dem mehr harte oder weiche Ware, wobei man sich meistens nach
dem Roheisen richtete. Die Dachel fielen ungleich und auch die
Masseln aus demselben Dachel waren unter dem Hammer nicht ganz
gleich. Man machte deshalb zwölf Sorten von Grobwaren und in dem
richtigen Sortieren lag die Kunst des Hammerschmieds, der deshalb

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[391/0405] Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. noch das Nachzerennen, d. h. das Verkochen des Dünneisens. Dieses nahm, da nur wenig Dünneisen vorhanden war, auch nur wenig Zeit in Anspruch. Wenn aber auch kein Dünneisen vorhanden war, so blies man zum Nachschmelzen der zerstreuten Brocken, und damit der Dachel auf der Steinseite völlig ausgarte, doch noch etwa ¼ Stunde nach. Nur wenn man dazu übergehen wollte Stahldachel zu machen, was öfter vorkam, blies man nicht nach. — Nun wurde der Dachel ausgebrochen. Der ganze Zerennprozeſs, einschlieſslich des Dachel- ausbrechens, nahm gewöhnlich zwei Stunden in Anspruch. Ein guter Dachel war auf der oberen sogenannten Steinseite ziemlich eben und hatte eine hellleuchtende Farbe von reinem Eisen, die untere Seite hatte eine von Schlacke durchzogene Hülle und war von abgerundeter Gestalt. Häufig zeigten sich aber in dem Dachel noch rohe Durch- schüsse, die beim Drücken und Breiten unter dem Hammer als „Weich“ abfielen. Je reiner der Dachel, je weniger „Weich“ gab es. Der Dachel wurde nun mit der Steinseite nach unten auf den Amboſs gebracht, wozu man sich, wie bei dem Stückofenbetrieb, der Zugzange bediente. Er wurde unter mehrmaligem Wenden gedrückt und ge- breitet und dann in zwei Hälften geschroten. Jede dieser Hälften wurde dann ebenso auf dem Amboſs gedrückt und gebreitet und dann wieder in zwei, zuweilen auch in drei Masseln zerhauen. Hierauf folgte das Drücken der Masseln, wobei zuerst die beiden Ranftmasseln und dann die Kernstücke vorgenommen wurden. Zwischen jeder Vorrich- tung muſste der Hammer auf den Bauer gesetzt werden. Der Heizer half dem Hammerschmied bei der Arbeit. Während der Zeit wurde der Herd wieder zugerichtet. Die ganze Arbeit beim Hammer dauerte acht bis zehn Minuten, so daſs der ganze Zeitaufwand von einem Dachel zum andern vier Stunden betrug. Das Eisen wurde meistens zu Zaggel von 2 Zoll Quadrat ausgeschmiedet. Man schmiedete, soweit wie thunlich, fertige Waren auf dem Zerenn- (Grob-, Wallas- oder Wälsch-) hammer aus, die dann als Grob-, Wallas- oder Wälschwaren bezeichnet wurden. Ein Zerennhammer wog mindestens 5 Centner. Lange Ware nannte man Stäbe, die in zwei Hitzen, kurze Ware solche, die in einer Hitze dargestellt wurden. Man arbeitete in dem steierischen Löschherd nicht auf eine bestimmte Sorte, sondern machte je nach- dem mehr harte oder weiche Ware, wobei man sich meistens nach dem Roheisen richtete. Die Dachel fielen ungleich und auch die Masseln aus demselben Dachel waren unter dem Hammer nicht ganz gleich. Man machte deshalb zwölf Sorten von Grobwaren und in dem richtigen Sortieren lag die Kunst des Hammerschmieds, der deshalb

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/405>, abgerufen am 28.03.2024.