Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Redens-Art.
der ... Probst von Herbrechtingen schon eben
dadurch offendirt zu seyn, daß wir den
XII.
Lieder-Anhang (aus einer Noth, die er nicht
wissen konnte, gedrungen) publicirt haben,
misbilligt aber übrigens nicht, wann sich
Kinder GOttes insgeheim so
kindlich und
kindisch ausdrücken, als in diesen Liedern
geschehen ist
. Beederley Stellen führe ich zu
dem Ende an, damit man meine Worte ganz
erwege, und sie bey Albino nicht zu weit aus-
dehne. In meinem Leben sind mir etwa zween
Fälle vorgekommen, da einer und der andern
Seele für inniger Zärtlichkeit ein solches Di-
minutivum
entfahren ist: und diß ist etwas
anders, als eine öffentliche Vorschrift bey ei-
nem grossen Hauffen.

§ 152.

Von der Geburt, Beschneidung, Jugend,
Versuchung, Wandel und Leiden unsers theu-
ren Erlösers fallen häuffige, mit Fleiß über-
triebene, verächtliche Reden. Zum Muster
dienet unter den Liedern das 2085ste, unter den
Einzelen Reden die 8te, unter den Reden in Zeyst
die 19te, und unter den Wundenlitaney-Re-
den die 7te und folgg. Der Ordinarius sagt,
er habe seine gegründete Ursachen, die
Menschheit so klein zu beschreiben, als es
der Wahrheit der Schrift immer gemäß ist
.
Büd. Samml. III Band, s. 545. Dieser ei-
nige Einfall hat über die massen viel leidiges
nach sich gezogen: und warum bleibt der Ordi-

narius
K 3

Von der Redens-Art.
der … Probſt von Herbrechtingen ſchon eben
dadurch offendirt zu ſeyn, daß wir den
XII.
Lieder-Anhang (aus einer Noth, die er nicht
wiſſen konnte, gedrungen) publicirt haben,
misbilligt aber uͤbrigens nicht, wann ſich
Kinder GOttes insgeheim ſo
kindlich und
kindiſch ausdruͤcken, als in dieſen Liedern
geſchehen iſt
. Beederley Stellen fuͤhre ich zu
dem Ende an, damit man meine Worte ganz
erwege, und ſie bey Albino nicht zu weit aus-
dehne. In meinem Leben ſind mir etwa zween
Faͤlle vorgekommen, da einer und der andern
Seele fuͤr inniger Zaͤrtlichkeit ein ſolches Di-
minutivum
entfahren iſt: und diß iſt etwas
anders, als eine oͤffentliche Vorſchrift bey ei-
nem groſſen Hauffen.

§ 152.

Von der Geburt, Beſchneidung, Jugend,
Verſuchung, Wandel und Leiden unſers theu-
ren Erloͤſers fallen haͤuffige, mit Fleiß uͤber-
triebene, veraͤchtliche Reden. Zum Muſter
dienet unter den Liedern das 2085ſte, unter den
Einzelen Reden die 8te, unter den Reden in Zeyſt
die 19te, und unter den Wundenlitaney-Re-
den die 7te und folgg. Der Ordinarius ſagt,
er habe ſeine gegruͤndete Urſachen, die
Menſchheit ſo klein zu beſchreiben, als es
der Wahrheit der Schrift immer gemaͤß iſt
.
Buͤd. Samml. III Band, ſ. 545. Dieſer ei-
nige Einfall hat uͤber die maſſen viel leidiges
nach ſich gezogen: und warum bleibt der Ordi-

