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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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und Thier-Gärten an und auf dem Hartz.
rechten breiten Fahr-Weg/ an welchem gegen dem Luder-Platz über
auf einem sehr hohen Baum/ damit die Wölffe von dem hierinnen
zu Zeiten vorhandenen Jäger keinen Wind haben können/ ein Jä-
ger-Häusgen stehet/ und ist noch ein anders und grössers Jäger-
Häuslein nach Mitternacht gegen die Ecke des Gartens gebauet/ in
welchem ein Glöcklein henget/ so von einer Linie oder dünnem Strick
gezogen wird/ welcher auf den Bäumen hin in Rollen biß zu dem vor
besagten auf dem Baum befindlichen Häuslein gehet/ und/ der
Länge wegen/ einen halben Centner schwer seyn soll. Endlich ist
von dem auf der Erde vorhandenen grössern Häuslein gegen den
um die Plancken gehenden Fahr-Weg ein Fuß-Steig biß zu dem
Eingang des Gartens gemacht. Wenn dann die Jäger vermer-
cken/ daß die Wölffe das Luder gerochen/ und davon gefressen haben/
so steiget einer zu der Zeit/ da die Nächte etwas helle sind/ auf den
Baum in das Häuslein/ die andern hingegen begeben sich in das
andere/ wo das Glöcklein henget. So bald nun zu Nacht die Wölf-
fe sich in dem Garten bey dem Luder versammlet haben/ ziehet der
Jäger so vielmahl an dem Stricke/ als er Wölffe vermercket/ auf
welches Zeichen die andern Jäger sich nach dem Eingang eilends
fortmachen/ und vor denselben das vor gemeldete Tuch und Garn
ziehen/ bey welcher Arbeit einer von denselben mit einem oder mehr
hierzu abgerichteten Hunden in den Garten gehet/ und auf einen ge-
gen der Wolffs-Grube über stehenden Stamm oder Baum steiget/
aldar er Achtung geben muß/ wie viel Wölffe in die Grube springen/
ingleichen ruffet er auch die Hunde wieder zurücke/ wenn dieselben et-
wa denen Wölffen nachfolgen wollen; unterdessen gehen die Hunde
auf die Wölffe los/ die denn nicht ermangeln/ einen Ort zu suchen/
wo sie durchzukommen gedencken/ doch vergebens/ massen die Plan-
cken viel zu hoch dahin sind/ derohalben sie so lange in dem Gar-
ten an denen Plancken herum lauffen/ biß dieselben vor die Grube
kommen. Weilen es nun alhier nicht so dunckel als an andern
Orten des Gartens ist/ indem nicht allein die Plancke sich niedriger/
sondern auch zu Nacht die Gegend nach Mittag heller als andere
befindet/ so vermeinen die Wölffe da hinaus zu kommen/ und sprin-

gen
Y

und Thier-Gaͤrten an und auf dem Hartz.
rechten breiten Fahr-Weg/ an welchem gegen dem Luder-Platz uͤber
auf einem ſehr hohen Baum/ damit die Woͤlffe von dem hierinnen
zu Zeiten vorhandenen Jaͤger keinen Wind haben koͤnnen/ ein Jaͤ-
ger-Haͤusgen ſtehet/ und iſt noch ein anders und groͤſſers Jaͤger-
Haͤuslein nach Mitternacht gegen die Ecke des Gartens gebauet/ in
welchem ein Gloͤcklein henget/ ſo von einer Linie oder duͤnnem Strick
gezogen wird/ welcher auf den Baͤumen hin in Rollen biß zu dem vor
beſagten auf dem Baum befindlichen Haͤuslein gehet/ und/ der
Laͤnge wegen/ einen halben Centner ſchwer ſeyn ſoll. Endlich iſt
von dem auf der Erde vorhandenen groͤſſern Haͤuslein gegen den
um die Plancken gehenden Fahr-Weg ein Fuß-Steig biß zu dem
Eingang des Gartens gemacht. Wenn dann die Jaͤger vermer-
cken/ daß die Woͤlffe das Luder gerochen/ und davon gefreſſen haben/
ſo ſteiget einer zu der Zeit/ da die Naͤchte etwas helle ſind/ auf den
Baum in das Haͤuslein/ die andern hingegen begeben ſich in das
andere/ wo das Gloͤcklein henget. So bald nun zu Nacht die Woͤlf-
fe ſich in dem Garten bey dem Luder verſammlet haben/ ziehet der
Jaͤger ſo vielmahl an dem Stricke/ als er Woͤlffe vermercket/ auf
welches Zeichen die andern Jaͤger ſich nach dem Eingang eilends
fortmachen/ und vor denſelben das vor gemeldete Tuch und Garn
ziehen/ bey welcher Arbeit einer von denſelben mit einem oder mehr
hierzu abgerichteten Hunden in den Garten gehet/ und auf einen ge-
gen der Wolffs-Grube uͤber ſtehenden Stamm oder Baum ſteiget/
aldar er Achtung geben muß/ wie viel Woͤlffe in die Grube ſpringen/
ingleichen ruffet er auch die Hunde wieder zuruͤcke/ wenn dieſelben et-
wa denen Woͤlffen nachfolgen wollen; unterdeſſen gehen die Hunde
auf die Woͤlffe los/ die denn nicht ermangeln/ einen Ort zu ſuchen/
wo ſie durchzukommen gedencken/ doch vergebens/ maſſen die Plan-
cken viel zu hoch dahin ſind/ derohalben ſie ſo lange in dem Gar-
ten an denen Plancken herum lauffen/ biß dieſelben vor die Grube
kommen. Weilen es nun alhier nicht ſo dunckel als an andern
Orten des Gartens iſt/ indem nicht allein die Plancke ſich niedriger/
ſondern auch zu Nacht die Gegend nach Mittag heller als andere
befindet/ ſo vermeinen die Woͤlffe da hinaus zu kommen/ und ſprin-

