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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Pasig-Fluss.
einzelne Lichtungen. Dass dieses Land günstig für Landschnecken
sein müsse, lag klar vor Augen, dagegen in der flachen Umgebung
des heissen Manila war nichts von ihnen zu sehen, ich musste erst
in das Thal von S. Mateo, bis ich die ersten todten Schalen, und
über die Lagune nach los Bannos, bis ich das erste lebende
Exemplar der faustgrossen Nanina ovum zu Gesicht bekam. P. Camel
gibt omaneg und buhay als einheimische Namen der Landschnecken
an und behauptet, dass sie viel Geräusch machen, vermuthlich nur,
indem sie sich beunruhigt rasch in ihre Schale zurückziehen. Für die
nähere Umgebung von Manila aber ist es charakteristisch, dass das
tagalische Vocabular von Serrano nur den Namen soso oder susu
kennt, der nach P. Camel einer gedeckelten Süsswasserschnecke, ver-
muthlich zunächst Paludina costata, zukommt.

4. Süsswasserthiere des Flusses Pasig und der Laguna del Bay.
14.--17. Mai 1861.

Eine Bootsfahrt von Manila, den Pasigfluss aufwärts, ge-
währt landschaftlich wie naturhistorisch viel Interesse. Auf die hän-
gende eiserne Brücke und die grosse Tabaksfabrik folgen Gruppen
von Bananen, plantano der Spanier, und die hohen zierlichen Ge-
stalten der Bambu, "nicht Baum, nicht Strauch", auf elegante
Villen vereinzelte Bauernhäuser und Kneipen, alle der Ueberschwem-
mungen sowohl als des bequemeren Anlegens wegen auf Pfähle gebaut.
Wassertreter (Hydrometra), sowie schlanke blaue und braunrothe
Wasserjungfern (Agrion) sind äusserst zahlreich auf dem Flusse
selbst. Zahme Büffel mit ungeheuren, flachen Hörnern liegen be-
haglich im Wasser und lassen es sich ruhig gefallen, dass badende
Wäscherinnen ihre Tücher und Röcke auch auf ihrem Rücken rein
schlagen, statt auf Steinen, was die allgemeine Waschmethode in
Ostasien ist. Bei jedem Dorfe fallen zahlreiche Heerden von
zahmen Enten, itik, auf, jede von einem kleinen Mädchen ge-
hütet und zusammengehalten; man erzählt, dass es hier allgemein
von den Chinesen eingeführte Sitte sei, die Enteneier in künstlich
erwärmter Reisspreu ausbrüten zu lassen; die Entenheerden werden
über Nacht in eigene Bambuumzäunungen eingeschlossen und über
Tag an den Fluss geführt. Unter den Tausenden, die ich gesehen,
kehrte sehr oft eine bestimmte Färbung wieder: der ganze Körper
dunkelbraunschwarz, nur die Kehle blass, öfters auch ein weisser

Pasig-Fluss.
einzelne Lichtungen. Dass dieses Land günstig für Landschnecken
sein müsse, lag klar vor Augen, dagegen in der flachen Umgebung
des heissen Manila war nichts von ihnen zu sehen, ich musste erst
in das Thal von S. Mateo, bis ich die ersten todten Schalen, und
über die Lagune nach los Baños, bis ich das erste lebende
Exemplar der faustgrossen Nanina ovum zu Gesicht bekam. P. Camel
gibt omaneg und buhay als einheimische Namen der Landschnecken
an und behauptet, dass sie viel Geräusch machen, vermuthlich nur,
indem sie sich beunruhigt rasch in ihre Schale zurückziehen. Für die
nähere Umgebung von Manila aber ist es charakteristisch, dass das
tagalische Vocabular von Serrano nur den Namen soso oder susu
kennt, der nach P. Camel einer gedeckelten Süsswasserschnecke, ver-
muthlich zunächst Paludina costata, zukommt.

