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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

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Vom Blut und Wunden.
§ 118.

Man soll den Sohn mit nichten überhü-
pfen, aber auch den Vater nicht. Das leztere
ist vor dem erstern eine neue und folglich eine
grosse Lust für den Teufel, mit dem der Ordi-
narius
so heftig um sich wirft. Christo zu ge-
fallen, glauben wir an den Vater: und an
Christum glauben wir, eben so wol dem Va-
ter zu gefallen. Thäte es dem Ordinario we-
he, wann man sagte, er sey dem himmlischen
Vater gram, weil er dem Sohn alles zu-
schreibe: so muß es auch denen wehe thun, die
er bezüchtiget, sie seyen dem Heiland gram,
indem sie, ohne die ihnen beygemessene Aus-
schliessung des Sohnes, auch vom Vater re-
den. Er machet ja denen, die beedes vom
Vater und vom Sohn reden, nichts beson-
ders, und nimmt sie nirgend von seinem Schel-
ten aus. Indem er von dem Leiden des ge-
dultigen Lammes prediget, überlässet er sich an
denen vorangezogenen Stellen einem starken
und unlautern Zorn wider diejenige, die bey
dem Leiden Christi auch an die Liebe des Va-
ters gedenken.

§ 119.

Gesetzt, ein Heyde sey durch die Worte:
Dein Schöpfer hat für dich gelidten, gerüh-
ret: aus solcher Rührung wird er von sich
selbs, und wann man ihm nichts weiters sagt,
nicht alles herleiten, was ihm nöthig ist. Be-

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Vom Blut und Wunden.
§ 118.

Man ſoll den Sohn mit nichten uͤberhuͤ-
pfen, aber auch den Vater nicht. Das leztere
iſt vor dem erſtern eine neue und folglich eine
groſſe Luſt fuͤr den Teufel, mit dem der Ordi-
narius
ſo heftig um ſich wirft. Chriſto zu ge-
fallen, glauben wir an den Vater: und an
Chriſtum glauben wir, eben ſo wol dem Va-
ter zu gefallen. Thaͤte es dem Ordinario we-
he, wann man ſagte, er ſey dem himmliſchen
Vater gram, weil er dem Sohn alles zu-
ſchreibe: ſo muß es auch denen wehe thun, die
er bezuͤchtiget, ſie ſeyen dem Heiland gram,
indem ſie, ohne die ihnen beygemeſſene Aus-
ſchlieſſung des Sohnes, auch vom Vater re-
den. Er machet ja denen, die beedes vom
Vater und vom Sohn reden, nichts beſon-
ders, und nimmt ſie nirgend von ſeinem Schel-
ten aus. Indem er von dem Leiden des ge-
dultigen Lammes prediget, uͤberlaͤſſet er ſich an
denen vorangezogenen Stellen einem ſtarken
und unlautern Zorn wider diejenige, die bey
dem Leiden Chriſti auch an die Liebe des Va-
ters gedenken.

§ 119.

Geſetzt, ein Heyde ſey durch die Worte:
Dein Schoͤpfer hat fuͤr dich gelidten, geruͤh-
ret: aus ſolcher Ruͤhrung wird er von ſich
ſelbs, und wann man ihm nichts weiters ſagt,
nicht alles herleiten, was ihm noͤthig iſt. Be-

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[119/0139] Vom Blut und Wunden. § 118. Man ſoll den Sohn mit nichten uͤberhuͤ- pfen, aber auch den Vater nicht. Das leztere iſt vor dem erſtern eine neue und folglich eine groſſe Luſt fuͤr den Teufel, mit dem der Ordi- narius ſo heftig um ſich wirft. Chriſto zu ge- fallen, glauben wir an den Vater: und an Chriſtum glauben wir, eben ſo wol dem Va- ter zu gefallen. Thaͤte es dem Ordinario we- he, wann man ſagte, er ſey dem himmliſchen Vater gram, weil er dem Sohn alles zu- ſchreibe: ſo muß es auch denen wehe thun, die er bezuͤchtiget, ſie ſeyen dem Heiland gram, indem ſie, ohne die ihnen beygemeſſene Aus- ſchlieſſung des Sohnes, auch vom Vater re- den. Er machet ja denen, die beedes vom Vater und vom Sohn reden, nichts beſon- ders, und nimmt ſie nirgend von ſeinem Schel- ten aus. Indem er von dem Leiden des ge- dultigen Lammes prediget, uͤberlaͤſſet er ſich an denen vorangezogenen Stellen einem ſtarken und unlautern Zorn wider diejenige, die bey dem Leiden Chriſti auch an die Liebe des Va- ters gedenken. § 119. Geſetzt, ein Heyde ſey durch die Worte: Dein Schoͤpfer hat fuͤr dich gelidten, geruͤh- ret: aus ſolcher Ruͤhrung wird er von ſich ſelbs, und wann man ihm nichts weiters ſagt, nicht alles herleiten, was ihm noͤthig iſt. Be- ſehen H 4

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Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/139>, abgerufen am 29.03.2024.