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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Panzerplattenwalzwerk.
freilich Schwierigkeiten. Der erste, dem es gelang, solche Compound-
oder Verbund-Panzerplatten aus Eisen und Flussstahl herzustellen,
war A. Wilson von der Firma Cammell & Co. in Sheffield im Jahre
1876. Er goss in einem grossen, aus beweglichen Seitenteilen zu-
sammengebauten, aufrechtstehenden Formkasten Flussstahl auf eine
eingeformte glühende Eisenplatte auf. Die so hergestellte Verbund-
platte wurde in einem Wärmofen erhitzt und dann gewalzt. Erst ver-
wendete er Siemensstahl, später auch Bessemerstahl. Die Schweissung
zwischen Stahl und Eisen gelang zwar auf diese Weise, liess aber
oft zu wünschen übrig. J. H. Ellis bei John Brown & Co. in
Sheffield erfand deshalb (1880) ein anderes Verfahren der Herstellung
von Compound-Panzerplatten, dessen Vorzug in der grösseren Schweiss-
fläche bestand.

In eine starke Eisenplatte wurden 25 cylindrische Stahlklötze
eingelassen, hierauf eine Deckplatte gelegt und in einem Formkasten
der Zwischenraum mit Flussstahl ausgegossen. Man verwendete
Bessemerstahl am besten von 0,6 Prozent Kohlenstoffgehalt. Die
Stahllage bildete ein Drittel der ganzen Platte. Man stellte Platten
von 483 mm Dicke und 40 Tonnen Gewicht dar. Der Inflexible war
das erste englische Kriegsschiff, welches mit solchen Compoundplatten
ausgerüstet wurde, die dann in allgemeine Aufnahme kamen. Cammell
& Co
. und John Brown in Sheffield waren längere Zeit die einzigen
Erzeuger der Compoundplatten.

Das 1882 von den Cyklopwerken in Sheffield betriebene Panzer-
plattenwalzwerk hatte Walzen von über 140 Tonnen Gewicht und
walzte Platten von 485 mm Dicke und 57 Tonnen Gewicht.

In Deutschland stellten Dillingen und Friedrich Krupp in
Essen zuerst solche her. In Dillingen, wo die Panzerplattenfabrikation
auf Anregung des Marineministers von Stosch eingeführt worden
war, wurden (1883) starke Eisenplatten aus Paketen von Puddeleisen
unter dem Dampfhammer geschweisst, auf 203 mm Dicke ausge-
schmiedet, mit einer hydraulischen Presse gerichtet und sodann gehobelt;
hierauf wurde die erhitzte Platte mit einem eisernen Rahmen, der
durch eine Stahlplatte abgeschlossen war, umgeben und der Zwischen-
raum mit Stahl ausgegossen. Die heisse Verbundplatte wurde alsdann
mit Vorsicht gewalzt, gerichtet und abgehobelt. Die Stahllage betrug
153 mm, die ganze Dicke also 356 mm, das Gewicht einer Platte
etwa 15000 kg.

Krupp in Essen goss nach einem patentierten Verfahren (D. R. P.
Nr. 25843) Flusseisen und Flussstahl auf beide Seiten einer in der

Panzerplattenwalzwerk.
freilich Schwierigkeiten. Der erste, dem es gelang, solche Compound-
oder Verbund-Panzerplatten aus Eisen und Fluſsstahl herzustellen,
war A. Wilson von der Firma Cammell & Co. in Sheffield im Jahre
1876. Er goſs in einem groſsen, aus beweglichen Seitenteilen zu-
sammengebauten, aufrechtstehenden Formkasten Fluſsstahl auf eine
eingeformte glühende Eisenplatte auf. Die so hergestellte Verbund-
platte wurde in einem Wärmofen erhitzt und dann gewalzt. Erst ver-
wendete er Siemensstahl, später auch Bessemerstahl. Die Schweiſsung
zwischen Stahl und Eisen gelang zwar auf diese Weise, lieſs aber
oft zu wünschen übrig. J. H. Ellis bei John Brown & Co. in
Sheffield erfand deshalb (1880) ein anderes Verfahren der Herstellung
von Compound-Panzerplatten, dessen Vorzug in der gröſseren Schweiſs-
fläche bestand.

In eine starke Eisenplatte wurden 25 cylindrische Stahlklötze
eingelassen, hierauf eine Deckplatte gelegt und in einem Formkasten
der Zwischenraum mit Fluſsstahl ausgegossen. Man verwendete
Bessemerstahl am besten von 0,6 Prozent Kohlenstoffgehalt. Die
Stahllage bildete ein Drittel der ganzen Platte. Man stellte Platten
von 483 mm Dicke und 40 Tonnen Gewicht dar. Der Inflexible war
das erste englische Kriegsschiff, welches mit solchen Compoundplatten
ausgerüstet wurde, die dann in allgemeine Aufnahme kamen. Cammell
& Co
. und John Brown in Sheffield waren längere Zeit die einzigen
Erzeuger der Compoundplatten.

