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Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Botanischer Teil. Hrsg. v. Albert Berg. Berlin: Decker, 1867.

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Aehnlichkeit mit einem Tang des rothen Meeres.
Eben so unwahrscheinlich und zum Theil auf unrichtiger Bestimmung
beruhend mögen daher die Angaben sein, dass Sargassum bacciferum
nach Tilesius in der Sundastrasse, nach Turner im stillen Weltmeer,
nach d'Urville bei Neu-Seeland vorkomme.

Der Stammvater des schwimmenden Traubentangs wird viel-
mehr an Afrika's Ostküste zu suchen sein, von deren innerhalb der
Wendekreise liegenden Theil aber noch keine Alge nach Europa
gekommen ist. Bekannter ist das rothe Meer, und hier finden wir
den Carpacanthus dentifolius Kg., Fucus denticulatus Forskahl, den
Turner (hist. fuc. I. p. 103) als Synonym seines Fucus bacciferus
anführt, als den ihm ähnlichsten und nächstverwandten, und zwar
sehr häufig, so dass er wohl auch von der Mündung des rothen
Meeres, an der Pforte des Todes weiter heraustretend, in den Be-
reich des Mozambique-Stromes gelangen könnte. Indessen bestehen
zwischen beiden immer noch erhebliche Verschiedenheiten, nament-
lich die gezähnte Blattrippe und die kürzer gestielten, selten be-
grannten Blasen des C. denticulatus, so dass diese Abstammung
immer noch zweifelhaft bleibt, wenn man auch annimmt, dass die
von J. Agardh beschriebene Frucht des S. bacciferum einer andern
Art angehöre, und Harvey's sehr richtige Bemerkung (Manual of
the British Algae p. XVII) in die Wagschale legt, es habe der
schwimmende Traubentang in seiner unnatürlichen Lage sein Aus-
sehen verändert, wie sich unter ähnlichen Umständen Ozothallia
vulgaris zu Ozothallia Mackaji und Fucus vesiculosus zu Fucus
balticus umgestaltet habe.

In früheren Zeiten gebrauchten die Portugiesen und Holländer
diesen Tang als Heilmittel gegen Scorbut und Harnbeschwerden, die
Nordamerikaner gegen Kröpfe, später wurde Kelp daraus gebrannt,
jetzt dient er nur noch als eine dem Reisenden stets erwünschte
Abwechselung des einförmigen Schifflebens. Die Hühner picken seine
Blasen ab, können sie aber nicht verdauen und kommen dadurch um.

4. Rio Janeiro.

Rio Janeiro, an der Südgränze des tropischen Amerika's
unter 22° 54' S. Br. und 43° 16' W. L., war die zweite Station
unserer Seefahrer.

Hier fand Schottmüller an den feuchten Felsen des viel-
besuchten Berges o Corcovado "der Bucklichte" die erste Landalge,
das von Sellow in Brasilien entdeckte Chroolepus villosum Kg.,

Aehnlichkeit mit einem Tang des rothen Meeres.
Eben so unwahrscheinlich und zum Theil auf unrichtiger Bestimmung
beruhend mögen daher die Angaben sein, dass Sargassum bacciferum
nach Tilesius in der Sundastrasse, nach Turner im stillen Weltmeer,
nach d’Urville bei Neu-Seeland vorkomme.

Der Stammvater des schwimmenden Traubentangs wird viel-
mehr an Afrika’s Ostküste zu suchen sein, von deren innerhalb der
Wendekreise liegenden Theil aber noch keine Alge nach Europa
gekommen ist. Bekannter ist das rothe Meer, und hier finden wir
den Carpacanthus dentifolius Kg., Fucus denticulatus Forskahl, den
Turner (hist. fuc. I. p. 103) als Synonym seines Fucus bacciferus
anführt, als den ihm ähnlichsten und nächstverwandten, und zwar
sehr häufig, so dass er wohl auch von der Mündung des rothen
Meeres, an der Pforte des Todes weiter heraustretend, in den Be-
reich des Mozambique-Stromes gelangen könnte. Indessen bestehen
zwischen beiden immer noch erhebliche Verschiedenheiten, nament-
lich die gezähnte Blattrippe und die kürzer gestielten, selten be-
grannten Blasen des C. denticulatus, so dass diese Abstammung
immer noch zweifelhaft bleibt, wenn man auch annimmt, dass die
von J. Agardh beschriebene Frucht des S. bacciferum einer andern
Art angehöre, und Harvey’s sehr richtige Bemerkung (Manual of
the British Algae p. XVII) in die Wagschale legt, es habe der
schwimmende Traubentang in seiner unnatürlichen Lage sein Aus-
sehen verändert, wie sich unter ähnlichen Umständen Ozothallia
vulgaris zu Ozothallia Mackaji und Fucus vesiculosus zu Fucus
balticus umgestaltet habe.

