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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Der saure oder Bessemerprozess bis 1880.

Erzeugung von Bessemerstahl in Kilotonnen.

[Tabelle]

Zu der raschen Zunahme des Bessemerns trugen nicht nur die
Anlage neuer Werke und die Aufstellung neuer Konverter, sondern
auch die Verbesserungen des Betriebes und der Betriebsvorrichtungen,
die zugleich eine Verbesserung des Produktes herbeiführten, bei. Die
nächstliegenden waren die Vergrösserung der Birnen, die von England
ausging, und der Schnellbetrieb, der in den Vereinigten Staaten von
Nordamerika ausgebildet wurde. Dieser hing zusammen mit zahl-
reichen technischen Verbesserungen der Apparate und Einrichtungen,
die wir mit denen des Betriebes selbst in folgendem kurz schildern
wollen.

In erster Linie erfuhr der Konverter oder die Bessemerbirne
mancherlei Verbesserungen. Die ursprüngliche Grösse von 11/2 Tonnen
Inhalt hatte John Brown in Sheffield schon zu Anfang der sechziger
Jahre auf 3 Tonnen, später auf 5 Tonnen erhöht und zu Anfang der
siebziger Jahre führte er auf denselben Atlaswerken Birnen für
10 Tonnen Einsatz ein. Überhaupt war zu Anfang der siebziger Jahre
bereits das Bestreben in England, die Konverter möglichst gross zu
bauen. Auf der Bessemerhütte zu Barrow mit 18 Konvertern, die
1872 eröffnet wurde, waren die grösseren Birnen schon für 71/2 Tonnen
Einsatz, ebenso hatte man zu Workington 71/2-Tonnen-Birnen. Im
allgemeinen bewährten sich aber die Birnen mit 5 Tonnen Einsatz
damals am besten, und auf dem Kontinent ging man in den siebziger
Jahren nicht über diese Grenze hinaus. Auch in den Vereinigten
Staaten gab man den 5-Tonnen-Konvertern den Vorzug.

Neben diesen grossen Apparaten bestanden aber noch vielfach
die kleinen Konverter fort, besonders in den österreichischen Alpen-
ländern und in Schweden. Die alten stehenden Öfen (s. Bd. IV, S. 936)
fingen allerdings auch in letzterem Lande an zu verschwinden. 1871
zählte man in Schweden sieben Bessemerwerke, von denen drei noch

Der saure oder Bessemerprozeſs bis 1880.

Erzeugung von Bessemerstahl in Kilotonnen.

[Tabelle]

Zu der raschen Zunahme des Bessemerns trugen nicht nur die
Anlage neuer Werke und die Aufstellung neuer Konverter, sondern
auch die Verbesserungen des Betriebes und der Betriebsvorrichtungen,
die zugleich eine Verbesserung des Produktes herbeiführten, bei. Die
nächstliegenden waren die Vergröſserung der Birnen, die von England
ausging, und der Schnellbetrieb, der in den Vereinigten Staaten von
Nordamerika ausgebildet wurde. Dieser hing zusammen mit zahl-
reichen technischen Verbesserungen der Apparate und Einrichtungen,
die wir mit denen des Betriebes selbst in folgendem kurz schildern
wollen.

In erster Linie erfuhr der Konverter oder die Bessemerbirne
mancherlei Verbesserungen. Die ursprüngliche Gröſse von 1½ Tonnen
Inhalt hatte John Brown in Sheffield schon zu Anfang der sechziger
Jahre auf 3 Tonnen, später auf 5 Tonnen erhöht und zu Anfang der
siebziger Jahre führte er auf denselben Atlaswerken Birnen für
10 Tonnen Einsatz ein. Überhaupt war zu Anfang der siebziger Jahre
bereits das Bestreben in England, die Konverter möglichst groſs zu
bauen. Auf der Bessemerhütte zu Barrow mit 18 Konvertern, die
1872 eröffnet wurde, waren die gröſseren Birnen schon für 7½ Tonnen
Einsatz, ebenso hatte man zu Workington 7½-Tonnen-Birnen. Im
allgemeinen bewährten sich aber die Birnen mit 5 Tonnen Einsatz
damals am besten, und auf dem Kontinent ging man in den siebziger
Jahren nicht über diese Grenze hinaus. Auch in den Vereinigten
Staaten gab man den 5-Tonnen-Konvertern den Vorzug.

Neben diesen groſsen Apparaten bestanden aber noch vielfach
die kleinen Konverter fort, besonders in den österreichischen Alpen-
ländern und in Schweden. Die alten stehenden Öfen (s. Bd. IV, S. 936)
fingen allerdings auch in letzterem Lande an zu verschwinden. 1871
zählte man in Schweden sieben Bessemerwerke, von denen drei noch

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[615/0631] Der saure oder Bessemerprozeſs bis 1880. Erzeugung von Bessemerstahl in Kilotonnen. Zu der raschen Zunahme des Bessemerns trugen nicht nur die Anlage neuer Werke und die Aufstellung neuer Konverter, sondern auch die Verbesserungen des Betriebes und der Betriebsvorrichtungen, die zugleich eine Verbesserung des Produktes herbeiführten, bei. Die nächstliegenden waren die Vergröſserung der Birnen, die von England ausging, und der Schnellbetrieb, der in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ausgebildet wurde. Dieser hing zusammen mit zahl- reichen technischen Verbesserungen der Apparate und Einrichtungen, die wir mit denen des Betriebes selbst in folgendem kurz schildern wollen. In erster Linie erfuhr der Konverter oder die Bessemerbirne mancherlei Verbesserungen. Die ursprüngliche Gröſse von 1½ Tonnen Inhalt hatte John Brown in Sheffield schon zu Anfang der sechziger Jahre auf 3 Tonnen, später auf 5 Tonnen erhöht und zu Anfang der siebziger Jahre führte er auf denselben Atlaswerken Birnen für 10 Tonnen Einsatz ein. Überhaupt war zu Anfang der siebziger Jahre bereits das Bestreben in England, die Konverter möglichst groſs zu bauen. Auf der Bessemerhütte zu Barrow mit 18 Konvertern, die 1872 eröffnet wurde, waren die gröſseren Birnen schon für 7½ Tonnen Einsatz, ebenso hatte man zu Workington 7½-Tonnen-Birnen. Im allgemeinen bewährten sich aber die Birnen mit 5 Tonnen Einsatz damals am besten, und auf dem Kontinent ging man in den siebziger Jahren nicht über diese Grenze hinaus. Auch in den Vereinigten Staaten gab man den 5-Tonnen-Konvertern den Vorzug. Neben diesen groſsen Apparaten bestanden aber noch vielfach die kleinen Konverter fort, besonders in den österreichischen Alpen- ländern und in Schweden. Die alten stehenden Öfen (s. Bd. IV, S. 936) fingen allerdings auch in letzterem Lande an zu verschwinden. 1871 zählte man in Schweden sieben Bessemerwerke, von denen drei noch

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/631>, abgerufen am 28.03.2024.