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Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747.

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anderer Theil.
den in seiner eigenen Hand behält. Ich weiß
nicht ob dieses zierlicher, oder deutlicher, oder
beides zugleich, hat seyn sollen, als des S. Lu-
thers Ausdruck. Das aber ist gewiß, daß es am
natürlichsten lautet, wie es der S. Luther gege-
ben hat. Der Vater hat es seiner Macht vor-
behalten.
So ist es meines Erachtens auch
deutlich gnug, und zierlich gnug, nach unserer
teutschen Sprache. Und so stehet es ausdrück-
lich im Grundtext. Weil aber der Herr Graf
durch einen dreisigsährigen Gebrauch unseres
von dem S. Luther übersetzten neuen Testamen-
tes, es meist auswendig gelernet hatte, (wie an-
derswo seine Worte lauten) und er doch gleich-
wol kein rechter Reformator sich zu seyn bedün-
ket, wenn er dem alten Luther etwas stehen liese;
so schaffet er sich lieber neue Redensarten, die
ganz und eben so sein eigen sind, wie seine übri-
ge Satzungen. Diese Texte prediget er, und
erkläret den vor einen Satan und Brüderseind,
der sich nur erkühnet zu sagen: Der Graf Zin-
zendorf behält Luthers Ubersetzung nicht.

§. 18.

Aber die Schalkheit dieses Verfahrens verräth
sich von selbsten. Hält es der Graf vor billig,
nothwendig und löblich, und dringet ihn sein
Gewissen darzu, daß er mit Hintansetzung der
Lutherischen Dolmetschung, eigene Ubersetzun-
gen bei offentlichem Gottesdienst gebrauchet;
wie er dan würklich solches thut: warum will er,
wann es zur Sprache kommt, dieses nicht ge-

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anderer Theil.
den in ſeiner eigenen Hand behaͤlt. Ich weiß
nicht ob dieſes zierlicher, oder deutlicher, oder
beides zugleich, hat ſeyn ſollen, als des S. Lu-
thers Ausdruck. Das aber iſt gewiß, daß es am
natuͤrlichſten lautet, wie es der S. Luther gege-
ben hat. Der Vater hat es ſeiner Macht vor-
behalten.
So iſt es meines Erachtens auch
deutlich gnug, und zierlich gnug, nach unſerer
teutſchen Sprache. Und ſo ſtehet es ausdruͤck-
lich im Grundtext. Weil aber der Herr Graf
durch einen dreiſigſaͤhrigen Gebrauch unſeres
von dem S. Luther uͤberſetzten neuen Teſtamen-
tes, es meiſt auswendig gelernet hatte, (wie an-
derswo ſeine Worte lauten) und er doch gleich-
wol kein rechter Reformator ſich zu ſeyn beduͤn-
ket, wenn er dem alten Luther etwas ſtehen lieſe;
ſo ſchaffet er ſich lieber neue Redensarten, die
ganz und eben ſo ſein eigen ſind, wie ſeine uͤbri-
ge Satzungen. Dieſe Texte prediget er, und
erklaͤret den vor einen Satan und Bruͤderſeind,
der ſich nur erkuͤhnet zu ſagen: Der Graf Zin-
zendorf behaͤlt Luthers Uberſetzung nicht.

§. 18.

Aber die Schalkheit dieſes Verfahrens verraͤth
ſich von ſelbſten. Haͤlt es der Graf vor billig,
nothwendig und loͤblich, und dringet ihn ſein
Gewiſſen darzu, daß er mit Hintanſetzung der
Lutheriſchen Dolmetſchung, eigene Uberſetzun-
gen bei offentlichem Gottesdienſt gebrauchet;
wie er dan wuͤrklich ſolches thut: warum will er,
wann es zur Sprache kommt, dieſes nicht ge-

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[19/0029] anderer Theil. den in ſeiner eigenen Hand behaͤlt. Ich weiß nicht ob dieſes zierlicher, oder deutlicher, oder beides zugleich, hat ſeyn ſollen, als des S. Lu- thers Ausdruck. Das aber iſt gewiß, daß es am natuͤrlichſten lautet, wie es der S. Luther gege- ben hat. Der Vater hat es ſeiner Macht vor- behalten. So iſt es meines Erachtens auch deutlich gnug, und zierlich gnug, nach unſerer teutſchen Sprache. Und ſo ſtehet es ausdruͤck- lich im Grundtext. Weil aber der Herr Graf durch einen dreiſigſaͤhrigen Gebrauch unſeres von dem S. Luther uͤberſetzten neuen Teſtamen- tes, es meiſt auswendig gelernet hatte, (wie an- derswo ſeine Worte lauten) und er doch gleich- wol kein rechter Reformator ſich zu ſeyn beduͤn- ket, wenn er dem alten Luther etwas ſtehen lieſe; ſo ſchaffet er ſich lieber neue Redensarten, die ganz und eben ſo ſein eigen ſind, wie ſeine uͤbri- ge Satzungen. Dieſe Texte prediget er, und erklaͤret den vor einen Satan und Bruͤderſeind, der ſich nur erkuͤhnet zu ſagen: Der Graf Zin- zendorf behaͤlt Luthers Uberſetzung nicht. §. 18. Aber die Schalkheit dieſes Verfahrens verraͤth ſich von ſelbſten. Haͤlt es der Graf vor billig, nothwendig und loͤblich, und dringet ihn ſein Gewiſſen darzu, daß er mit Hintanſetzung der Lutheriſchen Dolmetſchung, eigene Uberſetzun- gen bei offentlichem Gottesdienſt gebrauchet; wie er dan wuͤrklich ſolches thut: warum will er, wann es zur Sprache kommt, dieſes nicht ge- than B 2

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Zitationshilfe: Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey02_1747/29>, abgerufen am 19.04.2024.