Das 1882 von den Cyklopwerken in Sheffield betriebene Panzer-
plattenwalzwerk hatte Walzen von über 140 Tonnen Gewicht und
walzte Platten von 485 mm Dicke und 57 Tonnen Gewicht.

In Deutschland stellten Dillingen und Friedrich Krupp in
Essen zuerst solche her. In Dillingen, wo die Panzerplattenfabrikation
auf Anregung des Marineministers von Stosch eingeführt worden
war, wurden (1883) starke Eisenplatten aus Paketen von Puddeleisen
unter dem Dampfhammer geschweiſst, auf 203 mm Dicke ausge-
schmiedet, mit einer hydraulischen Presse gerichtet und sodann gehobelt;
hierauf wurde die erhitzte Platte mit einem eisernen Rahmen, der
durch eine Stahlplatte abgeschlossen war, umgeben und der Zwischen-
raum mit Stahl ausgegossen. Die heiſse Verbundplatte wurde alsdann
mit Vorsicht gewalzt, gerichtet und abgehobelt. Die Stahllage betrug
153 mm, die ganze Dicke also 356 mm, das Gewicht einer Platte
etwa 15000 kg.

Krupp in Essen goſs nach einem patentierten Verfahren (D. R. P.
Nr. 25843) Fluſseisen und Fluſsstahl auf beide Seiten einer in der

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[857/0873] Panzerplattenwalzwerk. freilich Schwierigkeiten. Der erste, dem es gelang, solche Compound- oder Verbund-Panzerplatten aus Eisen und Fluſsstahl herzustellen, war A. Wilson von der Firma Cammell & Co. in Sheffield im Jahre 1876. Er goſs in einem groſsen, aus beweglichen Seitenteilen zu- sammengebauten, aufrechtstehenden Formkasten Fluſsstahl auf eine eingeformte glühende Eisenplatte auf. Die so hergestellte Verbund- platte wurde in einem Wärmofen erhitzt und dann gewalzt. Erst ver- wendete er Siemensstahl, später auch Bessemerstahl. Die Schweiſsung zwischen Stahl und Eisen gelang zwar auf diese Weise, lieſs aber oft zu wünschen übrig. J. H. Ellis bei John Brown & Co. in Sheffield erfand deshalb (1880) ein anderes Verfahren der Herstellung von Compound-Panzerplatten, dessen Vorzug in der gröſseren Schweiſs- fläche bestand. In eine starke Eisenplatte wurden 25 cylindrische Stahlklötze eingelassen, hierauf eine Deckplatte gelegt und in einem Formkasten der Zwischenraum mit Fluſsstahl ausgegossen. Man verwendete Bessemerstahl am besten von 0,6 Prozent Kohlenstoffgehalt. Die Stahllage bildete ein Drittel der ganzen Platte. Man stellte Platten von 483 mm Dicke und 40 Tonnen Gewicht dar. Der Inflexible war das erste englische Kriegsschiff, welches mit solchen Compoundplatten ausgerüstet wurde, die dann in allgemeine Aufnahme kamen. Cammell & Co. und John Brown in Sheffield waren längere Zeit die einzigen Erzeuger der Compoundplatten. Das 1882 von den Cyklopwerken in Sheffield betriebene Panzer- plattenwalzwerk hatte Walzen von über 140 Tonnen Gewicht und walzte Platten von 485 mm Dicke und 57 Tonnen Gewicht. In Deutschland stellten Dillingen und Friedrich Krupp in Essen zuerst solche her. In Dillingen, wo die Panzerplattenfabrikation auf Anregung des Marineministers von Stosch eingeführt worden war, wurden (1883) starke Eisenplatten aus Paketen von Puddeleisen unter dem Dampfhammer geschweiſst, auf 203 mm Dicke ausge- schmiedet, mit einer hydraulischen Presse gerichtet und sodann gehobelt; hierauf wurde die erhitzte Platte mit einem eisernen Rahmen, der durch eine Stahlplatte abgeschlossen war, umgeben und der Zwischen- raum mit Stahl ausgegossen. Die heiſse Verbundplatte wurde alsdann mit Vorsicht gewalzt, gerichtet und abgehobelt. Die Stahllage betrug 153 mm, die ganze Dicke also 356 mm, das Gewicht einer Platte etwa 15000 kg. Krupp in Essen goſs nach einem patentierten Verfahren (D. R. P. Nr. 25843) Fluſseisen und Fluſsstahl auf beide Seiten einer in der

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 857. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/873>, abgerufen am 23.04.2024.