4. Süsswasserthiere des Flusses Pasig und der Laguna del Bay.
14.—17. Mai 1861.

Eine Bootsfahrt von Manila, den Pasigfluss aufwärts, ge-
währt landschaftlich wie naturhistorisch viel Interesse. Auf die hän-
gende eiserne Brücke und die grosse Tabaksfabrik folgen Gruppen
von Bananen, plantano der Spanier, und die hohen zierlichen Ge-
stalten der Bambu, »nicht Baum, nicht Strauch«, auf elegante
Villen vereinzelte Bauernhäuser und Kneipen, alle der Ueberschwem-
mungen sowohl als des bequemeren Anlegens wegen auf Pfähle gebaut.
Wassertreter (Hydrometra), sowie schlanke blaue und braunrothe
Wasserjungfern (Agrion) sind äusserst zahlreich auf dem Flusse
selbst. Zahme Büffel mit ungeheuren, flachen Hörnern liegen be-
haglich im Wasser und lassen es sich ruhig gefallen, dass badende
Wäscherinnen ihre Tücher und Röcke auch auf ihrem Rücken rein
schlagen, statt auf Steinen, was die allgemeine Waschmethode in
Ostasien ist. Bei jedem Dorfe fallen zahlreiche Heerden von
zahmen Enten, itik, auf, jede von einem kleinen Mädchen ge-
hütet und zusammengehalten; man erzählt, dass es hier allgemein
von den Chinesen eingeführte Sitte sei, die Enteneier in künstlich
erwärmter Reisspreu ausbrüten zu lassen; die Entenheerden werden
über Nacht in eigene Bambuumzäunungen eingeschlossen und über
Tag an den Fluss geführt. Unter den Tausenden, die ich gesehen,
kehrte sehr oft eine bestimmte Färbung wieder: der ganze Körper
dunkelbraunschwarz, nur die Kehle blass, öfters auch ein weisser

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[198/0216] Pasig-Fluss. einzelne Lichtungen. Dass dieses Land günstig für Landschnecken sein müsse, lag klar vor Augen, dagegen in der flachen Umgebung des heissen Manila war nichts von ihnen zu sehen, ich musste erst in das Thal von S. Mateo, bis ich die ersten todten Schalen, und über die Lagune nach los Baños, bis ich das erste lebende Exemplar der faustgrossen Nanina ovum zu Gesicht bekam. P. Camel gibt omaneg und buhay als einheimische Namen der Landschnecken an und behauptet, dass sie viel Geräusch machen, vermuthlich nur, indem sie sich beunruhigt rasch in ihre Schale zurückziehen. Für die nähere Umgebung von Manila aber ist es charakteristisch, dass das tagalische Vocabular von Serrano nur den Namen soso oder susu kennt, der nach P. Camel einer gedeckelten Süsswasserschnecke, ver- muthlich zunächst Paludina costata, zukommt. 4. Süsswasserthiere des Flusses Pasig und der Laguna del Bay. 14.—17. Mai 1861. Eine Bootsfahrt von Manila, den Pasigfluss aufwärts, ge- währt landschaftlich wie naturhistorisch viel Interesse. Auf die hän- gende eiserne Brücke und die grosse Tabaksfabrik folgen Gruppen von Bananen, plantano der Spanier, und die hohen zierlichen Ge- stalten der Bambu, »nicht Baum, nicht Strauch«, auf elegante Villen vereinzelte Bauernhäuser und Kneipen, alle der Ueberschwem- mungen sowohl als des bequemeren Anlegens wegen auf Pfähle gebaut. Wassertreter (Hydrometra), sowie schlanke blaue und braunrothe Wasserjungfern (Agrion) sind äusserst zahlreich auf dem Flusse selbst. Zahme Büffel mit ungeheuren, flachen Hörnern liegen be- haglich im Wasser und lassen es sich ruhig gefallen, dass badende Wäscherinnen ihre Tücher und Röcke auch auf ihrem Rücken rein schlagen, statt auf Steinen, was die allgemeine Waschmethode in Ostasien ist. Bei jedem Dorfe fallen zahlreiche Heerden von zahmen Enten, itik, auf, jede von einem kleinen Mädchen ge- hütet und zusammengehalten; man erzählt, dass es hier allgemein von den Chinesen eingeführte Sitte sei, die Enteneier in künstlich erwärmter Reisspreu ausbrüten zu lassen; die Entenheerden werden über Nacht in eigene Bambuumzäunungen eingeschlossen und über Tag an den Fluss geführt. Unter den Tausenden, die ich gesehen, kehrte sehr oft eine bestimmte Färbung wieder: der ganze Körper dunkelbraunschwarz, nur die Kehle blass, öfters auch ein weisser

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/216>, abgerufen am 19.04.2024.