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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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und Wasser-Künsten an und auf dem Hartz.
Meer kamen/ und wieder in dasselbe flössen. Nachdem aber die
Berge höher als das Meer sind/ und so wohl denen Herren Mathe-
maticis
aus denen Fundamentis Hydrotechnicis, als auch dem ge-
meinen Mann/ aus der Erfahrung bekannt ist: daß das Wasser
seine Wasser-Wage halte/ und natürlicher Weise nicht höher fliesse/
als der Ort ist/ da es entspringet. So sind die Patroni dieser Meinung
auf unterschiedene Gedancken gerathen/ und streiten mit einander/
auf was Art solches Wasser auf die hohen Berge gelange. Ein
Theil meinet/ daß dieses per Suctum geschehe: indem die Erde derer
Berge solches Wasser in sich sauge/ gleich wie ein Stücke Brodt
oder ein Schwamm das Wasser und andere Feüchtigkeiten an sich
ziehe/ wenn man solche Sachen hinein werffe. Es opponiren aber
einige hierwieder: daß solches in der Vernunft nicht Statt finden
könne/ und das Exempel mit dem Brodt und Schwamme hierzu
nicht diene: massen das Saugen eine empfindliche Bewegung eines
saugenden Cörpers praesupponire oder erfodere/ und die Erde davon
wie ein nasser Schwamm aufschwellen müste/ welches ja nicht ge-
schehe. Uber das/ wenn schon die Erde das Wasser an sich zöge/ wür-
de doch dasselbe nicht daraus lauffen/ wie man ebenfalls an einem
aufgeschwollenen Schwamm wahrnehmen könne/ als welcher keine
Feüchtigkeit von sich gebe/ es sey denn/ daß man denselben ausdrucke.
Andere wollen: daß das Wasser aus dem Meer mediante Trans-
missione
auf die Berge gebracht werde/ und wie das Geblüthe von
einem Menschen oder Thiere/ durch gewisse Meatus hinauf steige/
welcher Meinung sonderlich Plinius libr. 2 cap. 65 ist. Sie bilden
sich aber ein/ wie das auf dem Grunde des Meeres vorhandene
Wasser von der grausamen Last des darüber stehenden Gewassers
gedrucket/ und durch gewisse verborgene Canale/ biß zu oberst eines
Berges/ getrieben werde/ welche Meinung doch wieder von etlichen
nicht zugegeben wird/ vermeinende: daß/ ob schon das unterste Meer-
Wasser auf vor besagte Art in einige unter der Erden vorhandene
Hölen getrieben würde/ und von dar/ wegen gewaltigen Nachdrucks
des obern Wassers/ durch etliche Gänge in die Höhe steige/ so schiene
es doch nicht glaublich zu seyn/ daß solches dadurch auf hohe Berge

könne

und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
Meer kåmen/ und wieder in daſſelbe floͤſſen. Nachdem aber die
Berge hoͤher als das Meer ſind/ und ſo wohl denen Herren Mathe-
maticis
aus denen Fundamentis Hydrotechnicis, als auch dem ge-
meinen Mann/ aus der Erfahrung bekannt iſt: daß das Waſſer
ſeine Waſſer-Wage halte/ und natuͤrlicher Weiſe nicht hoͤher flieſſe/
als der Ort iſt/ da es entſpringet. So ſind die Patroni dieſer Meinung
auf unterſchiedene Gedancken gerathen/ und ſtreiten mit einander/
auf was Art ſolches Waſſer auf die hohen Berge gelange. Ein
Theil meinet/ daß dieſes per Suctum geſchehe: indem die Erde derer
Berge ſolches Waſſer in ſich ſauge/ gleich wie ein Stuͤcke Brodt
oder ein Schwamm das Waſſer und andere Feuͤchtigkeiten an ſich
ziehe/ wenn man ſolche Sachen hinein werffe. Es opponiren aber
einige hierwieder: daß ſolches in der Vernunft nicht Statt finden
koͤnne/ und das Exempel mit dem Brodt und Schwamme hierzu
nicht diene: maſſen das Saugen eine empfindliche Bewegung eines
ſaugenden Coͤrpers præſupponire oder erfodere/ und die Erde davon
wie ein naſſer Schwamm aufſchwellen muͤſte/ welches ja nicht ge-
ſchehe. Uber das/ wenn ſchon die Erde das Waſſer an ſich zoͤge/ wuͤr-
de doch daſſelbe nicht daraus lauffen/ wie man ebenfalls an einem
aufgeſchwollenen Schwamm wahrnehmen koͤnne/ als welcher keine
Feuͤchtigkeit von ſich gebe/ es ſey denn/ daß man denſelben ausdrucke.
Andere wollen: daß das Waſſer aus dem Meer mediante Trans-
miſſione
auf die Berge gebracht werde/ und wie das Gebluͤthe von
einem Menſchen oder Thiere/ durch gewiſſe Meatus hinauf ſteige/
welcher Meinung ſonderlich Plinius libr. 2 cap. 65 iſt. Sie bilden
ſich aber ein/ wie das auf dem Grunde des Meeres vorhandene
Waſſer von der grauſamen Laſt des daruͤber ſtehenden Gewåſſers
gedrucket/ und durch gewiſſe verborgene Canåle/ biß zu oberſt eines
Berges/ getrieben werde/ welche Meinung doch wieder von etlichen
nicht zugegeben wird/ vermeinende: daß/ ob ſchon das unterſte Meer-
Waſſer auf vor beſagte Art in einige unter der Erden vorhandene
Hoͤlen getrieben wuͤrde/ und von dar/ wegen gewaltigen Nachdrucks
des obern Waſſers/ durch etliche Gaͤnge in die Hoͤhe ſteige/ ſo ſchiene
es doch nicht glaublich zu ſeyn/ daß ſolches dadurch auf hohe Berge

