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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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von den curieusen Hölen an und auf dem Hartz.
derselben im warmen Sommer/ wenn grosse Hitze vorhanden/ durch
die in gedachter Höle befindliche und vermöge etlicher Röhren dahin
gebrachten kalten Lufft kühl gemachet werden/ auf die Art/ als sol-
ches in Italien oder Welsch-Land an einem gewissen Ort geschiehet;
massen Megiserus in seinem Paradiso deliciarum, oder Beschrei-
bung Venedig lib. I cap. 24 wie auch der Autor deliciarum Italiae
p. m.
282 gedencket: daß nicht gar weit von Vicenza, wenig ausser
dem Wege nach Padoa, eine gar grosse Höle oder Loch in einem
Berglein mit Menschen-Hand gegraben und gemacht sey/ darinnen
sich das Volck aus denen umliegenden Flecken zu Krieges-Zeiten
verstecket und aufgehalten habe/ und la grotta di Vicenza oder il Cu-
balo
genennet werde: Hierbey nahend sey eines Vicenzinischen
Edelmanns Hoff/ darinnen eine lustige AEolia oder Wind-Kunst
zu sehen sey/ dadurch die Winde in Sommers-Zeiten könten regie-
ret/ und entweder hefftiger oder schwächer gemachet werden/ wie man
es begehrete/ wie denn auch dieserwegen über die Thür des gemelde-
ten Hofes folgender Vers des Virgilii geschrieben sey/ nemlich:
AEolus heic clauso ventorum carcere regnat.

Ebenfalls sey ein viereckigter Stein dabey eingemauret/ daran einge-
hauen stünde: daß Ao. 1560 Franciscus Tridenteus im 22zigsten
Jahre seines Alters in diesen Hoff/ und zwar in alle Zimmer/ die kal-
te Lufft aus vor gedachter Höle durch ein neües und wunderbahres
Kunst-Stücke gebracht habe/ und solcher Curiosität wegen der Hoff
wohl unter die Königlichen Zierden und Lust-Häuser könne gerechnet
werden. Gleicher Gestalt vermeinen einige/ daß man aus dem
grossen kalten Loche einen viel bessern und kühlern Berg-Keller ma-
chen könne/ als in dem Ertz-Bisthum Saltzburg zu Kaltenhausen
angetroffen/ und daraus von etlichen/ derer darinnen vorhandenen
und zu Sommers-Zeit sehr angenehmen kühlen Weine wegen/ ein
groß Wesen gemachet wird/ ob aber der Wein und ander Geträncke
darinnen gut thun würde/ wolte ich fast zweifeln/ weilen es vor die-
selbe des Sommers zu kalt/ des Winters aber zu warm seyn dürffte;
massen von diesem kalten Loche merckwürdig ist/ daß/ ie heisser die
Sonne im Sommer scheinet/ ie härter es darinnen frieret/ und kalt

ist/
J 3

von den curieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
derſelben im warmen Sommer/ wenn groſſe Hitze vorhanden/ durch
die in gedachter Hoͤle befindliche und vermoͤge etlicher Roͤhren dahin
gebrachten kalten Lufft kuͤhl gemachet werden/ auf die Art/ als ſol-
ches in Italien oder Welſch-Land an einem gewiſſen Ort geſchiehet;
maſſen Megiſerus in ſeinem Paradiſo deliciarum, oder Beſchrei-
bung Venedig lib. I cap. 24 wie auch der Autor deliciarum Italiæ
p. m.
282 gedencket: daß nicht gar weit von Vicenza, wenig auſſer
dem Wege nach Padoa, eine gar groſſe Hoͤle oder Loch in einem
Berglein mit Menſchen-Hand gegraben und gemacht ſey/ darinnen
ſich das Volck aus denen umliegenden Flecken zu Krieges-Zeiten
verſtecket und aufgehalten habe/ und la grotta di Vicenza oder il Cu-
balo
genennet werde: Hierbey nahend ſey eines Vicenziniſchen
Edelmanns Hoff/ darinnen eine luſtige Æolia oder Wind-Kunſt
zu ſehen ſey/ dadurch die Winde in Sommers-Zeiten koͤnten regie-
ret/ und entweder hefftiger oder ſchwaͤcher gemachet werden/ wie man
es begehrete/ wie denn auch dieſerwegen uͤber die Thuͤr des gemelde-
ten Hofes folgender Vers des Virgilii geſchrieben ſey/ nemlich:
Æolus hîc clauſo ventorum carcere regnat.

