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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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1801 bis 1815. -- Schlackenbildung.
reduzierte Eisen fähig sind, sind immer Eisenkohle und Eisenoxydul,
welche die Hauptverschiedenheiten des weissen und grauen Roheisens
hervorbringen." Und ein Hauptvorgang beim Frischprozess war ihm
die Abscheidung des in dem Roheisen enthaltenen Eisenoxyduls.

Neue Gründe brachte Lampadius nicht vor. Sein hartnäckiges
Festhalten an einem überwundenen Standpunkt hat nicht dazu bei-
getragen, seinen Ruhm als Eisenhüttenmann zu vermehren.

Über die fortschreitende Erkenntnis der physikalischen Eigen-
schaften in diesem Zeitraume können wir uns kürzer fassen. Die
Schmelztemperatur des Eisens wurde zwischen 120 bis 150° Wedg-
wood je nach seiner Reinheit angenommen. Georg Mackenzie
fand angeblich, dass Schmiedeeisen bei 158° Wedgwood zum Giessen
flüssig wird (que le fer pur pouvait etre fondue) 1). Hassenfratz
schmolz ebenfalls ein Stück Schmiedeeisen, welches er in einem Schmelz-
tiegel auf das sorgfältigste von der Einwirkung kohlender und an-
derer Gase abgeschlossen hatte, bei etwa 150°; der erhaltene König
war gut schmiedbar. Die Wärmekapazität bestimmte Crawford zu
107 (die des Wassers = 1000). Die Ausdehnung des Eisens in der
Wärme zwischen 0 und 100° bestimmte Deluc zu 0,001258. Sehr
genaue Untersuchungen über die Ausdehnung des Eisens zwischen
-- 40° C. und + 100° hat Hallström angestellt 2). Den niedrigsten
Grad der Weissglut schätzte man damals zu 90° Wedgw., angeblich
= 12800° F., den Schmelzpunkt des Stahles auf 150 bis 155° Wedgw.
= 19000 bis 20000° F., den des Roheisens auf 125 bis 130° Wedgw.
= 17500 bis 18000° F.(!)



Technische Fortschritte.
Schlackenbildung.

Über die technischen Fortschritte des Eisenhüttenwesens im
Anfang des Jahrhunderts bis zum Wiener Frieden giebt uns Karstens
Handbuch der Eisenhüttenkunde von 1816 den besten Überblick.
Wir erfahren daraus, welch grossen Einfluss die chemische Analyse,
die doch erst anfing, annähernd sichere Resultate zu geben, auf die

1) O'Reilly, Journal des Arts et Manufacture, VII, 244.
2) Gilberts neue Annalen der Physik, IV, 52.

1801 bis 1815. — Schlackenbildung.
reduzierte Eisen fähig sind, sind immer Eisenkohle und Eisenoxydul,
welche die Hauptverschiedenheiten des weiſsen und grauen Roheisens
hervorbringen.“ Und ein Hauptvorgang beim Frischprozeſs war ihm
die Abscheidung des in dem Roheisen enthaltenen Eisenoxyduls.

Neue Gründe brachte Lampadius nicht vor. Sein hartnäckiges
Festhalten an einem überwundenen Standpunkt hat nicht dazu bei-
getragen, seinen Ruhm als Eisenhüttenmann zu vermehren.

