Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

wieder befreyet,
Bewegungen im Gehirn Eindrücke gemacht
werden, die an einander verknüpfft sind, und
die sie mit aus der Welt nimmt, oder daß sie
deren einen, und wenigstens den letzten mit auf
den Weg nimmt, Krafft dessen sie sich hernach
der andern erinnern kan; ob sie gleich in die-
sem Leben solche Krafft anders nicht, als durch
Bewegung gewisser materialischen Theile im
Gehirne ausgeübet hat.

§. 64.

Wenn wir etwas mit unsern Sinnen per-
cipi
ren sehen, hören, schmecken, fühlen, oder
auch wol mit unserm reinem Verstande, und
sogenanten Intellectu puro etwas verstehen
und percipiren, so fühlen wir dasselbe nicht
bloß seinem Wesen und Substanz nach, sondern,
wie unsere Seele denn auch eine Krafft zu ur-
theilen und zu schließen hat, wir fühlen auch
zugleich des gegenwärtigen Dinges Güte, oder
Bößheit; oder urtheilen zugleich, daß es etwas
Gutes, oder Böses sey; weil GOtt uns eben
unsere äußerliche und innerliche Sinnen gegeben,
das Böse zu erkennen, und dasselbe von dem Gu-
ten zu unterscheiden, und es zur Erhaltung un-
serer Glückseligkeit anzuwenden, zu welcher uns
GOtt erschaffen.

§. 65.

wieder befreyet,
Bewegungen im Gehirn Eindruͤcke gemacht
werden, die an einander verknuͤpfft ſind, und
die ſie mit aus der Welt nimmt, oder daß ſie
deren einen, und wenigſtens den letzten mit auf
den Weg nimmt, Krafft deſſen ſie ſich hernach
der andern erinnern kan; ob ſie gleich in die-
ſem Leben ſolche Krafft anders nicht, als durch
Bewegung gewiſſer materialiſchen Theile im
Gehirne ausgeuͤbet hat.

§. 64.

Wenn wir etwas mit unſern Sinnen per-
cipi
ren ſehen, hoͤren, ſchmecken, fuͤhlen, oder
auch wol mit unſerm reinem Verſtande, und
ſogenanten Intellectu puro etwas verſtehen
und percipiren, ſo fuͤhlen wir daſſelbe nicht
bloß ſeinem Weſen und Subſtanz nach, ſondern,
wie unſere Seele denn auch eine Krafft zu ur-
theilen und zu ſchließen hat, wir fuͤhlen auch
zugleich des gegenwaͤrtigen Dinges Guͤte, oder
Boͤßheit; oder urtheilen zugleich, daß es etwas
Gutes, oder Boͤſes ſey; weil GOtt uns eben
unſere aͤußerliche und innerliche Sinnen gegeben,
das Boͤſe zu erkennen, und daſſelbe von dem Gu-
ten zu unterſcheiden, und es zur Erhaltung un-
ſerer Gluͤckſeligkeit anzuwenden, zu welcher uns
GOtt erſchaffen.

§. 65.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0318" n="272"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wieder befreyet,</hi></fw><lb/>
Bewegungen im Gehirn Eindru&#x0364;cke gemacht<lb/>
werden, die an einander verknu&#x0364;pfft &#x017F;ind, und<lb/>
die &#x017F;ie mit aus der Welt nimmt, oder daß &#x017F;ie<lb/>
deren einen, und wenig&#x017F;tens den letzten mit auf<lb/>
den Weg nimmt, Krafft de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich hernach<lb/>
der andern erinnern kan; ob &#x017F;ie gleich in die-<lb/>
&#x017F;em Leben &#x017F;olche Krafft anders nicht, als durch<lb/>
Bewegung gewi&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">materiali</hi>&#x017F;chen Theile im<lb/>
Gehirne ausgeu&#x0364;bet hat.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 64.</head><lb/>
        <p>Wenn wir etwas mit un&#x017F;ern Sinnen <hi rendition="#aq">per-<lb/>
cipi</hi>ren &#x017F;ehen, ho&#x0364;ren, &#x017F;chmecken, fu&#x0364;hlen, oder<lb/>
auch wol mit un&#x017F;erm <hi rendition="#fr">reinem</hi> Ver&#x017F;tande, und<lb/>
&#x017F;ogenanten <hi rendition="#aq">Intellectu puro</hi> etwas <hi rendition="#fr">ver&#x017F;tehen</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">percipi</hi>ren, &#x017F;o fu&#x0364;hlen wir da&#x017F;&#x017F;elbe nicht<lb/>
bloß &#x017F;einem We&#x017F;en und <hi rendition="#aq">Sub&#x017F;tanz</hi> nach, &#x017F;ondern,<lb/>
wie un&#x017F;ere Seele denn auch eine Krafft zu ur-<lb/>
theilen und zu &#x017F;chließen hat, wir fu&#x0364;hlen auch<lb/>
zugleich des gegenwa&#x0364;rtigen Dinges Gu&#x0364;te, oder<lb/>
Bo&#x0364;ßheit; oder urtheilen zugleich, daß es etwas<lb/>
Gutes, oder Bo&#x0364;&#x017F;es &#x017F;ey; weil GOtt uns eben<lb/>
un&#x017F;ere a&#x0364;ußerliche und innerliche Sinnen gegeben,<lb/>
das Bo&#x0364;&#x017F;e zu erkennen, und da&#x017F;&#x017F;elbe von dem Gu-<lb/>
ten zu unter&#x017F;cheiden, und es zur Erhaltung un-<lb/>
&#x017F;erer Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit anzuwenden, zu welcher uns<lb/>
GOtt er&#x017F;chaffen.</p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch">§. 65.</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0318] wieder befreyet, Bewegungen im Gehirn Eindruͤcke gemacht werden, die an einander verknuͤpfft ſind, und die ſie mit aus der Welt nimmt, oder daß ſie deren einen, und wenigſtens den letzten mit auf den Weg nimmt, Krafft deſſen ſie ſich hernach der andern erinnern kan; ob ſie gleich in die- ſem Leben ſolche Krafft anders nicht, als durch Bewegung gewiſſer materialiſchen Theile im Gehirne ausgeuͤbet hat. §. 64. Wenn wir etwas mit unſern Sinnen per- cipiren ſehen, hoͤren, ſchmecken, fuͤhlen, oder auch wol mit unſerm reinem Verſtande, und ſogenanten Intellectu puro etwas verſtehen und percipiren, ſo fuͤhlen wir daſſelbe nicht bloß ſeinem Weſen und Subſtanz nach, ſondern, wie unſere Seele denn auch eine Krafft zu ur- theilen und zu ſchließen hat, wir fuͤhlen auch zugleich des gegenwaͤrtigen Dinges Guͤte, oder Boͤßheit; oder urtheilen zugleich, daß es etwas Gutes, oder Boͤſes ſey; weil GOtt uns eben unſere aͤußerliche und innerliche Sinnen gegeben, das Boͤſe zu erkennen, und daſſelbe von dem Gu- ten zu unterſcheiden, und es zur Erhaltung un- ſerer Gluͤckſeligkeit anzuwenden, zu welcher uns GOtt erſchaffen. §. 65.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/318
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/318>, abgerufen am 28.03.2024.