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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Land- und Strandthiere von Tamsui.
Hügeln ein lerchenähnlicher Vogel, Anthus cervinus Pall. sp.,
einzelne Exemplare mit eintönig graurother, andere mit schwarz-
gefleckter Brust. Während dieser "Pieper" singend wie eine Lerche
in die Höhe stieg, zog ein grösserer schwarzer Vogel mit leier-
förmigem Gabelschwanz durch seine komischen Schwenkungen und
Burzelbäume in der Luft die Aufmerksamkeit auf sich, es war ein
Dicrurus (Edolius Cuv.), eine wesentlich indisch-afrikanische Gattung.
Unmittelbar nach dem Landen war von einem der Cadetten, Herrn
von Rabenau, ein Silberreiher geschossen worden, mit schönen
Schmuckfedern am Hinterhaupt und Hinterrücken, Schnabel und
Beine schwarz, Zehen und Zügel grünlich-gelb (Ardea garzetta L.?).

Eidechsen waren trotz des intensiven Sonnenscheins nicht zu
erblicken; dagegen ertönte lautes Froschgequak aus den Pfützen,
und die Urheber desselben stellten sich bald als die von China bis
zu den Philippinen verbreitete Rana vittigera Wiegm. heraus. Eben
so waren die Landschnecken sparsam -- ich sah nur wenige schlecht
erhaltene Exemplare zweier Helixarten, die eine nächst verwandt
der chinesischen H. ravida Bens., die andere der H. elegantissima
Pfr. von den Liukiuinseln, -- um so häufiger aber wiederum Süss-
wasserconchylien, wie überall, wo Reisfelder sind, so eine Anodonta,
die von den Einwohnern gegessen wird, eine grosse Paludina, ähnlich
der Sinensis, ein mittelgrosser Limnaeus, unserem ovatus ähnlich,
und eine kleine Stenothyra. Land-Amphipeden kommen auch
hier vor.

Der Strand wird theils durch feinen Sand, theils durch
Stein -- vorherrschend Granit -- gebildet; an letzterem sitzen kleine
dunkle moosähnliche Algen: Acrocarpus pusillus Kg. und Caula-
canthus fastigiatus Kg., nebst gerippten Meereicheln; in einzelnen
Vertiefungen dazwischen finden sich auch schon etwas längere rothe
Algen, wie Grateloupia filiformis und Sphaerococcus confervoides,
ferner die überall häufigen blatt- und fadenförmigen Ulvaceen
(Phycoseris und Enteromorpha); zwischen diesen Algen traf ich
kleine Amphipoden, Gammarus, zwischen den Steinen noch im
Trockenen Ligia nicht selten.

Der Sandboden zeigt zahlreiche cylindrische Löcher, über
einen Zoll tief, und eben so zahlreiche kleine Krabben, welche bei
Annäherung des Menschen rasch einem solchen Loche zueilen;
dieselben sind hellgrau und grünlich marmorirt, so dass sie auf
geringe Entfernung ein ähnlich punctirtes Ansehen bieten, wie der

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Land- und Strandthiere von Tamsui.
Hügeln ein lerchenähnlicher Vogel, Anthus cervinus Pall. sp.,
einzelne Exemplare mit eintönig graurother, andere mit schwarz-
gefleckter Brust. Während dieser »Pieper« singend wie eine Lerche
in die Höhe stieg, zog ein grösserer schwarzer Vogel mit leier-
förmigem Gabelschwanz durch seine komischen Schwenkungen und
Burzelbäume in der Luft die Aufmerksamkeit auf sich, es war ein
Dicrurus (Edolius Cuv.), eine wesentlich indisch-afrikanische Gattung.
Unmittelbar nach dem Landen war von einem der Cadetten, Herrn
von Rabenau, ein Silberreiher geschossen worden, mit schönen
Schmuckfedern am Hinterhaupt und Hinterrücken, Schnabel und
Beine schwarz, Zehen und Zügel grünlich-gelb (Ardea garzetta L.?).

Eidechsen waren trotz des intensiven Sonnenscheins nicht zu
erblicken; dagegen ertönte lautes Froschgequak aus den Pfützen,
und die Urheber desselben stellten sich bald als die von China bis
zu den Philippinen verbreitete Rana vittigera Wiegm. heraus. Eben
so waren die Landschnecken sparsam — ich sah nur wenige schlecht
erhaltene Exemplare zweier Helixarten, die eine nächst verwandt
der chinesischen H. ravida Bens., die andere der H. elegantissima
Pfr. von den Liukiuinseln, — um so häufiger aber wiederum Süss-
wasserconchylien, wie überall, wo Reisfelder sind, so eine Anodonta,
die von den Einwohnern gegessen wird, eine grosse Paludina, ähnlich
der Sinensis, ein mittelgrosser Limnaeus, unserem ovatus ähnlich,
und eine kleine Stenothyra. Land-Amphipeden kommen auch
hier vor.