Über die fortschreitende Erkenntnis der physikalischen Eigen-
schaften in diesem Zeitraume können wir uns kürzer fassen. Die
Schmelztemperatur des Eisens wurde zwischen 120 bis 150° Wedg-
wood je nach seiner Reinheit angenommen. Georg Mackenzie
fand angeblich, daſs Schmiedeeisen bei 158° Wedgwood zum Gieſsen
flüssig wird (que le fer pur pouvait être fondue) 1). Hassenfratz
schmolz ebenfalls ein Stück Schmiedeeisen, welches er in einem Schmelz-
tiegel auf das sorgfältigste von der Einwirkung kohlender und an-
derer Gase abgeschlossen hatte, bei etwa 150°; der erhaltene König
war gut schmiedbar. Die Wärmekapazität bestimmte Crawford zu
107 (die des Wassers = 1000). Die Ausdehnung des Eisens in der
Wärme zwischen 0 und 100° bestimmte Deluc zu 0,001258. Sehr
genaue Untersuchungen über die Ausdehnung des Eisens zwischen
— 40° C. und + 100° hat Hallström angestellt 2). Den niedrigsten
Grad der Weiſsglut schätzte man damals zu 90° Wedgw., angeblich
= 12800° F., den Schmelzpunkt des Stahles auf 150 bis 155° Wedgw.
= 19000 bis 20000° F., den des Roheisens auf 125 bis 130° Wedgw.
= 17500 bis 18000° F.(!)



Technische Fortschritte.
Schlackenbildung.

Über die technischen Fortschritte des Eisenhüttenwesens im
Anfang des Jahrhunderts bis zum Wiener Frieden giebt uns Karstens
Handbuch der Eisenhüttenkunde von 1816 den besten Überblick.
Wir erfahren daraus, welch groſsen Einfluſs die chemische Analyse,
die doch erst anfing, annähernd sichere Resultate zu geben, auf die

1) O’Reilly, Journal des Arts et Manufacture, VII, 244.
2) Gilberts neue Annalen der Physik, IV, 52.
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[47/0063] 1801 bis 1815. — Schlackenbildung. reduzierte Eisen fähig sind, sind immer Eisenkohle und Eisenoxydul, welche die Hauptverschiedenheiten des weiſsen und grauen Roheisens hervorbringen.“ Und ein Hauptvorgang beim Frischprozeſs war ihm die Abscheidung des in dem Roheisen enthaltenen Eisenoxyduls. Neue Gründe brachte Lampadius nicht vor. Sein hartnäckiges Festhalten an einem überwundenen Standpunkt hat nicht dazu bei- getragen, seinen Ruhm als Eisenhüttenmann zu vermehren. Über die fortschreitende Erkenntnis der physikalischen Eigen- schaften in diesem Zeitraume können wir uns kürzer fassen. Die Schmelztemperatur des Eisens wurde zwischen 120 bis 150° Wedg- wood je nach seiner Reinheit angenommen. Georg Mackenzie fand angeblich, daſs Schmiedeeisen bei 158° Wedgwood zum Gieſsen flüssig wird (que le fer pur pouvait être fondue) 1). Hassenfratz schmolz ebenfalls ein Stück Schmiedeeisen, welches er in einem Schmelz- tiegel auf das sorgfältigste von der Einwirkung kohlender und an- derer Gase abgeschlossen hatte, bei etwa 150°; der erhaltene König war gut schmiedbar. Die Wärmekapazität bestimmte Crawford zu 107 (die des Wassers = 1000). Die Ausdehnung des Eisens in der Wärme zwischen 0 und 100° bestimmte Deluc zu 0,001258. Sehr genaue Untersuchungen über die Ausdehnung des Eisens zwischen — 40° C. und + 100° hat Hallström angestellt 2). Den niedrigsten Grad der Weiſsglut schätzte man damals zu 90° Wedgw., angeblich = 12800° F., den Schmelzpunkt des Stahles auf 150 bis 155° Wedgw. = 19000 bis 20000° F., den des Roheisens auf 125 bis 130° Wedgw. = 17500 bis 18000° F.(!) Technische Fortschritte. Schlackenbildung. Über die technischen Fortschritte des Eisenhüttenwesens im Anfang des Jahrhunderts bis zum Wiener Frieden giebt uns Karstens Handbuch der Eisenhüttenkunde von 1816 den besten Überblick. Wir erfahren daraus, welch groſsen Einfluſs die chemische Analyse, die doch erst anfing, annähernd sichere Resultate zu geben, auf die 1) O’Reilly, Journal des Arts et Manufacture, VII, 244. 2) Gilberts neue Annalen der Physik, IV, 52.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/63>, abgerufen am 28.03.2024.