In früheren Zeiten gebrauchten die Portugiesen und Holländer
diesen Tang als Heilmittel gegen Scorbut und Harnbeschwerden, die
Nordamerikaner gegen Kröpfe, später wurde Kelp daraus gebrannt,
jetzt dient er nur noch als eine dem Reisenden stets erwünschte
Abwechselung des einförmigen Schifflebens. Die Hühner picken seine
Blasen ab, können sie aber nicht verdauen und kommen dadurch um.

4. Rio Janeiro.

Rio Janeiro, an der Südgränze des tropischen Amerika’s
unter 22° 54′ S. Br. und 43° 16′ W. L., war die zweite Station
unserer Seefahrer.

Hier fand Schottmüller an den feuchten Felsen des viel-
besuchten Berges o Corcovado »der Bucklichte« die erste Landalge,
das von Sellow in Brasilien entdeckte Chroolepus villosum Kg.,

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[15/0025] Aehnlichkeit mit einem Tang des rothen Meeres. Eben so unwahrscheinlich und zum Theil auf unrichtiger Bestimmung beruhend mögen daher die Angaben sein, dass Sargassum bacciferum nach Tilesius in der Sundastrasse, nach Turner im stillen Weltmeer, nach d’Urville bei Neu-Seeland vorkomme. Der Stammvater des schwimmenden Traubentangs wird viel- mehr an Afrika’s Ostküste zu suchen sein, von deren innerhalb der Wendekreise liegenden Theil aber noch keine Alge nach Europa gekommen ist. Bekannter ist das rothe Meer, und hier finden wir den Carpacanthus dentifolius Kg., Fucus denticulatus Forskahl, den Turner (hist. fuc. I. p. 103) als Synonym seines Fucus bacciferus anführt, als den ihm ähnlichsten und nächstverwandten, und zwar sehr häufig, so dass er wohl auch von der Mündung des rothen Meeres, an der Pforte des Todes weiter heraustretend, in den Be- reich des Mozambique-Stromes gelangen könnte. Indessen bestehen zwischen beiden immer noch erhebliche Verschiedenheiten, nament- lich die gezähnte Blattrippe und die kürzer gestielten, selten be- grannten Blasen des C. denticulatus, so dass diese Abstammung immer noch zweifelhaft bleibt, wenn man auch annimmt, dass die von J. Agardh beschriebene Frucht des S. bacciferum einer andern Art angehöre, und Harvey’s sehr richtige Bemerkung (Manual of the British Algae p. XVII) in die Wagschale legt, es habe der schwimmende Traubentang in seiner unnatürlichen Lage sein Aus- sehen verändert, wie sich unter ähnlichen Umständen Ozothallia vulgaris zu Ozothallia Mackaji und Fucus vesiculosus zu Fucus balticus umgestaltet habe. In früheren Zeiten gebrauchten die Portugiesen und Holländer diesen Tang als Heilmittel gegen Scorbut und Harnbeschwerden, die Nordamerikaner gegen Kröpfe, später wurde Kelp daraus gebrannt, jetzt dient er nur noch als eine dem Reisenden stets erwünschte Abwechselung des einförmigen Schifflebens. Die Hühner picken seine Blasen ab, können sie aber nicht verdauen und kommen dadurch um. 4. Rio Janeiro. Rio Janeiro, an der Südgränze des tropischen Amerika’s unter 22° 54′ S. Br. und 43° 16′ W. L., war die zweite Station unserer Seefahrer. Hier fand Schottmüller an den feuchten Felsen des viel- besuchten Berges o Corcovado »der Bucklichte« die erste Landalge, das von Sellow in Brasilien entdeckte Chroolepus villosum Kg.,

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Zitationshilfe: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Botanischer Teil. Hrsg. v. Albert Berg. Berlin: Decker, 1867, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienbotanik_1866/25>, abgerufen am 19.04.2024.