Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

und darauf in Breßlau geprediget,
Das beste hierbey war, daß ich doch endlich da-
zu gelangte, worzu ich doch gerne gelangen
wolte. Denn so bald die Verhörung ein
Ende hatte, so wurde mir die Freyheit gegeben,
in der Stadt zu predigen, wenn, und wo ich
wolte, welches auch bald nach dem Neuen Jahr
in dem reichen Hospital geschahe.

Anno 1707.
§. 90.

Um selbige Zeit, ehe ich aus Breßlau wie-
der abreisete, begegnete mir ein seltsamer Casus,
der zwar lächerlich vielen scheinen möchte, der
mich aber in solche Verwunderung gesetzt, und
zu so vielen weiterm Nachsinnen Gelegenheit
gegeben, daß ich mich gar nicht schäme, den-
selben hier zu erzehlen. Jch rauchte-einst des
Abends vor Tische, da ich aus der Kälte, so
mäßig war, wiederum nach Hause, und in
mein Quartier kommen war, eine Pfeiffe Ta-
bac. Jch hatte kaum etliche Züge gethan,
so fieng mich alles im Munde, Zahn-Fleisch,
Gaumen, Zunge, in Summa, so weit sich der
Rauch, den man in Mund ziehet, erstrecket,
auf eine ungewöhnliche, ja ich möchte bald sa-
gen, auf eine unbeschreibliche Weise an zu ti-
tilli
ren. Je länger ich rauchte, ie mehr
nahm diese angenehme und süße beißende Em-

pfin-

und darauf in Breßlau geprediget,
Das beſte hierbey war, daß ich doch endlich da-
zu gelangte, worzu ich doch gerne gelangen
wolte. Denn ſo bald die Verhoͤrung ein
Ende hatte, ſo wurde mir die Freyheit gegeben,
in der Stadt zu predigen, wenn, und wo ich
wolte, welches auch bald nach dem Neuen Jahr
in dem reichen Hoſpital geſchahe.

Anno 1707.
§. 90.

Um ſelbige Zeit, ehe ich aus Breßlau wie-
der abreiſete, begegnete mir ein ſeltſamer Caſus,
der zwar laͤcherlich vielen ſcheinen moͤchte, der
mich aber in ſolche Verwunderung geſetzt, und
zu ſo vielen weiterm Nachſinnen Gelegenheit
gegeben, daß ich mich gar nicht ſchaͤme, den-
ſelben hier zu erzehlen. Jch rauchte-einſt des
Abends vor Tiſche, da ich aus der Kaͤlte, ſo
maͤßig war, wiederum nach Hauſe, und in
mein Quartier kommen war, eine Pfeiffe Ta-
bac. Jch hatte kaum etliche Zuͤge gethan,
ſo fieng mich alles im Munde, Zahn-Fleiſch,
Gaumen, Zunge, in Summa, ſo weit ſich der
Rauch, den man in Mund ziehet, erſtrecket,
auf eine ungewoͤhnliche, ja ich moͤchte bald ſa-
gen, auf eine unbeſchreibliche Weiſe an zu ti-
tilli
ren. Je laͤnger ich rauchte, ie mehr
nahm dieſe angenehme und ſuͤße beißende Em-

pfin-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0473" n="427"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und darauf in Breßlau geprediget,</hi></fw><lb/>
Das be&#x017F;te hierbey war, daß ich doch endlich da-<lb/>
zu gelangte, worzu ich doch gerne gelangen<lb/>
wolte. Denn &#x017F;o bald die Verho&#x0364;rung ein<lb/>
Ende hatte, &#x017F;o wurde mir die Freyheit gegeben,<lb/>
in der Stadt zu predigen, wenn, und wo ich<lb/>
wolte, welches auch bald nach dem Neuen Jahr<lb/>
in dem reichen <hi rendition="#aq">Ho&#x017F;pital</hi> ge&#x017F;chahe.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1707.</hi><lb/>
§. 90.</hi> </head><lb/>
        <p>Um &#x017F;elbige Zeit, ehe ich aus Breßlau wie-<lb/>
der abrei&#x017F;ete, begegnete mir ein &#x017F;elt&#x017F;amer <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;us,</hi><lb/>
der zwar la&#x0364;cherlich vielen &#x017F;cheinen mo&#x0364;chte, der<lb/>
mich aber in &#x017F;olche Verwunderung ge&#x017F;etzt, und<lb/>
zu &#x017F;o vielen weiterm Nach&#x017F;innen Gelegenheit<lb/>
gegeben, daß ich mich gar nicht &#x017F;cha&#x0364;me, den-<lb/>
&#x017F;elben hier zu erzehlen. Jch rauchte-ein&#x017F;t des<lb/>
Abends vor Ti&#x017F;che, da ich aus der Ka&#x0364;lte, &#x017F;o<lb/>
ma&#x0364;ßig war, wiederum nach Hau&#x017F;e, und in<lb/>
mein Quartier kommen war, eine Pfeiffe Ta-<lb/>
bac. Jch hatte kaum etliche Zu&#x0364;ge gethan,<lb/>
&#x017F;o fieng mich alles im Munde, Zahn-Flei&#x017F;ch,<lb/>
Gaumen, Zunge, <hi rendition="#aq">in Summa,</hi> &#x017F;o weit &#x017F;ich der<lb/>
Rauch, den man in Mund ziehet, er&#x017F;trecket,<lb/>
auf eine ungewo&#x0364;hnliche, ja ich mo&#x0364;chte bald &#x017F;a-<lb/>
gen, auf eine unbe&#x017F;chreibliche Wei&#x017F;e an zu <hi rendition="#aq">ti-<lb/>
tilli</hi>ren. Je la&#x0364;nger ich rauchte, ie mehr<lb/>
nahm die&#x017F;e angenehme und &#x017F;u&#x0364;ße beißende Em-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">pfin-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[427/0473] und darauf in Breßlau geprediget, Das beſte hierbey war, daß ich doch endlich da- zu gelangte, worzu ich doch gerne gelangen wolte. Denn ſo bald die Verhoͤrung ein Ende hatte, ſo wurde mir die Freyheit gegeben, in der Stadt zu predigen, wenn, und wo ich wolte, welches auch bald nach dem Neuen Jahr in dem reichen Hoſpital geſchahe. Anno 1707. §. 90. Um ſelbige Zeit, ehe ich aus Breßlau wie- der abreiſete, begegnete mir ein ſeltſamer Caſus, der zwar laͤcherlich vielen ſcheinen moͤchte, der mich aber in ſolche Verwunderung geſetzt, und zu ſo vielen weiterm Nachſinnen Gelegenheit gegeben, daß ich mich gar nicht ſchaͤme, den- ſelben hier zu erzehlen. Jch rauchte-einſt des Abends vor Tiſche, da ich aus der Kaͤlte, ſo maͤßig war, wiederum nach Hauſe, und in mein Quartier kommen war, eine Pfeiffe Ta- bac. Jch hatte kaum etliche Zuͤge gethan, ſo fieng mich alles im Munde, Zahn-Fleiſch, Gaumen, Zunge, in Summa, ſo weit ſich der Rauch, den man in Mund ziehet, erſtrecket, auf eine ungewoͤhnliche, ja ich moͤchte bald ſa- gen, auf eine unbeſchreibliche Weiſe an zu ti- tilliren. Je laͤnger ich rauchte, ie mehr nahm dieſe angenehme und ſuͤße beißende Em- pfin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/473
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/473>, abgerufen am 28.03.2024.