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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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II.
DER OPIUM-HANDEL UND DER OPIUM-KRIEG.

BIS 1842.

Am 22. April 1834 erlosch das Monopol der ostindischen Com-
pagnie für den Handel mit China nach zweihundertjährigem Be-
stehen. Dieser Wendepunkt wurde besonders wichtig durch den
Aufschwung, welchen der Opium-Handel in den letzten Jahren des
Monopols genommen hatte.

Die Einfuhr des indischen Opium nach China mag um die
Mitte des 18. Jahrhunderts begonnen haben; vor 1767 betrug sie
kaum 200 Kisten (zu 140 Pfund) jährlich. In den folgenden Jahren
wurden durch Portugiesen in Macao, welche damals diesen Handel
fast ausschliesslich in Händen hatten, etwa 1000 Kisten eingeführt,
die reichen Gewinn brachten. Die chinesische Regierung, welche
bis dahin die Einfuhr gegen eine geringe Abgabe erlaubt hatte,
erkannte jetzt den dem Volke dadurch zugefügten Schaden und
verbot die Einfuhr wie den Gebrauch des Opium, welches seitdem
nur geschmuggelt wurde. In kurzem stieg der Preis auf das
Doppelte. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verbreitete sich das
Opium-Rauchen über das ganze Reich. Der Schleichhandel nahm
grosse Dimensionen an, ging aber allmälich in die Hände der Eng-
länder über, deren indische Besitzungen das meiste und das beste
Opium lieferten. Lange Zeit blieb Macao trotzdem ausschliesslicher
Stapelplatz der Opium-Schmuggler, bis die Engländer, der portugie-
sischen Chicanen müde, ihren Vertrieb nach der kleinen Insel Lin-tin
an der Mündung des Perl-Flusses verlegten. So bestand der ein-
trägliche Schleichhandel viele Jahre unter Connivenz der Manda-
rinen, die mit namhaften Summen dafür bestochen, zugleich aber
gezwungen waren, alle dabei vorkommenden Ungesetzlichkeiten zu
dulden, weil sie des strengen Verbotes wegen den ganzen Verkehr
ignoriren mussten. Das setzte die Behörden von Anfang an in eine
falsche Stellung: während sie den kleinsten bei dem erlaubten

II.
DER OPIUM-HANDEL UND DER OPIUM-KRIEG.

BIS 1842.

Am 22. April 1834 erlosch das Monopol der ostindischen Com-
pagnie für den Handel mit China nach zweihundertjährigem Be-
stehen. Dieser Wendepunkt wurde besonders wichtig durch den
Aufschwung, welchen der Opium-Handel in den letzten Jahren des
Monopols genommen hatte.

Die Einfuhr des indischen Opium nach China mag um die
Mitte des 18. Jahrhunderts begonnen haben; vor 1767 betrug sie
kaum 200 Kisten (zu 140 Pfund) jährlich. In den folgenden Jahren
wurden durch Portugiesen in Macao, welche damals diesen Handel
fast ausschliesslich in Händen hatten, etwa 1000 Kisten eingeführt,
die reichen Gewinn brachten. Die chinesische Regierung, welche
bis dahin die Einfuhr gegen eine geringe Abgabe erlaubt hatte,
erkannte jetzt den dem Volke dadurch zugefügten Schaden und
verbot die Einfuhr wie den Gebrauch des Opium, welches seitdem
nur geschmuggelt wurde. In kurzem stieg der Preis auf das
Doppelte. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verbreitete sich das
Opium-Rauchen über das ganze Reich. Der Schleichhandel nahm
grosse Dimensionen an, ging aber allmälich in die Hände der Eng-
länder über, deren indische Besitzungen das meiste und das beste
Opium lieferten. Lange Zeit blieb Macao trotzdem ausschliesslicher
Stapelplatz der Opium-Schmuggler, bis die Engländer, der portugie-
sischen Chicanen müde, ihren Vertrieb nach der kleinen Insel Lin-tin
an der Mündung des Perl-Flusses verlegten. So bestand der ein-
trägliche Schleichhandel viele Jahre unter Connivenz der Manda-
rinen, die mit namhaften Summen dafür bestochen, zugleich aber
gezwungen waren, alle dabei vorkommenden Ungesetzlichkeiten zu
dulden, weil sie des strengen Verbotes wegen den ganzen Verkehr
ignoriren mussten. Das setzte die Behörden von Anfang an in eine
falsche Stellung: während sie den kleinsten bei dem erlaubten

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[[56]/0078] II. DER OPIUM-HANDEL UND DER OPIUM-KRIEG. BIS 1842. Am 22. April 1834 erlosch das Monopol der ostindischen Com- pagnie für den Handel mit China nach zweihundertjährigem Be- stehen. Dieser Wendepunkt wurde besonders wichtig durch den Aufschwung, welchen der Opium-Handel in den letzten Jahren des Monopols genommen hatte. Die Einfuhr des indischen Opium nach China mag um die Mitte des 18. Jahrhunderts begonnen haben; vor 1767 betrug sie kaum 200 Kisten (zu 140 Pfund) jährlich. In den folgenden Jahren wurden durch Portugiesen in Macao, welche damals diesen Handel fast ausschliesslich in Händen hatten, etwa 1000 Kisten eingeführt, die reichen Gewinn brachten. Die chinesische Regierung, welche bis dahin die Einfuhr gegen eine geringe Abgabe erlaubt hatte, erkannte jetzt den dem Volke dadurch zugefügten Schaden und verbot die Einfuhr wie den Gebrauch des Opium, welches seitdem nur geschmuggelt wurde. In kurzem stieg der Preis auf das Doppelte. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verbreitete sich das Opium-Rauchen über das ganze Reich. Der Schleichhandel nahm grosse Dimensionen an, ging aber allmälich in die Hände der Eng- länder über, deren indische Besitzungen das meiste und das beste Opium lieferten. Lange Zeit blieb Macao trotzdem ausschliesslicher Stapelplatz der Opium-Schmuggler, bis die Engländer, der portugie- sischen Chicanen müde, ihren Vertrieb nach der kleinen Insel Lin-tin an der Mündung des Perl-Flusses verlegten. So bestand der ein- trägliche Schleichhandel viele Jahre unter Connivenz der Manda- rinen, die mit namhaften Summen dafür bestochen, zugleich aber gezwungen waren, alle dabei vorkommenden Ungesetzlichkeiten zu dulden, weil sie des strengen Verbotes wegen den ganzen Verkehr ignoriren mussten. Das setzte die Behörden von Anfang an in eine falsche Stellung: während sie den kleinsten bei dem erlaubten

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. [56]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/78>, abgerufen am 25.04.2024.