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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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und endlich eines
das Thor hätte mitgehen sollen. Ein ander-
mahl gieng ich in die Beth-Stunde in die
Niclas-Kirche Nachmittage. Unter der Stunde
hatte sich so viel bey mir gesammlet, daß ich
nicht wuste, wie ich nach Hause kommen solte,
und muste im Heimwege auf dem alten Neu-
marckt in Mangolts Hinter-Hause in den Hof
gehen, und das Wasser abschlagen, so wenig auch
dessen vorhanden war. Jch steckte Gläser zu
mir bey solchen Fällen, in welche ich mich im
Fall der Noth zu evacuiren suchte; ja ich fieng
mir an einen Schwamm um den Unter-Leib zu
binden, damit ich nur der Furcht vor der Prosti-
tution
wehren, und steuren möchte.

Anno 1717.
§. 137.

Doch das war nur Schertz und Spiel ge-
gen die grausamen Anfälle des Satans, und des
Fleisches, welche gleich darauf folgeten. Weil
ich wegen solcher Bekümmerniß in feurige Hitze
des Hauptes gerieth, und keinen Schlaf in
meine Augen bringen konte, so wurde der Kopff
höchst schwach. Zu dem schwachen Haupte
schlugen alle Zufälle zu, welche ich Anno 1704.
um eben diese Zeit gehabt hatte, und von denen
ich geglaubet, daß sie niemahls wieder kommen
würden. Das heist, bey großer Hitze des

Hauptes
R r 2

und endlich eines
das Thor haͤtte mitgehen ſollen. Ein ander-
mahl gieng ich in die Beth-Stunde in die
Niclas-Kirche Nachmittage. Unter der Stunde
hatte ſich ſo viel bey mir geſammlet, daß ich
nicht wuſte, wie ich nach Hauſe kommen ſolte,
und muſte im Heimwege auf dem alten Neu-
marckt in Mangolts Hinter-Hauſe in den Hof
gehen, und das Waſſer abſchlagen, ſo wenig auch
deſſen vorhanden war. Jch ſteckte Glaͤſer zu
mir bey ſolchen Faͤllen, in welche ich mich im
Fall der Noth zu evacuiren ſuchte; ja ich fieng
mir an einen Schwamm um den Unter-Leib zu
binden, damit ich nur der Furcht vor der Proſti-
tution
wehren, und ſteuren moͤchte.

Anno 1717.
§. 137.

Doch das war nur Schertz und Spiel ge-
gen die grauſamen Anfaͤlle des Satans, und des
Fleiſches, welche gleich darauf folgeten. Weil
ich wegen ſolcher Bekuͤmmerniß in feurige Hitze
des Hauptes gerieth, und keinen Schlaf in
meine Augen bringen konte, ſo wurde der Kopff
hoͤchſt ſchwach. Zu dem ſchwachen Haupte
ſchlugen alle Zufaͤlle zu, welche ich Anno 1704.
um eben dieſe Zeit gehabt hatte, und von denen
ich geglaubet, daß ſie niemahls wieder kommen
wuͤrden. Das heiſt, bey großer Hitze des

Hauptes
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[627/0673] und endlich eines das Thor haͤtte mitgehen ſollen. Ein ander- mahl gieng ich in die Beth-Stunde in die Niclas-Kirche Nachmittage. Unter der Stunde hatte ſich ſo viel bey mir geſammlet, daß ich nicht wuſte, wie ich nach Hauſe kommen ſolte, und muſte im Heimwege auf dem alten Neu- marckt in Mangolts Hinter-Hauſe in den Hof gehen, und das Waſſer abſchlagen, ſo wenig auch deſſen vorhanden war. Jch ſteckte Glaͤſer zu mir bey ſolchen Faͤllen, in welche ich mich im Fall der Noth zu evacuiren ſuchte; ja ich fieng mir an einen Schwamm um den Unter-Leib zu binden, damit ich nur der Furcht vor der Proſti- tution wehren, und ſteuren moͤchte. Anno 1717. §. 137. Doch das war nur Schertz und Spiel ge- gen die grauſamen Anfaͤlle des Satans, und des Fleiſches, welche gleich darauf folgeten. Weil ich wegen ſolcher Bekuͤmmerniß in feurige Hitze des Hauptes gerieth, und keinen Schlaf in meine Augen bringen konte, ſo wurde der Kopff hoͤchſt ſchwach. Zu dem ſchwachen Haupte ſchlugen alle Zufaͤlle zu, welche ich Anno 1704. um eben dieſe Zeit gehabt hatte, und von denen ich geglaubet, daß ſie niemahls wieder kommen wuͤrden. Das heiſt, bey großer Hitze des Hauptes R r 2

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/673>, abgerufen am 25.04.2024.