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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

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Von dem H. Geist.
der Stelle Joh. 3, 4. 5. zu erweisen. Denn
ein Mensch hat es von seinem Vater, daß er,
wie Nicodemus redet, in seiner Mutter Leib
kommt; und von seiner Mutter, daß er gebo-
ren wird: und also folgt aus dieser Gleichniß
nicht, daß ein Wiedergeborner den heiligen
Geist zur Mutter habe.

§ 63.

Jacobus sagt, Er hat uns gezeuget u. s.
w. Cap. 1, 18. Das griechische Wort
apekuese wird eigentlich von Müttern gesagt,
und wann der Ordinarius diese Stelle auf den
heiligen Geist deuten könnte, so möchte es ei-
nen Schein haben. Doch die ganze Rede des
Apostels gehet übrigens in Masculino, und
handelt von Vater der Lichter ausdrücklich.
Hiedurch wird jene Mutterschaft kräftig wi-
derleget: dann wann GOtt der Vater eine
Gemahlin hätte, so würde je nicht Ihme selbs
das Wort apekuese zugeschrieben. Ist diß
nicht etwa eine geheime Ursache, warum der
Ordinarius die vernünftige und schöne Epi-
stel des guten Jacobi so zurückesetzet?

§ 64.

Christus wird genennet die Weisheit,
und doch hält Ihn die Gemeine für ihren Mann.
Auf solche Weise kan dem Vater, in Ansehung
seiner Wolthaten an uns, etwas mütterliches
zugeschrieben werden, da auch Paulus von sich
beedes väterlich und mütterlich redet. 1 Thess.

2, 7.
E 3

Von dem H. Geiſt.
der Stelle Joh. 3, 4. 5. zu erweiſen. Denn
ein Menſch hat es von ſeinem Vater, daß er,
wie Nicodemus redet, in ſeiner Mutter Leib
kommt; und von ſeiner Mutter, daß er gebo-
ren wird: und alſo folgt aus dieſer Gleichniß
nicht, daß ein Wiedergeborner den heiligen
Geiſt zur Mutter habe.

§ 63.

Jacobus ſagt, Er hat uns gezeuget u. ſ.
w. Cap. 1, 18. Das griechiſche Wort
ἀπεκύησε wird eigentlich von Muͤttern geſagt,
und wann der Ordinarius dieſe Stelle auf den
heiligen Geiſt deuten koͤnnte, ſo moͤchte es ei-
nen Schein haben. Doch die ganze Rede des
Apoſtels gehet uͤbrigens in Maſculino, und
handelt von Vater der Lichter ausdruͤcklich.
Hiedurch wird jene Mutterſchaft kraͤftig wi-
derleget: dann wann GOtt der Vater eine
Gemahlin haͤtte, ſo wuͤrde je nicht Ihme ſelbs
das Wort ἀπεκύησε zugeſchrieben. Iſt diß
nicht etwa eine geheime Urſache, warum der
Ordinarius die vernuͤnftige und ſchoͤne Epi-
ſtel des guten Jacobi ſo zuruͤckeſetzet?

§ 64.

Chriſtus wird genennet die Weisheit,
und doch haͤlt Ihn die Gemeine fuͤr ihren Mañ.
Auf ſolche Weiſe kan dem Vater, in Anſehung
ſeiner Wolthaten an uns, etwas muͤtterliches
zugeſchrieben werden, da auch Paulus von ſich
beedes vaͤterlich und muͤtterlich redet. 1 Theſſ.

2, 7.
E 3
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[69/0089] Von dem H. Geiſt. der Stelle Joh. 3, 4. 5. zu erweiſen. Denn ein Menſch hat es von ſeinem Vater, daß er, wie Nicodemus redet, in ſeiner Mutter Leib kommt; und von ſeiner Mutter, daß er gebo- ren wird: und alſo folgt aus dieſer Gleichniß nicht, daß ein Wiedergeborner den heiligen Geiſt zur Mutter habe. § 63. Jacobus ſagt, Er hat uns gezeuget u. ſ. w. Cap. 1, 18. Das griechiſche Wort ἀπεκύησε wird eigentlich von Muͤttern geſagt, und wann der Ordinarius dieſe Stelle auf den heiligen Geiſt deuten koͤnnte, ſo moͤchte es ei- nen Schein haben. Doch die ganze Rede des Apoſtels gehet uͤbrigens in Maſculino, und handelt von Vater der Lichter ausdruͤcklich. Hiedurch wird jene Mutterſchaft kraͤftig wi- derleget: dann wann GOtt der Vater eine Gemahlin haͤtte, ſo wuͤrde je nicht Ihme ſelbs das Wort ἀπεκύησε zugeſchrieben. Iſt diß nicht etwa eine geheime Urſache, warum der Ordinarius die vernuͤnftige und ſchoͤne Epi- ſtel des guten Jacobi ſo zuruͤckeſetzet? § 64. Chriſtus wird genennet die Weisheit, und doch haͤlt Ihn die Gemeine fuͤr ihren Mañ. Auf ſolche Weiſe kan dem Vater, in Anſehung ſeiner Wolthaten an uns, etwas muͤtterliches zugeſchrieben werden, da auch Paulus von ſich beedes vaͤterlich und muͤtterlich redet. 1 Theſſ. 2, 7. E 3

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Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/89>, abgerufen am 25.04.2024.