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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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II.
REISE DER THETIS VON SINGAPORE NACH YEDDO.

VOM 12. AUGUST BIS 14. SEPTEMBER.


Die Passagiere der Thetis begaben sich schon am elften Mittags
an Bord und die Fregatte war segelfertig, aber ein auf dem Werft
von Singapore bestellter Cutter -- die Thetis hatte den ihren in
den Stürmen am Cap der Guten Hoffnung verloren -- wurde bis
zum Abend nicht abgeliefert, und musste endlich von der Mann-
schaft unvollendet an Bord geholt werden. -- Das Schiff war den
ganzen Nachmittag von Bumbooten umgeben, in denen Malaien und
Chinesen ihre Waaren zu Kauf boten; die Mannschaft trieb in den
Freistunden ihren Scherz mit ihnen und feilschte um allerlei Nöthiges
und Unnützes, Jeder sprach seine eigene Sprache und man verstand
sich oft erst nach den spasshaftesten Irrthümern. Der Matrose mag
kein Geld im Beutel dulden und wird, namentlich wenn er den Hafen
verlässt, gern um jeden Preis seinen letzten Heller los. Ananas,
Bananen und andere Früchte, frisches Brod und Käse fanden starken
Absatz, -- denn dass wir für geraume Zeit auf Schiffskost angewiesen
sein sollten war bekannt, -- aber auch Affen, Cacadu's und anderes
schreiendes Gethier, die besondere Leidenschaft der Seeleute, wur-
den begierig gekauft. Die Vorgesetzten gönnen sie ihnen gern so
weit es der Raum und der Dienst gestatten, denn sie bilden fast
die einzige Unterhaltung der jüngeren Mannschaft auf langen Reisen,
und geben, bei manchem Schabernak, viel Stoff zu Scherz und
Lachen.

12. August
1860.
Am zwölften um acht Uhr Morgens ging die Fregatte in See. --
Wir liefen unter leichter Westbrise durch den Singapore-Canal --
da ertönte plötzlich der Angstruf "Mann über Bord". Ein Matrose
war beim Setzen der Leesegel von der Raae gerissen worden und
trieb in den Wellen. Das Schiff machte wenig Fahrt und wurde
sogleich beigedreht, der zweite Cutter zu Wasser gebracht, aber

II.
REISE DER THETIS VON SINGAPORE NACH YEDDO.

VOM 12. AUGUST BIS 14. SEPTEMBER.


Die Passagiere der Thetis begaben sich schon am elften Mittags
an Bord und die Fregatte war segelfertig, aber ein auf dem Werft
von Singapore bestellter Cutter — die Thetis hatte den ihren in
den Stürmen am Cap der Guten Hoffnung verloren — wurde bis
zum Abend nicht abgeliefert, und musste endlich von der Mann-
schaft unvollendet an Bord geholt werden. — Das Schiff war den
ganzen Nachmittag von Bumbooten umgeben, in denen Malaien und
Chinesen ihre Waaren zu Kauf boten; die Mannschaft trieb in den
Freistunden ihren Scherz mit ihnen und feilschte um allerlei Nöthiges
und Unnützes, Jeder sprach seine eigene Sprache und man verstand
sich oft erst nach den spasshaftesten Irrthümern. Der Matrose mag
kein Geld im Beutel dulden und wird, namentlich wenn er den Hafen
verlässt, gern um jeden Preis seinen letzten Heller los. Ananas,
Bananen und andere Früchte, frisches Brod und Käse fanden starken
Absatz, — denn dass wir für geraume Zeit auf Schiffskost angewiesen
sein sollten war bekannt, — aber auch Affen, Cacadu’s und anderes
schreiendes Gethier, die besondere Leidenschaft der Seeleute, wur-
den begierig gekauft. Die Vorgesetzten gönnen sie ihnen gern so
weit es der Raum und der Dienst gestatten, denn sie bilden fast
die einzige Unterhaltung der jüngeren Mannschaft auf langen Reisen,
und geben, bei manchem Schabernak, viel Stoff zu Scherz und
Lachen.

12. August
1860.
Am zwölften um acht Uhr Morgens ging die Fregatte in See. —
Wir liefen unter leichter Westbrise durch den Singapore-Canal —
da ertönte plötzlich der Angstruf »Mann über Bord«. Ein Matrose
war beim Setzen der Leesegel von der Raae gerissen worden und
trieb in den Wellen. Das Schiff machte wenig Fahrt und wurde
sogleich beigedreht, der zweite Cutter zu Wasser gebracht, aber

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[[218]/0248] II. REISE DER THETIS VON SINGAPORE NACH YEDDO. VOM 12. AUGUST BIS 14. SEPTEMBER. Die Passagiere der Thetis begaben sich schon am elften Mittags an Bord und die Fregatte war segelfertig, aber ein auf dem Werft von Singapore bestellter Cutter — die Thetis hatte den ihren in den Stürmen am Cap der Guten Hoffnung verloren — wurde bis zum Abend nicht abgeliefert, und musste endlich von der Mann- schaft unvollendet an Bord geholt werden. — Das Schiff war den ganzen Nachmittag von Bumbooten umgeben, in denen Malaien und Chinesen ihre Waaren zu Kauf boten; die Mannschaft trieb in den Freistunden ihren Scherz mit ihnen und feilschte um allerlei Nöthiges und Unnützes, Jeder sprach seine eigene Sprache und man verstand sich oft erst nach den spasshaftesten Irrthümern. Der Matrose mag kein Geld im Beutel dulden und wird, namentlich wenn er den Hafen verlässt, gern um jeden Preis seinen letzten Heller los. Ananas, Bananen und andere Früchte, frisches Brod und Käse fanden starken Absatz, — denn dass wir für geraume Zeit auf Schiffskost angewiesen sein sollten war bekannt, — aber auch Affen, Cacadu’s und anderes schreiendes Gethier, die besondere Leidenschaft der Seeleute, wur- den begierig gekauft. Die Vorgesetzten gönnen sie ihnen gern so weit es der Raum und der Dienst gestatten, denn sie bilden fast die einzige Unterhaltung der jüngeren Mannschaft auf langen Reisen, und geben, bei manchem Schabernak, viel Stoff zu Scherz und Lachen. Am zwölften um acht Uhr Morgens ging die Fregatte in See. — Wir liefen unter leichter Westbrise durch den Singapore-Canal — da ertönte plötzlich der Angstruf »Mann über Bord«. Ein Matrose war beim Setzen der Leesegel von der Raae gerissen worden und trieb in den Wellen. Das Schiff machte wenig Fahrt und wurde sogleich beigedreht, der zweite Cutter zu Wasser gebracht, aber 12. August 1860.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. [218]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/248>, abgerufen am 25.04.2024.