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[169/0181] und Thier-Gaͤrten an und auf dem Hartz. rechten breiten Fahr-Weg/ an welchem gegen dem Luder-Platz uͤber auf einem ſehr hohen Baum/ damit die Woͤlffe von dem hierinnen zu Zeiten vorhandenen Jaͤger keinen Wind haben koͤnnen/ ein Jaͤ- ger-Haͤusgen ſtehet/ und iſt noch ein anders und groͤſſers Jaͤger- Haͤuslein nach Mitternacht gegen die Ecke des Gartens gebauet/ in welchem ein Gloͤcklein henget/ ſo von einer Linie oder duͤnnem Strick gezogen wird/ welcher auf den Baͤumen hin in Rollen biß zu dem vor beſagten auf dem Baum befindlichen Haͤuslein gehet/ und/ der Laͤnge wegen/ einen halben Centner ſchwer ſeyn ſoll. Endlich iſt von dem auf der Erde vorhandenen groͤſſern Haͤuslein gegen den um die Plancken gehenden Fahr-Weg ein Fuß-Steig biß zu dem Eingang des Gartens gemacht. Wenn dann die Jaͤger vermer- cken/ daß die Woͤlffe das Luder gerochen/ und davon gefreſſen haben/ ſo ſteiget einer zu der Zeit/ da die Naͤchte etwas helle ſind/ auf den Baum in das Haͤuslein/ die andern hingegen begeben ſich in das andere/ wo das Gloͤcklein henget. So bald nun zu Nacht die Woͤlf- fe ſich in dem Garten bey dem Luder verſammlet haben/ ziehet der Jaͤger ſo vielmahl an dem Stricke/ als er Woͤlffe vermercket/ auf welches Zeichen die andern Jaͤger ſich nach dem Eingang eilends fortmachen/ und vor denſelben das vor gemeldete Tuch und Garn ziehen/ bey welcher Arbeit einer von denſelben mit einem oder mehr hierzu abgerichteten Hunden in den Garten gehet/ und auf einen ge- gen der Wolffs-Grube uͤber ſtehenden Stamm oder Baum ſteiget/ aldar er Achtung geben muß/ wie viel Woͤlffe in die Grube ſpringen/ ingleichen ruffet er auch die Hunde wieder zuruͤcke/ wenn dieſelben et- wa denen Woͤlffen nachfolgen wollen; unterdeſſen gehen die Hunde auf die Woͤlffe los/ die denn nicht ermangeln/ einen Ort zu ſuchen/ wo ſie durchzukommen gedencken/ doch vergebens/ maſſen die Plan- cken viel zu hoch dahin ſind/ derohalben ſie ſo lange in dem Gar- ten an denen Plancken herum lauffen/ biß dieſelben vor die Grube kommen. Weilen es nun alhier nicht ſo dunckel als an andern Orten des Gartens iſt/ indem nicht allein die Plancke ſich niedriger/ ſondern auch zu Nacht die Gegend nach Mittag heller als andere befindet/ ſo vermeinen die Woͤlffe da hinaus zu kommen/ und ſprin- gen Y

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/181>, abgerufen am 25.04.2024.