Von Fortschritten in diesem Betriebszweige ist deshalb nicht viel zu berichten. Dagegen hat sich die Wissenschaft mit Eifer bemüht, die chemischen und physikalischen Vorgänge bei der Cementation mög- lichst klarzustellen. Zwei hierauf bezügliche Arbeiten verdienen besonders erwähnt zu werden, eine mehr chemische von Boussingault von 1874 1) und eine mehr metallurgische von Reinhard Mannes- mann von 1879 2). Die chemischen Veränderungen eines aus Holz- kohlenroheisen von Rio dargestellten Puddeleisens bei der Cementation ergaben sich wie folgt:
[Tabelle]
Bemerkenswert ist hierbei, dass mit der Aufnahme von Kohlen- stoff gleichzeitig die Hälfte des Schwefels verschwindet. Gute Guss- stahlsorten enthalten keinen Schwefel mehr. Die Blasenbildung leitet Boussingault von Wasserstoffgas her, welches das Eisen durchdringt. Reinhard Mannesmann hält es für unwahrscheinlich, dass bei der Cementation die Kohlung durch Kohlenoxydgas bewirkt werde. Hier- gegen spricht auch der Versuch, dass Roheisen mit Spiegeleisen um- gossen nach kurzem Glühen mit einer 1 mm dicken Stahlschicht bedeckt erscheint. Mannesmann nimmt deshalb eine Wanderung der Kohlenstoffatome an.
J. O. Arnold und A. M'William haben neuerdings nachgewiesen, dass das Eindringen des Kohlenstoffs beim Cementieren in zwei ver- schiedenen Arten vor sich geht 3).
Hier verdient auch ein eigentümliches Cementationsverfahren, das
1) Comptes rendus etc. LXXVIII; Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1874, S. 207.
2) E. Mannesmann, Vorgänge bei der Cementstahlbereitung in den Ver- handlungen des Vereins zur Förderung des Gewerbefleisses in Preussen 1879, Heft 1, S. 31.
3) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1898, S. 665.
Cement- und Tiegelguſsstahl.
Von Fortschritten in diesem Betriebszweige ist deshalb nicht viel zu berichten. Dagegen hat sich die Wissenschaft mit Eifer bemüht, die chemischen und physikalischen Vorgänge bei der Cementation mög- lichst klarzustellen. Zwei hierauf bezügliche Arbeiten verdienen besonders erwähnt zu werden, eine mehr chemische von Boussingault von 1874 1) und eine mehr metallurgische von Reinhard Mannes- mann von 1879 2). Die chemischen Veränderungen eines aus Holz- kohlenroheisen von Rio dargestellten Puddeleisens bei der Cementation ergaben sich wie folgt:
[Tabelle]
Bemerkenswert ist hierbei, daſs mit der Aufnahme von Kohlen- stoff gleichzeitig die Hälfte des Schwefels verschwindet. Gute Guſs- stahlsorten enthalten keinen Schwefel mehr. Die Blasenbildung leitet Boussingault von Wasserstoffgas her, welches das Eisen durchdringt. Reinhard Mannesmann hält es für unwahrscheinlich, daſs bei der Cementation die Kohlung durch Kohlenoxydgas bewirkt werde. Hier- gegen spricht auch der Versuch, daſs Roheisen mit Spiegeleisen um- gossen nach kurzem Glühen mit einer 1 mm dicken Stahlschicht bedeckt erscheint. Mannesmann nimmt deshalb eine Wanderung der Kohlenstoffatome an.
J. O. Arnold und A. M’William haben neuerdings nachgewiesen, daſs das Eindringen des Kohlenstoffs beim Cementieren in zwei ver- schiedenen Arten vor sich geht 3).
Hier verdient auch ein eigentümliches Cementationsverfahren, das
1) Comptes rendus etc. LXXVIII; Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1874, S. 207.
2) E. Mannesmann, Vorgänge bei der Cementstahlbereitung in den Ver- handlungen des Vereins zur Förderung des Gewerbefleiſses in Preuſsen 1879, Heft 1, S. 31.
3) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1898, S. 665.
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Cement- und Tiegelguſsstahl.
Von Fortschritten in diesem Betriebszweige ist deshalb nicht viel zu
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chemischen und physikalischen Vorgänge bei der Cementation mög-
lichst klarzustellen. Zwei hierauf bezügliche Arbeiten verdienen
besonders erwähnt zu werden, eine mehr chemische von Boussingault
von 1874 1) und eine mehr metallurgische von Reinhard Mannes-
mann von 1879 2). Die chemischen Veränderungen eines aus Holz-
kohlenroheisen von Rio dargestellten Puddeleisens bei der Cementation
ergaben sich wie folgt:
Bemerkenswert ist hierbei, daſs mit der Aufnahme von Kohlen-
stoff gleichzeitig die Hälfte des Schwefels verschwindet. Gute Guſs-
stahlsorten enthalten keinen Schwefel mehr. Die Blasenbildung leitet
Boussingault von Wasserstoffgas her, welches das Eisen durchdringt.
Reinhard Mannesmann hält es für unwahrscheinlich, daſs bei der
Cementation die Kohlung durch Kohlenoxydgas bewirkt werde. Hier-
gegen spricht auch der Versuch, daſs Roheisen mit Spiegeleisen um-
gossen nach kurzem Glühen mit einer 1 mm dicken Stahlschicht
bedeckt erscheint. Mannesmann nimmt deshalb eine Wanderung
der Kohlenstoffatome an.
J. O. Arnold und A. M’William haben neuerdings nachgewiesen,
daſs das Eindringen des Kohlenstoffs beim Cementieren in zwei ver-
schiedenen Arten vor sich geht 3).
Hier verdient auch ein eigentümliches Cementationsverfahren, das
1) Comptes rendus etc. LXXVIII; Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1874, S. 207.
2) E. Mannesmann, Vorgänge bei der Cementstahlbereitung in den Ver-
handlungen des Vereins zur Förderung des Gewerbefleiſses in Preuſsen 1879, Heft 1,
S. 31.
3) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1898, S. 665.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/748>, abgerufen am 23.04.2024.
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