Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Drahtfabrikation.
Die Drahtfabrikation.

Der Bedarf an Draht hatte eine grosse Steigerung durch
mancherlei zum Teil neue Verwendungen erfahren. Hiervon ist zu-
nächst der Stacheldraht zu erwähnen, der 1873 zu De Kalb in
Illinois zuerst dargestellt und anfangs in den Vereinigten Staaten,
dann aber auch in der übrigen Welt zu Abgrenzungen und Ein-
zäunungen massenhafte Anwendung fand. Die amerikanische Erzeu-
gung stieg von 1874 bis 1892 von 5 Tonnen auf 200000 Tonnen.
Er wird jetzt meist verzinkt verwendet.

Auch die Verwendung von verzinktem und plattiertem glattem
Draht fand ausgedehntere Benutzung, ersterer besonders als Geflecht
ebenfalls zu Umzäunungen. Grosse Mengen von kupferplattiertem
Draht wurden durch die Telegraphie, die elektrische Beleuchtung und
die elektrischen Motoren verbraucht.

Die Drahtseilfabrikation nahm einen grossen Aufschwung durch
die Verwendung zu Treibseilen, Förderseilen und Drahtseilbahnen
(Hodgson, Bleichert, Otto, Pohlig).

Eine neue Verwendung ist die für Bauzwecke in Verbindung mit
Cement bei den Monierbauten und in Verbindung mit Glas bei dem
von Friedrich Siemens erfundenen Drahtglas.

Die Drahtstiftenfabrikation nahm immer grösseren Umfang an.
In den Vereinigten Staaten stieg die Drahtnägelerzeugung von 1886
bis 1892 von 600000 auf 4719524 Fass zu je 100 Pfund Gewicht.

Für Industrie und Handel war es deshalb von Wichtigkeit, dass
im Anschluss an die Wiener Weltausstellung 1874 zwischen den Draht-
werken Deutschlands und Österreichs eine neue, einfache, auf das
metrische System begründete Drahtlehre vereinbart wurde. 1/10 mm
wurde als Einheit zu Grunde gelegt und jede folgende Nummer war
um 1/10 mm stärker, so dass also z. B. Nr. 12 1,2 mm dick war. Auch
Grossbritannien führte 1883 eine neue, einfachere Drahtlehre ein.

Um die Verbesserung der Walzdrahtfabrikation erwarb sich
zu Anfang dieser Periode George Bedson in Manchester grosses
Verdienst durch die Einführung des kontinuierlichen Walzbetriebes.
Einen grossen Aufschwung erfuhr ferner diese Fabrikation durch die
Verwendung des Flusseisens, besonders der weichen Produkte, des
Thomas- und basischen Herdflusseisens. Man verband Martinöfen mit
den Drahtwerken. Die Blöcke für die Drahtbereitung goss man von

Beck, Geschichte des Eisens. 55
Die Drahtfabrikation.
Die Drahtfabrikation.

Der Bedarf an Draht hatte eine groſse Steigerung durch
mancherlei zum Teil neue Verwendungen erfahren. Hiervon ist zu-
nächst der Stacheldraht zu erwähnen, der 1873 zu De Kalb in
Illinois zuerst dargestellt und anfangs in den Vereinigten Staaten,
dann aber auch in der übrigen Welt zu Abgrenzungen und Ein-
zäunungen massenhafte Anwendung fand. Die amerikanische Erzeu-
gung stieg von 1874 bis 1892 von 5 Tonnen auf 200000 Tonnen.
Er wird jetzt meist verzinkt verwendet.

Auch die Verwendung von verzinktem und plattiertem glattem
Draht fand ausgedehntere Benutzung, ersterer besonders als Geflecht
ebenfalls zu Umzäunungen. Groſse Mengen von kupferplattiertem
Draht wurden durch die Telegraphie, die elektrische Beleuchtung und
die elektrischen Motoren verbraucht.

Die Drahtseilfabrikation nahm einen groſsen Aufschwung durch
die Verwendung zu Treibseilen, Förderseilen und Drahtseilbahnen
(Hodgson, Bleichert, Otto, Pohlig).