Ebenfalls ſey ein viereckigter Stein dabey eingemauret/ daran einge-
hauen ſtuͤnde: daß Ao. 1560 Franciſcus Tridenteus im 22zigſten
Jahre ſeines Alters in dieſen Hoff/ und zwar in alle Zimmer/ die kal-
te Lufft aus vor gedachter Hoͤle durch ein neuͤes und wunderbahres
Kunſt-Stuͤcke gebracht habe/ und ſolcher Curioſitaͤt wegen der Hoff
wohl unter die Koͤniglichen Zierden und Luſt-Haͤuſer koͤnne gerechnet
werden. Gleicher Geſtalt vermeinen einige/ daß man aus dem
groſſen kalten Loche einen viel beſſern und kuͤhlern Berg-Keller ma-
chen koͤnne/ als in dem Ertz-Biſthum Saltzburg zu Kaltenhauſen
angetroffen/ und daraus von etlichen/ derer darinnen vorhandenen
und zu Sommers-Zeit ſehr angenehmen kuͤhlen Weine wegen/ ein
groß Weſen gemachet wird/ ob aber der Wein und ander Getraͤncke
darinnen gut thun wuͤrde/ wolte ich faſt zweifeln/ weilen es vor die-
ſelbe des Sommers zu kalt/ des Winters aber zu warm ſeyn duͤrffte;
maſſen von dieſem kalten Loche merckwuͤrdig iſt/ daß/ ie heiſſer die
Sonne im Sommer ſcheinet/ ie haͤrter es darinnen frieret/ und kalt

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[69/0081] von den curieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz. derſelben im warmen Sommer/ wenn groſſe Hitze vorhanden/ durch die in gedachter Hoͤle befindliche und vermoͤge etlicher Roͤhren dahin gebrachten kalten Lufft kuͤhl gemachet werden/ auf die Art/ als ſol- ches in Italien oder Welſch-Land an einem gewiſſen Ort geſchiehet; maſſen Megiſerus in ſeinem Paradiſo deliciarum, oder Beſchrei- bung Venedig lib. I cap. 24 wie auch der Autor deliciarum Italiæ p. m. 282 gedencket: daß nicht gar weit von Vicenza, wenig auſſer dem Wege nach Padoa, eine gar groſſe Hoͤle oder Loch in einem Berglein mit Menſchen-Hand gegraben und gemacht ſey/ darinnen ſich das Volck aus denen umliegenden Flecken zu Krieges-Zeiten verſtecket und aufgehalten habe/ und la grotta di Vicenza oder il Cu- balo genennet werde: Hierbey nahend ſey eines Vicenziniſchen Edelmanns Hoff/ darinnen eine luſtige Æolia oder Wind-Kunſt zu ſehen ſey/ dadurch die Winde in Sommers-Zeiten koͤnten regie- ret/ und entweder hefftiger oder ſchwaͤcher gemachet werden/ wie man es begehrete/ wie denn auch dieſerwegen uͤber die Thuͤr des gemelde- ten Hofes folgender Vers des Virgilii geſchrieben ſey/ nemlich: Æolus hîc clauſo ventorum carcere regnat. Ebenfalls ſey ein viereckigter Stein dabey eingemauret/ daran einge- hauen ſtuͤnde: daß Ao. 1560 Franciſcus Tridenteus im 22zigſten Jahre ſeines Alters in dieſen Hoff/ und zwar in alle Zimmer/ die kal- te Lufft aus vor gedachter Hoͤle durch ein neuͤes und wunderbahres Kunſt-Stuͤcke gebracht habe/ und ſolcher Curioſitaͤt wegen der Hoff wohl unter die Koͤniglichen Zierden und Luſt-Haͤuſer koͤnne gerechnet werden. Gleicher Geſtalt vermeinen einige/ daß man aus dem groſſen kalten Loche einen viel beſſern und kuͤhlern Berg-Keller ma- chen koͤnne/ als in dem Ertz-Biſthum Saltzburg zu Kaltenhauſen angetroffen/ und daraus von etlichen/ derer darinnen vorhandenen und zu Sommers-Zeit ſehr angenehmen kuͤhlen Weine wegen/ ein groß Weſen gemachet wird/ ob aber der Wein und ander Getraͤncke darinnen gut thun wuͤrde/ wolte ich faſt zweifeln/ weilen es vor die- ſelbe des Sommers zu kalt/ des Winters aber zu warm ſeyn duͤrffte; maſſen von dieſem kalten Loche merckwuͤrdig iſt/ daß/ ie heiſſer die Sonne im Sommer ſcheinet/ ie haͤrter es darinnen frieret/ und kalt iſt/ J 3

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/81>, abgerufen am 29.03.2024.