Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Direkte Schmiedeeisenbereitung.
waren zu Sheffield, Manchester und Birmingham in England und zu
Glasgow in Schottland, zu Solingen und Elpe in Westfalen, in Stutt-
gart, eine der bedeutendsten war zu Neunkirchen in Österreich, ferner zu
Lüttich in Belgien, besonders für Gewehrteile. In Frankreich gab es
1864 ca. 15 Eisengiessereien, die täglich 160 bis 200 Ctr. schmied-
baren Guss aus Ulverston-Hämatiteisen machten. General Morin-
Tresca
fand die Bruchbelastung zu 35 kg pro Quadratmillimeter; je
grösser aber die Dicke des Stückes war, je geringer der Elasticitäts-
koefficient. A. Brüll, der eine ausführliche Studie über den schmied-
baren Guss veröffentlichte 1), fand ihn zu 25,6 bis 36,4 kg, im Durch-
schnitt zu 32,5 kg pro Quadratmillimeter, während diese bei dem
Roheisen nur 14 kg betrug. Eaton schlug 1861 Zinkoxyd als
Entkohlungsmittel beim Adduzieren vor.

Dalifol in Frankreich verbesserte den Schmelzofen, um grössere
Massen mit weniger Brennmaterial zu schmelzen 2). A. L. Fleury
goss Hämmer, Spaten, Spitzhauen u. s. w. und gab ihnen stahlartige
Oberfläche, indem er sie in kohlensaure Alkalien und Kalk verpackt
zwei Tage glühte. Mallet behauptete, dass beim Adduzieren ein
chemischer Vorgang und eine Entkohlung nicht stattfinde, sondern dass
durch das Glühen nur eine molekulare Umsetzung eintrete, weshalb
es gleichgültig sei, ob man die Gussstücke in indifferente oder oxy-
dierend wirkende Stoffe einpacke 3). John Tenwick in Grantham
erfand 1870 einen verbesserten Glühofen für kontinuierlichen Betrieb4).

Schmiedbares Eisen 1861 bis 1870.
Direkte Schmiedeeisenbereitung.

Die direkte Darstellung von Schmiedeeisen und Stahl aus
den Erzen
gewann durch das Siemenssche Princip der Regenerativ-
feuerung und durch C. W. Siemens selbst eine neue wichtige An-
regung. Ehe wir hierauf näher eingehen, müssen wir einige der vor-
hergegangenen neuen Vorschläge zur direkten Eisen- und Stahlbereitung
kurz betrachten.

Isaak Rogers beschrieb 1862 einen von ihm zu Newark (N. Y.),

1) Mem. de la Soc. des ingen. civils 1863, p. 317; Berg- u. Hüttenm. Ztg.
1864, S. 277.
2) Siehe Kerpely, I, Tab. VI, Fig. 18 u. 19.
3) Siehe Pract. Mechan. Journ., Mai 1868.
4) Dinglers Journal 199, S. 369.

Direkte Schmiedeeisenbereitung.
waren zu Sheffield, Manchester und Birmingham in England und zu
Glasgow in Schottland, zu Solingen und Elpe in Westfalen, in Stutt-
gart, eine der bedeutendsten war zu Neunkirchen in Österreich, ferner zu
Lüttich in Belgien, besonders für Gewehrteile. In Frankreich gab es
1864 ca. 15 Eisengieſsereien, die täglich 160 bis 200 Ctr. schmied-
baren Guſs aus Ulverston-Hämatiteisen machten. General Morin-
Tresca
fand die Bruchbelastung zu 35 kg pro Quadratmillimeter; je
gröſser aber die Dicke des Stückes war, je geringer der Elasticitäts-
koefficient. A. Brüll, der eine ausführliche Studie über den schmied-
baren Guſs veröffentlichte 1), fand ihn zu 25,6 bis 36,4 kg, im Durch-
schnitt zu 32,5 kg pro Quadratmillimeter, während diese bei dem
Roheisen nur 14 kg betrug. Eaton schlug 1861 Zinkoxyd als
Entkohlungsmittel beim Adduzieren vor.

