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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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geräth aber doch darüber
zufällige Dinge hätte vorher sehen, und meinen
zukünfftigen Applausum, den er sich lange so
groß nicht, als er hernach in der That war,
mochte eingebildet haben, vorher wissen sollen.
Denn da er hernach Pastor Substitutus in der
Thomas-Kirchen war, und statt des großen
Zulauffs, den er in der Niclas-Kirchen als
Freytags-Prediger gehabt, seine Kirche des
Sonntags leer war, und die Vornehmen der
Stadt samt den gemeinen Leuten Hauffen-weise
zu mir in die Magnaten-Kirche, wie man da-
zumahl die Peters-Kirche nannte, kamen, so
wuste er sich kaum vor Unwillen zu laßen.
Jch kan ja auch predigen, sagte er einst in der
Sacristey mit grober Stimme, wie mir es der
Küster nachmahls erzehlet, sind dann die Leute
gantz bezaubert, was prediget der Kerl denn,
daß ihm alles zuläufft?

Anno 1711.
§. 113.

Bey dem allen so gerieth ich dazumahl in
schrecklichen Streit mit mir selber, so daß ich
zwey bis drey Tage den Schlüssel der Resolu-
tion
nicht finden, und auch vor Sorge, und
vor den wider einander lauffenden, und streiten-
den Gedancken nicht schlafen konte; indem ich
nicht wuste, ob ich das Rectorat annehmen,

oder

geraͤth aber doch daruͤber
zufaͤllige Dinge haͤtte vorher ſehen, und meinen
zukuͤnfftigen Applauſum, den er ſich lange ſo
groß nicht, als er hernach in der That war,
mochte eingebildet haben, vorher wiſſen ſollen.
Denn da er hernach Paſtor Subſtitutus in der
Thomas-Kirchen war, und ſtatt des großen
Zulauffs, den er in der Niclas-Kirchen als
Freytags-Prediger gehabt, ſeine Kirche des
Sonntags leer war, und die Vornehmen der
Stadt ſamt den gemeinen Leuten Hauffen-weiſe
zu mir in die Magnaten-Kirche, wie man da-
zumahl die Peters-Kirche nannte, kamen, ſo
wuſte er ſich kaum vor Unwillen zu laßen.
Jch kan ja auch predigen, ſagte er einſt in der
Sacriſtey mit grober Stimme, wie mir es der
Kuͤſter nachmahls erzehlet, ſind dann die Leute
gantz bezaubert, was prediget der Kerl denn,
daß ihm alles zulaͤufft?

Anno 1711.
§. 113.

Bey dem allen ſo gerieth ich dazumahl in
ſchrecklichen Streit mit mir ſelber, ſo daß ich
zwey bis drey Tage den Schluͤſſel der Reſolu-
tion
nicht finden, und auch vor Sorge, und
vor den wider einander lauffenden, und ſtreiten-
den Gedancken nicht ſchlafen konte; indem ich
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[504/0550] geraͤth aber doch daruͤber zufaͤllige Dinge haͤtte vorher ſehen, und meinen zukuͤnfftigen Applauſum, den er ſich lange ſo groß nicht, als er hernach in der That war, mochte eingebildet haben, vorher wiſſen ſollen. Denn da er hernach Paſtor Subſtitutus in der Thomas-Kirchen war, und ſtatt des großen Zulauffs, den er in der Niclas-Kirchen als Freytags-Prediger gehabt, ſeine Kirche des Sonntags leer war, und die Vornehmen der Stadt ſamt den gemeinen Leuten Hauffen-weiſe zu mir in die Magnaten-Kirche, wie man da- zumahl die Peters-Kirche nannte, kamen, ſo wuſte er ſich kaum vor Unwillen zu laßen. Jch kan ja auch predigen, ſagte er einſt in der Sacriſtey mit grober Stimme, wie mir es der Kuͤſter nachmahls erzehlet, ſind dann die Leute gantz bezaubert, was prediget der Kerl denn, daß ihm alles zulaͤufft? Anno 1711. §. 113. Bey dem allen ſo gerieth ich dazumahl in ſchrecklichen Streit mit mir ſelber, ſo daß ich zwey bis drey Tage den Schluͤſſel der Reſolu- tion nicht finden, und auch vor Sorge, und vor den wider einander lauffenden, und ſtreiten- den Gedancken nicht ſchlafen konte; indem ich nicht wuſte, ob ich das Rectorat annehmen, oder

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/550>, abgerufen am 23.04.2024.