Eine neue Verwendung ist die für Bauzwecke in Verbindung mit
Cement bei den Monierbauten und in Verbindung mit Glas bei dem
von Friedrich Siemens erfundenen Drahtglas.

Die Drahtstiftenfabrikation nahm immer gröſseren Umfang an.
In den Vereinigten Staaten stieg die Drahtnägelerzeugung von 1886
bis 1892 von 600000 auf 4719524 Faſs zu je 100 Pfund Gewicht.

Für Industrie und Handel war es deshalb von Wichtigkeit, daſs
im Anschluſs an die Wiener Weltausstellung 1874 zwischen den Draht-
werken Deutschlands und Österreichs eine neue, einfache, auf das
metrische System begründete Drahtlehre vereinbart wurde. 1/10 mm
wurde als Einheit zu Grunde gelegt und jede folgende Nummer war
um 1/10 mm stärker, so daſs also z. B. Nr. 12 1,2 mm dick war. Auch
Groſsbritannien führte 1883 eine neue, einfachere Drahtlehre ein.

Um die Verbesserung der Walzdrahtfabrikation erwarb sich
zu Anfang dieser Periode George Bedson in Manchester groſses
Verdienst durch die Einführung des kontinuierlichen Walzbetriebes.
Einen groſsen Aufschwung erfuhr ferner diese Fabrikation durch die
Verwendung des Fluſseisens, besonders der weichen Produkte, des
Thomas- und basischen Herdfluſseisens. Man verband Martinöfen mit
den Drahtwerken. Die Blöcke für die Drahtbereitung goſs man von

