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Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747.

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Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
than haben, sondern die Leute bereden, daß er
bei dem Luther bleibe? Hat man sich etwa desen
zu schämen, was man aus Trieb seines Gewis-
sens gethan hat, und täglich thut? Der Graf
thut es: und wann er fertig ist, und die Leute se-
hen es, so spricht er: ich habe es nicht gethan,
wer es mir nachredet, ist ein Lügner. Heiset
aber dieses nicht, eine und eben dieselbe Sache
werkthätig billigen, und mit Worten vor unan-
ständig und unbillig erklären? Und wo ist ein red-
licher Man, der dieses ohne Verletzung der wah-
ren Aufrichtigkeit thun und unternehmen darf?
Ist aber gegentheils der Graf in seinem Gewis-
sen überzeuget, daß es unrecht seye, sich vor ei-
nen Lutherischen Prediger, und seine Gemeine
vor Lutherisch auszugeben, gleichwol aber eine
gemeinschaftliche Ubersetzung der Lutherischen Kir-
che eigenmächtig abzuschaffen, und manchesmahl
nicht einen einzigen gleichgültigen Ausdruk davon
zu behalten: warum thut er dann gegen diese
Uberzeugung, so oft es ihm einfält? das ist, war-
um sündiget er muthwillig gegen sein Gewissen?
Und was noch mehr ist, warum häufet er diese
Sünde mit offenbaren Lügen, und läugnet un-
verschämter weise, was man siehet und höret?
ja warum überhäufet er auch diese Argheit mit
Verläumdung seines Nechsten, und nennet die-
jenige Lästerer und salsche Zeugen, die nur sagen
und bemerken, was er ohne scheu und bedenken
offentlich begehet? Warum will er mit Schmä-
hen und Bannen erzwingen, daß man ihm zu

gefallen

Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
than haben, ſondern die Leute bereden, daß er
bei dem Luther bleibe? Hat man ſich etwa deſen
zu ſchaͤmen, was man aus Trieb ſeines Gewiſ-
ſens gethan hat, und taͤglich thut? Der Graf
thut es: und wann er fertig iſt, und die Leute ſe-
hen es, ſo ſpricht er: ich habe es nicht gethan,
wer es mir nachredet, iſt ein Luͤgner. Heiſet
aber dieſes nicht, eine und eben dieſelbe Sache
werkthaͤtig billigen, und mit Worten vor unan-
ſtaͤndig und unbillig erklaͤren? Und wo iſt ein red-
licher Man, der dieſes ohne Verletzung der wah-
ren Aufrichtigkeit thun und unternehmen darf?
Iſt aber gegentheils der Graf in ſeinem Gewiſ-
ſen uͤberzeuget, daß es unrecht ſeye, ſich vor ei-
nen Lutheriſchen Prediger, und ſeine Gemeine
vor Lutheriſch auszugeben, gleichwol aber eine
gemeinſchaftliche Uberſetzung der Lutheriſchen Kir-
che eigenmaͤchtig abzuſchaffen, und manchesmahl
nicht einen einzigen gleichguͤltigen Ausdruk davon
zu behalten: warum thut er dann gegen dieſe
Uberzeugung, ſo oft es ihm einfaͤlt? das iſt, war-
um ſuͤndiget er muthwillig gegen ſein Gewiſſen?
Und was noch mehr iſt, warum haͤufet er dieſe
Suͤnde mit offenbaren Luͤgen, und laͤugnet un-
verſchaͤmter weiſe, was man ſiehet und hoͤret?
ja warum uͤberhaͤufet er auch dieſe Argheit mit
Verlaͤumdung ſeines Nechſten, und nennet die-
jenige Laͤſterer und ſalſche Zeugen, die nur ſagen
und bemerken, was er ohne ſcheu und bedenken
offentlich begehet? Warum will er mit Schmaͤ-
hen und Bannen erzwingen, daß man ihm zu

gefallen
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[20/0030] Herrnhuterey in ihrer Schalkheit than haben, ſondern die Leute bereden, daß er bei dem Luther bleibe? Hat man ſich etwa deſen zu ſchaͤmen, was man aus Trieb ſeines Gewiſ- ſens gethan hat, und taͤglich thut? Der Graf thut es: und wann er fertig iſt, und die Leute ſe- hen es, ſo ſpricht er: ich habe es nicht gethan, wer es mir nachredet, iſt ein Luͤgner. Heiſet aber dieſes nicht, eine und eben dieſelbe Sache werkthaͤtig billigen, und mit Worten vor unan- ſtaͤndig und unbillig erklaͤren? Und wo iſt ein red- licher Man, der dieſes ohne Verletzung der wah- ren Aufrichtigkeit thun und unternehmen darf? Iſt aber gegentheils der Graf in ſeinem Gewiſ- ſen uͤberzeuget, daß es unrecht ſeye, ſich vor ei- nen Lutheriſchen Prediger, und ſeine Gemeine vor Lutheriſch auszugeben, gleichwol aber eine gemeinſchaftliche Uberſetzung der Lutheriſchen Kir- che eigenmaͤchtig abzuſchaffen, und manchesmahl nicht einen einzigen gleichguͤltigen Ausdruk davon zu behalten: warum thut er dann gegen dieſe Uberzeugung, ſo oft es ihm einfaͤlt? das iſt, war- um ſuͤndiget er muthwillig gegen ſein Gewiſſen? Und was noch mehr iſt, warum haͤufet er dieſe Suͤnde mit offenbaren Luͤgen, und laͤugnet un- verſchaͤmter weiſe, was man ſiehet und hoͤret? ja warum uͤberhaͤufet er auch dieſe Argheit mit Verlaͤumdung ſeines Nechſten, und nennet die- jenige Laͤſterer und ſalſche Zeugen, die nur ſagen und bemerken, was er ohne ſcheu und bedenken offentlich begehet? Warum will er mit Schmaͤ- hen und Bannen erzwingen, daß man ihm zu gefallen

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Zitationshilfe: Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey02_1747/30>, abgerufen am 19.04.2024.