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[103/0115] und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz. Meer kåmen/ und wieder in daſſelbe floͤſſen. Nachdem aber die Berge hoͤher als das Meer ſind/ und ſo wohl denen Herren Mathe- maticis aus denen Fundamentis Hydrotechnicis, als auch dem ge- meinen Mann/ aus der Erfahrung bekannt iſt: daß das Waſſer ſeine Waſſer-Wage halte/ und natuͤrlicher Weiſe nicht hoͤher flieſſe/ als der Ort iſt/ da es entſpringet. So ſind die Patroni dieſer Meinung auf unterſchiedene Gedancken gerathen/ und ſtreiten mit einander/ auf was Art ſolches Waſſer auf die hohen Berge gelange. Ein Theil meinet/ daß dieſes per Suctum geſchehe: indem die Erde derer Berge ſolches Waſſer in ſich ſauge/ gleich wie ein Stuͤcke Brodt oder ein Schwamm das Waſſer und andere Feuͤchtigkeiten an ſich ziehe/ wenn man ſolche Sachen hinein werffe. Es opponiren aber einige hierwieder: daß ſolches in der Vernunft nicht Statt finden koͤnne/ und das Exempel mit dem Brodt und Schwamme hierzu nicht diene: maſſen das Saugen eine empfindliche Bewegung eines ſaugenden Coͤrpers præſupponire oder erfodere/ und die Erde davon wie ein naſſer Schwamm aufſchwellen muͤſte/ welches ja nicht ge- ſchehe. Uber das/ wenn ſchon die Erde das Waſſer an ſich zoͤge/ wuͤr- de doch daſſelbe nicht daraus lauffen/ wie man ebenfalls an einem aufgeſchwollenen Schwamm wahrnehmen koͤnne/ als welcher keine Feuͤchtigkeit von ſich gebe/ es ſey denn/ daß man denſelben ausdrucke. Andere wollen: daß das Waſſer aus dem Meer mediante Trans- miſſione auf die Berge gebracht werde/ und wie das Gebluͤthe von einem Menſchen oder Thiere/ durch gewiſſe Meatus hinauf ſteige/ welcher Meinung ſonderlich Plinius libr. 2 cap. 65 iſt. Sie bilden ſich aber ein/ wie das auf dem Grunde des Meeres vorhandene Waſſer von der grauſamen Laſt des daruͤber ſtehenden Gewåſſers gedrucket/ und durch gewiſſe verborgene Canåle/ biß zu oberſt eines Berges/ getrieben werde/ welche Meinung doch wieder von etlichen nicht zugegeben wird/ vermeinende: daß/ ob ſchon das unterſte Meer- Waſſer auf vor beſagte Art in einige unter der Erden vorhandene Hoͤlen getrieben wuͤrde/ und von dar/ wegen gewaltigen Nachdrucks des obern Waſſers/ durch etliche Gaͤnge in die Hoͤhe ſteige/ ſo ſchiene es doch nicht glaublich zu ſeyn/ daß ſolches dadurch auf hohe Berge koͤnne

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/115>, abgerufen am 25.04.2024.