Beck, Geschichte des Eisens. 55
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0881" n="865"/>
            <fw place="top" type="header">Die Drahtfabrikation.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#g">Die Drahtfabrikation</hi>.</head><lb/>
              <p>Der Bedarf an <hi rendition="#g">Draht</hi> hatte eine gro&#x017F;se Steigerung durch<lb/>
mancherlei zum Teil neue Verwendungen erfahren. Hiervon ist zu-<lb/>
nächst der <hi rendition="#g">Stacheldraht</hi> zu erwähnen, der 1873 zu De Kalb in<lb/>
Illinois zuerst dargestellt und anfangs in den Vereinigten Staaten,<lb/>
dann aber auch in der übrigen Welt zu Abgrenzungen und Ein-<lb/>
zäunungen massenhafte Anwendung fand. Die amerikanische Erzeu-<lb/>
gung stieg von 1874 bis 1892 von 5 Tonnen auf 200000 Tonnen.<lb/>
Er wird jetzt meist verzinkt verwendet.</p><lb/>
              <p>Auch die Verwendung von verzinktem und plattiertem glattem<lb/>
Draht fand ausgedehntere Benutzung, ersterer besonders als Geflecht<lb/>
ebenfalls zu Umzäunungen. Gro&#x017F;se Mengen von kupferplattiertem<lb/>
Draht wurden durch die Telegraphie, die elektrische Beleuchtung und<lb/>
die elektrischen Motoren verbraucht.</p><lb/>
              <p>Die Drahtseilfabrikation nahm einen gro&#x017F;sen Aufschwung durch<lb/>
die Verwendung zu Treibseilen, Förderseilen und Drahtseilbahnen<lb/>
(<hi rendition="#g">Hodgson, Bleichert, Otto, Pohlig</hi>).</p><lb/>
              <p>Eine neue Verwendung ist die für Bauzwecke in Verbindung mit<lb/>
Cement bei den Monierbauten und in Verbindung mit Glas bei dem<lb/>
von <hi rendition="#g">Friedrich Siemens</hi> erfundenen Drahtglas.</p><lb/>
              <p>Die Drahtstiftenfabrikation nahm immer grö&#x017F;seren Umfang an.<lb/>
In den Vereinigten Staaten stieg die Drahtnägelerzeugung von 1886<lb/>
bis 1892 von 600000 auf 4719524 Fa&#x017F;s zu je 100 Pfund Gewicht.</p><lb/>
              <p>Für Industrie und Handel war es deshalb von Wichtigkeit, da&#x017F;s<lb/>
im Anschlu&#x017F;s an die Wiener Weltausstellung 1874 zwischen den Draht-<lb/>
werken Deutschlands und Österreichs eine neue, einfache, auf das<lb/>
metrische System begründete Drahtlehre vereinbart wurde. 1/10 mm<lb/>
wurde als Einheit zu Grunde gelegt und jede folgende Nummer war<lb/>
um 1/10 mm stärker, so da&#x017F;s also z. B. Nr. 12 1,2 mm dick war. Auch<lb/>
Gro&#x017F;sbritannien führte 1883 eine neue, einfachere Drahtlehre ein.</p><lb/>
              <p>Um die Verbesserung der <hi rendition="#g">Walzdrahtfabrikation</hi> erwarb sich<lb/>
zu Anfang dieser Periode <hi rendition="#g">George Bedson</hi> in Manchester gro&#x017F;ses<lb/>
Verdienst durch die Einführung des kontinuierlichen Walzbetriebes.<lb/>
Einen gro&#x017F;sen Aufschwung erfuhr ferner diese Fabrikation durch die<lb/>
Verwendung des Flu&#x017F;seisens, besonders der weichen Produkte, des<lb/>
Thomas- und basischen Herdflu&#x017F;seisens. Man verband Martinöfen mit<lb/>
den Drahtwerken. Die Blöcke für die Drahtbereitung go&#x017F;s man von<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Beck,</hi> Geschichte des Eisens. 55</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[865/0881] Die Drahtfabrikation. Die Drahtfabrikation. Der Bedarf an Draht hatte eine groſse Steigerung durch mancherlei zum Teil neue Verwendungen erfahren. Hiervon ist zu- nächst der Stacheldraht zu erwähnen, der 1873 zu De Kalb in Illinois zuerst dargestellt und anfangs in den Vereinigten Staaten, dann aber auch in der übrigen Welt zu Abgrenzungen und Ein- zäunungen massenhafte Anwendung fand. Die amerikanische Erzeu- gung stieg von 1874 bis 1892 von 5 Tonnen auf 200000 Tonnen. Er wird jetzt meist verzinkt verwendet. Auch die Verwendung von verzinktem und plattiertem glattem Draht fand ausgedehntere Benutzung, ersterer besonders als Geflecht ebenfalls zu Umzäunungen. Groſse Mengen von kupferplattiertem Draht wurden durch die Telegraphie, die elektrische Beleuchtung und die elektrischen Motoren verbraucht. Die Drahtseilfabrikation nahm einen groſsen Aufschwung durch die Verwendung zu Treibseilen, Förderseilen und Drahtseilbahnen (Hodgson, Bleichert, Otto, Pohlig). Eine neue Verwendung ist die für Bauzwecke in Verbindung mit Cement bei den Monierbauten und in Verbindung mit Glas bei dem von Friedrich Siemens erfundenen Drahtglas. Die Drahtstiftenfabrikation nahm immer gröſseren Umfang an. In den Vereinigten Staaten stieg die Drahtnägelerzeugung von 1886 bis 1892 von 600000 auf 4719524 Faſs zu je 100 Pfund Gewicht. Für Industrie und Handel war es deshalb von Wichtigkeit, daſs im Anschluſs an die Wiener Weltausstellung 1874 zwischen den Draht- werken Deutschlands und Österreichs eine neue, einfache, auf das metrische System begründete Drahtlehre vereinbart wurde. 1/10 mm wurde als Einheit zu Grunde gelegt und jede folgende Nummer war um 1/10 mm stärker, so daſs also z. B. Nr. 12 1,2 mm dick war. Auch Groſsbritannien führte 1883 eine neue, einfachere Drahtlehre ein. Um die Verbesserung der Walzdrahtfabrikation erwarb sich zu Anfang dieser Periode George Bedson in Manchester groſses Verdienst durch die Einführung des kontinuierlichen Walzbetriebes. Einen groſsen Aufschwung erfuhr ferner diese Fabrikation durch die Verwendung des Fluſseisens, besonders der weichen Produkte, des Thomas- und basischen Herdfluſseisens. Man verband Martinöfen mit den Drahtwerken. Die Blöcke für die Drahtbereitung goſs man von Beck, Geschichte des Eisens. 55

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/881
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 865. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/881>, abgerufen am 20.04.2024.