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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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soll in Teschen Prediger werden,
GOtt, daß ich mich nicht dazu resolviret, was
mein Verderben und gewisser Tod würde gewe-
sen seyn. Denn in der grösten Angst, da ich
nicht wuste, ob ich fort, oder zurücke gehen solte,
erblickte ich auf der einem Seite eine Brand-
Stelle, wo ein klein Bauer-Häusgen mochte
gestanden haben. Jm Hofe lagen zwar glüende
Kohlen gehäufft, doch nicht in so großer Menge,
wie in andern Bauer-Höfen. Jch kunte über
die Brand-Stätte weg in grünen Garten sehen,
und der Weg durch den kurtzen Hof war gepfla-
stert. Hier war ich nun schon im Begriff von
der Gasse schnelle durch diesen Hof durchzusprin-
gen, um in den grünen Garten zu kommen; ich
würde aber unfehlbar vor Hitze umgefallen seyn,
sobald ich in Hof gekommen wäre. Denn die
Gasse des Dorffes ist sehr breit, und da vor
Hitze in der Mitte derselben kein Mensch bleiben
kunte, so muste dieselbe unstreitig viel größer in
den Häusern selbst, und bey den Brand-Stel-
len seyn.

Anno 1707.
§. 95.

Bey drey Jahren her hatte ich bald hier bald
da Hoffnung gehabt befördert zu werden. Anno
1704. that ich, wie oben gemeldet, eine Gast-
Predigt in Crossen. Anno 1705. solte ich nicht

weit

ſoll in Teſchen Prediger werden,
GOtt, daß ich mich nicht dazu reſolviret, was
mein Verderben und gewiſſer Tod wuͤrde gewe-
ſen ſeyn. Denn in der groͤſten Angſt, da ich
nicht wuſte, ob ich fort, oder zuruͤcke gehen ſolte,
erblickte ich auf der einem Seite eine Brand-
Stelle, wo ein klein Bauer-Haͤusgen mochte
geſtanden haben. Jm Hofe lagen zwar gluͤende
Kohlen gehaͤufft, doch nicht in ſo großer Menge,
wie in andern Bauer-Hoͤfen. Jch kunte uͤber
die Brand-Staͤtte weg in gruͤnen Garten ſehen,
und der Weg durch den kurtzen Hof war gepfla-
ſtert. Hier war ich nun ſchon im Begriff von
der Gaſſe ſchnelle durch dieſen Hof durchzuſprin-
gen, um in den gruͤnen Garten zu kommen; ich
wuͤrde aber unfehlbar vor Hitze umgefallen ſeyn,
ſobald ich in Hof gekommen waͤre. Denn die
Gaſſe des Dorffes iſt ſehr breit, und da vor
Hitze in der Mitte derſelben kein Menſch bleiben
kunte, ſo muſte dieſelbe unſtreitig viel groͤßer in
den Haͤuſern ſelbſt, und bey den Brand-Stel-
len ſeyn.

Anno 1707.
§. 95.

Bey drey Jahren her hatte ich bald hier bald
da Hoffnung gehabt befoͤrdert zu werden. Anno
1704. that ich, wie oben gemeldet, eine Gaſt-
Predigt in Croſſen. Anno 1705. ſolte ich nicht

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[442/0488] ſoll in Teſchen Prediger werden, GOtt, daß ich mich nicht dazu reſolviret, was mein Verderben und gewiſſer Tod wuͤrde gewe- ſen ſeyn. Denn in der groͤſten Angſt, da ich nicht wuſte, ob ich fort, oder zuruͤcke gehen ſolte, erblickte ich auf der einem Seite eine Brand- Stelle, wo ein klein Bauer-Haͤusgen mochte geſtanden haben. Jm Hofe lagen zwar gluͤende Kohlen gehaͤufft, doch nicht in ſo großer Menge, wie in andern Bauer-Hoͤfen. Jch kunte uͤber die Brand-Staͤtte weg in gruͤnen Garten ſehen, und der Weg durch den kurtzen Hof war gepfla- ſtert. Hier war ich nun ſchon im Begriff von der Gaſſe ſchnelle durch dieſen Hof durchzuſprin- gen, um in den gruͤnen Garten zu kommen; ich wuͤrde aber unfehlbar vor Hitze umgefallen ſeyn, ſobald ich in Hof gekommen waͤre. Denn die Gaſſe des Dorffes iſt ſehr breit, und da vor Hitze in der Mitte derſelben kein Menſch bleiben kunte, ſo muſte dieſelbe unſtreitig viel groͤßer in den Haͤuſern ſelbſt, und bey den Brand-Stel- len ſeyn. Anno 1707. §. 95. Bey drey Jahren her hatte ich bald hier bald da Hoffnung gehabt befoͤrdert zu werden. Anno 1704. that ich, wie oben gemeldet, eine Gaſt- Predigt in Croſſen. Anno 1705. ſolte ich nicht weit

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/488>, abgerufen am 20.04.2024.