Dalifol in Frankreich verbesserte den Schmelzofen, um gröſsere
Massen mit weniger Brennmaterial zu schmelzen 2). A. L. Fleury
goſs Hämmer, Spaten, Spitzhauen u. s. w. und gab ihnen stahlartige
Oberfläche, indem er sie in kohlensaure Alkalien und Kalk verpackt
zwei Tage glühte. Mallet behauptete, daſs beim Adduzieren ein
chemischer Vorgang und eine Entkohlung nicht stattfinde, sondern daſs
durch das Glühen nur eine molekulare Umsetzung eintrete, weshalb
es gleichgültig sei, ob man die Guſsstücke in indifferente oder oxy-
dierend wirkende Stoffe einpacke 3). John Tenwick in Grantham
erfand 1870 einen verbesserten Glühofen für kontinuierlichen Betrieb4).

Schmiedbares Eisen 1861 bis 1870.
Direkte Schmiedeeisenbereitung.

Die direkte Darstellung von Schmiedeeisen und Stahl aus
den Erzen
gewann durch das Siemenssche Princip der Regenerativ-
feuerung und durch C. W. Siemens selbst eine neue wichtige An-
regung. Ehe wir hierauf näher eingehen, müssen wir einige der vor-
hergegangenen neuen Vorschläge zur direkten Eisen- und Stahlbereitung
kurz betrachten.

