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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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VIII.
CHINA.

MAERZ UND APRIL 1861.

1. Die Alluvialebene um Shanghai.
Vom 11.--25. März.

"So weit das Auge reicht, eine unabsehbare, reich bebaute Fläche,
von Flüssen und Canälen tausendfach durchschnitten, besät mit
Ortschaften und Gehöften, um welche herum sich die wenigen
Baumgruppen finden, die daselbst vorkommen." So schildert einer
der Naturforscher der Novara-Expedition, G. von Frauenfeld, 1)
bündig und treffend die Umgegend von Shanghai am Wusungflusse
in der Mündungsebene des Yangtsekiang. Während aber seine erste
Acquisition eine Singheuschrecke war, die er (im Hochsommer) fast
in jedem dritten oder vierten Laden fand, so kamen mir im ersten
Frühjahr fast keine andern Insekten, als Fliegen und Blatten vor.
Der Winter ist hier auf dem Kontinente weit strenger, als im meer-
umflossenen Japan; Nangasaki hatten wir in der schönsten weissen
und rosenrothen Blüthenpracht verschiedener Prunusarten verlassen,
wie sie auf den japanischen Bildern stereotyp wiederkehrt, und hier
war fast einen Monat später noch keine einzige Blüthe zu sehen.
Mehrere Excursionen in der Umgebung der Stadt, sowie der des
weiter abwärts gelegenen Wusung machten zunächst mit den hier
häufigeren Stand- oder Winter-Vögeln bekannt. Ueberall häufig
ist selbstverständlich der Sperling, identisch, wie es scheint, mit
unserm Feldsperling, Passer montanus L. sp. Auf den Dächern in
der Stadt, sowie am Ufer der Gewässer sieht man häufig einen
schwarzen staarartigen Vogel mit Kopfhaube und weissem Flügel-
fleck, Pastor cristatellus L. sp.; an den Bächen haust die kamt-
schadalisch-japanische weissflüglige Bachstelze, Motacilla lugens

VIII.
CHINA.

MAERZ UND APRIL 1861.

1. Die Alluvialebene um Shanghai.
Vom 11.—25. März.

»So weit das Auge reicht, eine unabsehbare, reich bebaute Fläche,
von Flüssen und Canälen tausendfach durchschnitten, besät mit
Ortschaften und Gehöften, um welche herum sich die wenigen
Baumgruppen finden, die daselbst vorkommen.« So schildert einer
der Naturforscher der Novara-Expedition, G. von Frauenfeld, 1)
bündig und treffend die Umgegend von Shanghai am Wusungflusse
in der Mündungsebene des Yangtsekiang. Während aber seine erste
Acquisition eine Singheuschrecke war, die er (im Hochsommer) fast
in jedem dritten oder vierten Laden fand, so kamen mir im ersten
Frühjahr fast keine andern Insekten, als Fliegen und Blatten vor.
Der Winter ist hier auf dem Kontinente weit strenger, als im meer-
umflossenen Japan; Nangasaki hatten wir in der schönsten weissen
und rosenrothen Blüthenpracht verschiedener Prunusarten verlassen,
wie sie auf den japanischen Bildern stereotyp wiederkehrt, und hier
war fast einen Monat später noch keine einzige Blüthe zu sehen.
Mehrere Excursionen in der Umgebung der Stadt, sowie der des
weiter abwärts gelegenen Wusung machten zunächst mit den hier
häufigeren Stand- oder Winter-Vögeln bekannt. Ueberall häufig
ist selbstverständlich der Sperling, identisch, wie es scheint, mit
unserm Feldsperling, Passer montanus L. sp. Auf den Dächern in
der Stadt, sowie am Ufer der Gewässer sieht man häufig einen
schwarzen staarartigen Vogel mit Kopfhaube und weissem Flügel-
fleck, Pastor cristatellus L. sp.; an den Bächen haust die kamt-
schadalisch-japanische weissflüglige Bachstelze, Motacilla lugens

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[[155]/0173] VIII. CHINA. MAERZ UND APRIL 1861. 1. Die Alluvialebene um Shanghai. Vom 11.—25. März. »So weit das Auge reicht, eine unabsehbare, reich bebaute Fläche, von Flüssen und Canälen tausendfach durchschnitten, besät mit Ortschaften und Gehöften, um welche herum sich die wenigen Baumgruppen finden, die daselbst vorkommen.« So schildert einer der Naturforscher der Novara-Expedition, G. von Frauenfeld, 1) bündig und treffend die Umgegend von Shanghai am Wusungflusse in der Mündungsebene des Yangtsekiang. Während aber seine erste Acquisition eine Singheuschrecke war, die er (im Hochsommer) fast in jedem dritten oder vierten Laden fand, so kamen mir im ersten Frühjahr fast keine andern Insekten, als Fliegen und Blatten vor. Der Winter ist hier auf dem Kontinente weit strenger, als im meer- umflossenen Japan; Nangasaki hatten wir in der schönsten weissen und rosenrothen Blüthenpracht verschiedener Prunusarten verlassen, wie sie auf den japanischen Bildern stereotyp wiederkehrt, und hier war fast einen Monat später noch keine einzige Blüthe zu sehen. Mehrere Excursionen in der Umgebung der Stadt, sowie der des weiter abwärts gelegenen Wusung machten zunächst mit den hier häufigeren Stand- oder Winter-Vögeln bekannt. Ueberall häufig ist selbstverständlich der Sperling, identisch, wie es scheint, mit unserm Feldsperling, Passer montanus L. sp. Auf den Dächern in der Stadt, sowie am Ufer der Gewässer sieht man häufig einen schwarzen staarartigen Vogel mit Kopfhaube und weissem Flügel- fleck, Pastor cristatellus L. sp.; an den Bächen haust die kamt- schadalisch-japanische weissflüglige Bachstelze, Motacilla lugens

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. [155]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/173>, abgerufen am 25.04.2024.