Der Strand wird theils durch feinen Sand, theils durch
Stein — vorherrschend Granit — gebildet; an letzterem sitzen kleine
dunkle moosähnliche Algen: Acrocarpus pusillus Kg. und Caula-
canthus fastigiatus Kg., nebst gerippten Meereicheln; in einzelnen
Vertiefungen dazwischen finden sich auch schon etwas längere rothe
Algen, wie Grateloupia filiformis und Sphaerococcus confervoides,
ferner die überall häufigen blatt- und fadenförmigen Ulvaceen
(Phycoseris und Enteromorpha); zwischen diesen Algen traf ich
kleine Amphipoden, Gammarus, zwischen den Steinen noch im
Trockenen Ligia nicht selten.

Der Sandboden zeigt zahlreiche cylindrische Löcher, über
einen Zoll tief, und eben so zahlreiche kleine Krabben, welche bei
Annäherung des Menschen rasch einem solchen Loche zueilen;
dieselben sind hellgrau und grünlich marmorirt, so dass sie auf
geringe Entfernung ein ähnlich punctirtes Ansehen bieten, wie der

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[163/0181] Land- und Strandthiere von Tamsui. Hügeln ein lerchenähnlicher Vogel, Anthus cervinus Pall. sp., einzelne Exemplare mit eintönig graurother, andere mit schwarz- gefleckter Brust. Während dieser »Pieper« singend wie eine Lerche in die Höhe stieg, zog ein grösserer schwarzer Vogel mit leier- förmigem Gabelschwanz durch seine komischen Schwenkungen und Burzelbäume in der Luft die Aufmerksamkeit auf sich, es war ein Dicrurus (Edolius Cuv.), eine wesentlich indisch-afrikanische Gattung. Unmittelbar nach dem Landen war von einem der Cadetten, Herrn von Rabenau, ein Silberreiher geschossen worden, mit schönen Schmuckfedern am Hinterhaupt und Hinterrücken, Schnabel und Beine schwarz, Zehen und Zügel grünlich-gelb (Ardea garzetta L.?). Eidechsen waren trotz des intensiven Sonnenscheins nicht zu erblicken; dagegen ertönte lautes Froschgequak aus den Pfützen, und die Urheber desselben stellten sich bald als die von China bis zu den Philippinen verbreitete Rana vittigera Wiegm. heraus. Eben so waren die Landschnecken sparsam — ich sah nur wenige schlecht erhaltene Exemplare zweier Helixarten, die eine nächst verwandt der chinesischen H. ravida Bens., die andere der H. elegantissima Pfr. von den Liukiuinseln, — um so häufiger aber wiederum Süss- wasserconchylien, wie überall, wo Reisfelder sind, so eine Anodonta, die von den Einwohnern gegessen wird, eine grosse Paludina, ähnlich der Sinensis, ein mittelgrosser Limnaeus, unserem ovatus ähnlich, und eine kleine Stenothyra. Land-Amphipeden kommen auch hier vor. Der Strand wird theils durch feinen Sand, theils durch Stein — vorherrschend Granit — gebildet; an letzterem sitzen kleine dunkle moosähnliche Algen: Acrocarpus pusillus Kg. und Caula- canthus fastigiatus Kg., nebst gerippten Meereicheln; in einzelnen Vertiefungen dazwischen finden sich auch schon etwas längere rothe Algen, wie Grateloupia filiformis und Sphaerococcus confervoides, ferner die überall häufigen blatt- und fadenförmigen Ulvaceen (Phycoseris und Enteromorpha); zwischen diesen Algen traf ich kleine Amphipoden, Gammarus, zwischen den Steinen noch im Trockenen Ligia nicht selten. Der Sandboden zeigt zahlreiche cylindrische Löcher, über einen Zoll tief, und eben so zahlreiche kleine Krabben, welche bei Annäherung des Menschen rasch einem solchen Loche zueilen; dieselben sind hellgrau und grünlich marmorirt, so dass sie auf geringe Entfernung ein ähnlich punctirtes Ansehen bieten, wie der 11*

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/181>, abgerufen am 28.03.2024.