Isaak Rogers beschrieb 1862 einen von ihm zu Newark (N. Y.),

1) Mém. de la Soc. des ingén. civils 1863, p. 317; Berg- u. Hüttenm. Ztg.
1864, S. 277.
2) Siehe Kerpely, I, Tab. VI, Fig. 18 u. 19.
3) Siehe Pract. Mechan. Journ., Mai 1868.
4) Dinglers Journal 199, S. 369.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0106" n="90"/><fw place="top" type="header">Direkte Schmiedeeisenbereitung.</fw><lb/>
waren zu Sheffield, Manchester und Birmingham in England und zu<lb/>
Glasgow in Schottland, zu Solingen und Elpe in Westfalen, in Stutt-<lb/>
gart, eine der bedeutendsten war zu Neunkirchen in Österreich, ferner zu<lb/>
Lüttich in Belgien, besonders für Gewehrteile. In Frankreich gab es<lb/>
1864 ca. 15 Eisengie&#x017F;sereien, die täglich 160 bis 200 Ctr. schmied-<lb/>
baren Gu&#x017F;s aus Ulverston-Hämatiteisen machten. General <hi rendition="#g">Morin-<lb/>
Tresca</hi> fand die Bruchbelastung zu 35 kg pro Quadratmillimeter; je<lb/>
grö&#x017F;ser aber die Dicke des Stückes war, je geringer der Elasticitäts-<lb/>
koefficient. A. <hi rendition="#g">Brüll</hi>, der eine ausführliche Studie über den schmied-<lb/>
baren Gu&#x017F;s veröffentlichte <note place="foot" n="1)">Mém. de la Soc. des ingén. civils 1863, p. 317; Berg- u. Hüttenm. Ztg.<lb/>
1864, S. 277.</note>, fand ihn zu 25,6 bis 36,4 kg, im Durch-<lb/>
schnitt zu 32,5 kg pro Quadratmillimeter, während diese bei dem<lb/>
Roheisen nur 14 kg betrug. <hi rendition="#g">Eaton</hi> schlug 1861 Zinkoxyd als<lb/>
Entkohlungsmittel beim Adduzieren vor.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Dalifol</hi> in Frankreich verbesserte den Schmelzofen, um grö&#x017F;sere<lb/>
Massen mit weniger Brennmaterial zu schmelzen <note place="foot" n="2)">Siehe <hi rendition="#g">Kerpely</hi>, I, Tab. VI, Fig. 18 u. 19.</note>. A. L. <hi rendition="#g">Fleury</hi><lb/>
go&#x017F;s Hämmer, Spaten, Spitzhauen u. s. w. und gab ihnen stahlartige<lb/>
Oberfläche, indem er sie in kohlensaure Alkalien und Kalk verpackt<lb/>
zwei Tage glühte. <hi rendition="#g">Mallet</hi> behauptete, da&#x017F;s beim Adduzieren ein<lb/>
chemischer Vorgang und eine Entkohlung nicht stattfinde, sondern da&#x017F;s<lb/>
durch das Glühen nur eine molekulare Umsetzung eintrete, weshalb<lb/>
es gleichgültig sei, ob man die Gu&#x017F;sstücke in indifferente oder oxy-<lb/>
dierend wirkende Stoffe einpacke <note place="foot" n="3)">Siehe Pract. Mechan. Journ., Mai 1868.</note>. <hi rendition="#g">John Tenwick</hi> in Grantham<lb/>
erfand 1870 einen verbesserten Glühofen für kontinuierlichen Betrieb<note place="foot" n="4)"><hi rendition="#g">Dinglers</hi> Journal 199, S. 369.</note>.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schmiedbares Eisen 1861 bis 1870.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Direkte Schmiedeeisenbereitung.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Die direkte Darstellung von Schmiedeeisen und Stahl aus<lb/>
den Erzen</hi> gewann durch das <hi rendition="#g">Siemenss</hi>che Princip der Regenerativ-<lb/>
feuerung und durch C. W. <hi rendition="#g">Siemens</hi> selbst eine neue wichtige An-<lb/>
regung. Ehe wir hierauf näher eingehen, müssen wir einige der vor-<lb/>
hergegangenen neuen Vorschläge zur direkten Eisen- und Stahlbereitung<lb/>
kurz betrachten.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Isaak Rogers</hi> beschrieb 1862 einen von ihm zu Newark (N. Y.),<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0106] Direkte Schmiedeeisenbereitung. waren zu Sheffield, Manchester und Birmingham in England und zu Glasgow in Schottland, zu Solingen und Elpe in Westfalen, in Stutt- gart, eine der bedeutendsten war zu Neunkirchen in Österreich, ferner zu Lüttich in Belgien, besonders für Gewehrteile. In Frankreich gab es 1864 ca. 15 Eisengieſsereien, die täglich 160 bis 200 Ctr. schmied- baren Guſs aus Ulverston-Hämatiteisen machten. General Morin- Tresca fand die Bruchbelastung zu 35 kg pro Quadratmillimeter; je gröſser aber die Dicke des Stückes war, je geringer der Elasticitäts- koefficient. A. Brüll, der eine ausführliche Studie über den schmied- baren Guſs veröffentlichte 1), fand ihn zu 25,6 bis 36,4 kg, im Durch- schnitt zu 32,5 kg pro Quadratmillimeter, während diese bei dem Roheisen nur 14 kg betrug. Eaton schlug 1861 Zinkoxyd als Entkohlungsmittel beim Adduzieren vor. Dalifol in Frankreich verbesserte den Schmelzofen, um gröſsere Massen mit weniger Brennmaterial zu schmelzen 2). A. L. Fleury goſs Hämmer, Spaten, Spitzhauen u. s. w. und gab ihnen stahlartige Oberfläche, indem er sie in kohlensaure Alkalien und Kalk verpackt zwei Tage glühte. Mallet behauptete, daſs beim Adduzieren ein chemischer Vorgang und eine Entkohlung nicht stattfinde, sondern daſs durch das Glühen nur eine molekulare Umsetzung eintrete, weshalb es gleichgültig sei, ob man die Guſsstücke in indifferente oder oxy- dierend wirkende Stoffe einpacke 3). John Tenwick in Grantham erfand 1870 einen verbesserten Glühofen für kontinuierlichen Betrieb 4). Schmiedbares Eisen 1861 bis 1870. Direkte Schmiedeeisenbereitung. Die direkte Darstellung von Schmiedeeisen und Stahl aus den Erzen gewann durch das Siemenssche Princip der Regenerativ- feuerung und durch C. W. Siemens selbst eine neue wichtige An- regung. Ehe wir hierauf näher eingehen, müssen wir einige der vor- hergegangenen neuen Vorschläge zur direkten Eisen- und Stahlbereitung kurz betrachten. Isaak Rogers beschrieb 1862 einen von ihm zu Newark (N. Y.), 1) Mém. de la Soc. des ingén. civils 1863, p. 317; Berg- u. Hüttenm. Ztg. 1864, S. 277. 2) Siehe Kerpely, I, Tab. VI, Fig. 18 u. 19. 3) Siehe Pract. Mechan. Journ., Mai 1868. 4) Dinglers Journal 199, S. 369.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/106
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/106>, abgerufen am 19.04.2024.