narius
K 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <p><pb facs="#f0169" n="149"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Von der Redens-Art</hi>.</fw><lb/><hi rendition="#fr">der &#x2026; Prob&#x017F;t von Herbrechtingen &#x017F;chon eben<lb/>
dadurch offendirt zu &#x017F;eyn, daß wir den</hi><hi rendition="#aq">XII.</hi><lb/><hi rendition="#fr">Lieder-Anhang (aus einer <hi rendition="#b">Noth</hi>, die er nicht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en konnte, gedrungen) publicirt haben,<lb/>
misbilligt aber u&#x0364;brigens nicht, wann &#x017F;ich<lb/>
Kinder GOttes insgeheim &#x017F;o</hi> kindlich und<lb/>
kindi&#x017F;ch <hi rendition="#fr">ausdru&#x0364;cken, als in die&#x017F;en Liedern<lb/>
ge&#x017F;chehen i&#x017F;t</hi>. Beederley Stellen fu&#x0364;hre ich zu<lb/>
dem Ende an, damit man meine Worte ganz<lb/>
erwege, und &#x017F;ie bey <hi rendition="#aq">Albino</hi> nicht zu weit aus-<lb/>
dehne. In meinem Leben &#x017F;ind mir etwa zween<lb/>
Fa&#x0364;lle vorgekommen, da einer und der andern<lb/>
Seele fu&#x0364;r inniger Za&#x0364;rtlichkeit ein &#x017F;olches <hi rendition="#aq">Di-<lb/>
minutivum</hi> entfahren i&#x017F;t: und diß i&#x017F;t etwas<lb/>
anders, als eine o&#x0364;ffentliche Vor&#x017F;chrift bey ei-<lb/>
nem gro&#x017F;&#x017F;en Hauffen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="5">
              <head>§ 152.</head><lb/>
              <p>Von der Geburt, Be&#x017F;chneidung, Jugend,<lb/>
Ver&#x017F;uchung, Wandel und Leiden un&#x017F;ers theu-<lb/>
ren Erlo&#x0364;&#x017F;ers fallen ha&#x0364;uffige, mit Fleiß u&#x0364;ber-<lb/>
triebene, vera&#x0364;chtliche Reden. Zum Mu&#x017F;ter<lb/>
dienet unter den Liedern das 2085&#x017F;te, unter den<lb/>
Einzelen Reden die 8te, unter den Reden in Zey&#x017F;t<lb/>
die 19te, und unter den Wundenlitaney-Re-<lb/>
den die 7te und folgg. Der <hi rendition="#aq">Ordinarius</hi> &#x017F;agt,<lb/>
er <hi rendition="#fr">habe &#x017F;eine gegru&#x0364;ndete Ur&#x017F;achen, die<lb/>
Men&#x017F;chheit &#x017F;o klein zu be&#x017F;chreiben, als es<lb/>
der Wahrheit der Schrift immer gema&#x0364;ß i&#x017F;t</hi>.<lb/>
Bu&#x0364;d. Samml. <hi rendition="#aq">III</hi> Band, &#x017F;. 545. Die&#x017F;er ei-<lb/>
nige Einfall hat u&#x0364;ber die ma&#x017F;&#x017F;en viel leidiges<lb/>
nach &#x017F;ich gezogen: und warum bleibt der <hi rendition="#aq">Ordi-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">narius</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0169] Von der Redens-Art. der … Probſt von Herbrechtingen ſchon eben dadurch offendirt zu ſeyn, daß wir den XII. Lieder-Anhang (aus einer Noth, die er nicht wiſſen konnte, gedrungen) publicirt haben, misbilligt aber uͤbrigens nicht, wann ſich Kinder GOttes insgeheim ſo kindlich und kindiſch ausdruͤcken, als in dieſen Liedern geſchehen iſt. Beederley Stellen fuͤhre ich zu dem Ende an, damit man meine Worte ganz erwege, und ſie bey Albino nicht zu weit aus- dehne. In meinem Leben ſind mir etwa zween Faͤlle vorgekommen, da einer und der andern Seele fuͤr inniger Zaͤrtlichkeit ein ſolches Di- minutivum entfahren iſt: und diß iſt etwas anders, als eine oͤffentliche Vorſchrift bey ei- nem groſſen Hauffen. § 152. Von der Geburt, Beſchneidung, Jugend, Verſuchung, Wandel und Leiden unſers theu- ren Erloͤſers fallen haͤuffige, mit Fleiß uͤber- triebene, veraͤchtliche Reden. Zum Muſter dienet unter den Liedern das 2085ſte, unter den Einzelen Reden die 8te, unter den Reden in Zeyſt die 19te, und unter den Wundenlitaney-Re- den die 7te und folgg. Der Ordinarius ſagt, er habe ſeine gegruͤndete Urſachen, die Menſchheit ſo klein zu beſchreiben, als es der Wahrheit der Schrift immer gemaͤß iſt. Buͤd. Samml. III Band, ſ. 545. Dieſer ei- nige Einfall hat uͤber die maſſen viel leidiges nach ſich gezogen: und warum bleibt der Ordi- narius K 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/169
Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/169>, abgerufen am 25.04.2024.