Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

Historie II. Buch.
erreichet/ und so wenig um die Casus
wuste als ein Kalekutischer Hahn.

Es war aber in dem nächsten Dorf
ein Schreiber/ so ehedeßen in eine
Jesuiter-Schule gegangen/ der muste
über das Feld herüber alle Tage eine
Stunde zu mir gehen/ und mich so lang
informiren/ bis wir einen Studenten
auß einer vornehmen Stadt bekämen/
denn aus einer schlechten wolten wir
keinen verschreiben. Und der Gestalt
fieng ich mit Gewalt an/ ein Magister
zu werden.

Der angekommene Praeceptor hieß
Christian Purzl/ ein recht einfältiger
Narr. Wir kontens ihm gar bald
anmerken/ daß er nicht viel vergeßen
hatte/ dann er hatte all sein Leb-Tag
nicht viel studiret. Damit man aber
wißen mägte/ was an ihm wär/ als
muste ihn der Schreiber examiniren,
damit die Edelfrau das Lehr-Geld
nicht gar umsonst weggäbe/ und her-
nach den Namen hätte/ sie wolte Nar-
ren auf dem Schloß hegen. Dero-
halben nihmmt ihn der Schreiber mit
sich in die Canzley-Stuben/ und der

Scherg

Hiſtorie II. Buch.
erreichet/ und ſo wenig um die Caſus
wuſte als ein Kalekutiſcher Hahn.

Es war aber in dem naͤchſten Dorf
ein Schreiber/ ſo ehedeßen in eine
Jeſuiter-Schule gegangen/ der muſte
uͤber das Feld heruͤber alle Tage eine
Stunde zu mir gehen/ und mich ſo lang
informiren/ bis wir einen Studenten
auß einer vornehmen Stadt bekaͤmen/
denn aus einer ſchlechten wolten wir
keinen verſchreiben. Und der Geſtalt
fieng ich mit Gewalt an/ ein Magiſter
zu werden.

Der angekommene Præceptor hieß
Chriſtian Purzl/ ein recht einfaͤltiger
Narr. Wir kontens ihm gar bald
anmerken/ daß er nicht viel vergeßen
hatte/ dann er hatte all ſein Leb-Tag
nicht viel ſtudiret. Damit man aber
wißen maͤgte/ was an ihm waͤr/ als
muſte ihn der Schreiber examiniren,
damit die Edelfrau das Lehr-Geld
nicht gar umſonſt weggaͤbe/ und her-
nach den Namen haͤtte/ ſie wolte Nar-
ren auf dem Schloß hegen. Dero-
halben nihm̃t ihn der Schreiber mit
ſich in die Canzley-Stuben/ und der

Scherg
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0099" n="91"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hi&#x017F;torie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">II.</hi></hi> Buch.</hi></fw><lb/>
erreichet/ und &#x017F;o wenig um die <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;us</hi><lb/>
wu&#x017F;te als ein Kalekuti&#x017F;cher Hahn.</p><lb/>
        <p>Es war aber in dem na&#x0364;ch&#x017F;ten Dorf<lb/>
ein Schreiber/ &#x017F;o ehedeßen in eine<lb/>
Je&#x017F;uiter-Schule gegangen/ der mu&#x017F;te<lb/>
u&#x0364;ber das Feld heru&#x0364;ber alle Tage eine<lb/>
Stunde zu mir gehen/ und mich &#x017F;o lang<lb/><hi rendition="#aq">inform</hi>iren/ bis wir einen Studenten<lb/>
auß einer vornehmen Stadt beka&#x0364;men/<lb/>
denn aus einer &#x017F;chlechten wolten wir<lb/>
keinen ver&#x017F;chreiben. Und der Ge&#x017F;talt<lb/>
fieng ich mit Gewalt an/ ein <hi rendition="#aq">Magi&#x017F;ter</hi><lb/>
zu werden.</p><lb/>
        <p>Der angekommene <hi rendition="#aq">Præceptor</hi> hieß<lb/>
Chri&#x017F;tian Purzl/ ein recht einfa&#x0364;ltiger<lb/>
Narr. Wir kontens ihm gar bald<lb/>
anmerken/ daß er nicht viel vergeßen<lb/>
hatte/ dann er hatte all &#x017F;ein Leb-Tag<lb/>
nicht viel &#x017F;tudiret. Damit man aber<lb/>
wißen ma&#x0364;gte/ was an ihm wa&#x0364;r/ als<lb/>
mu&#x017F;te ihn der Schreiber <hi rendition="#aq">examiniren,</hi><lb/>
damit die Edelfrau das Lehr-Geld<lb/>
nicht gar um&#x017F;on&#x017F;t wegga&#x0364;be/ und her-<lb/>
nach den Namen ha&#x0364;tte/ &#x017F;ie wolte Nar-<lb/>
ren auf dem Schloß hegen. Dero-<lb/>
halben nihm&#x0303;t ihn der Schreiber mit<lb/>
&#x017F;ich in die Canzley-Stuben/ und der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Scherg</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0099] Hiſtorie II. Buch. erreichet/ und ſo wenig um die Caſus wuſte als ein Kalekutiſcher Hahn. Es war aber in dem naͤchſten Dorf ein Schreiber/ ſo ehedeßen in eine Jeſuiter-Schule gegangen/ der muſte uͤber das Feld heruͤber alle Tage eine Stunde zu mir gehen/ und mich ſo lang informiren/ bis wir einen Studenten auß einer vornehmen Stadt bekaͤmen/ denn aus einer ſchlechten wolten wir keinen verſchreiben. Und der Geſtalt fieng ich mit Gewalt an/ ein Magiſter zu werden. Der angekommene Præceptor hieß Chriſtian Purzl/ ein recht einfaͤltiger Narr. Wir kontens ihm gar bald anmerken/ daß er nicht viel vergeßen hatte/ dann er hatte all ſein Leb-Tag nicht viel ſtudiret. Damit man aber wißen maͤgte/ was an ihm waͤr/ als muſte ihn der Schreiber examiniren, damit die Edelfrau das Lehr-Geld nicht gar umſonſt weggaͤbe/ und her- nach den Namen haͤtte/ ſie wolte Nar- ren auf dem Schloß hegen. Dero- halben nihm̃t ihn der Schreiber mit ſich in die Canzley-Stuben/ und der Scherg

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/99
Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/99>, abgerufen am 24.04.2024.